Gasthof und Bäckerei Veicht in Freyung um 1915
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Umbauen statt abreißen: Warum Freyung seine alten Häuser behält

Umbauen statt abreißen: Warum Freyung seine alten Häuser behält

In vielen Orten sind in der Vergangenheit baufällige alte Gebäude modernen Bauten gewichen. Damit verschwand jedes Mal aber auch ein Stück Geschichte. Die Stadt Freyung zeigt aber, dass es anders geht. Hier gibt es eine "Umbau-Kultur".

Über dieses Thema berichtet: regionalZeit - Südbayern am .

Sprossenfenster, bonbonfarbene Hausfassaden, Giebel und Gauben: Beim Spaziergang durch Freyung fällt auf, dass viele historische Häuser am und rund um den Stadtplatz renoviert sind. Sanieren statt abreißen - seit gut zehn Jahren gibt es in der Bayerwald-Stadt ein Umdenken. Doch zuerst musste es erst einmal optisch bergab gehen.

Mehr als 30 Häuser in Freyung saniert

Freyungs Bürgermeister Olaf Heinrich (CSU) erzählt: "Wir hatten die Entwicklung, dass über viele Jahre das Ortsbild Schritt für Schritt weniger attraktiv wurde. 2010 hat es dann den Turnaround gegeben." Seitdem wurden in Freyung mehr 30 Häuser saniert.

"Wenn man sieht, was man aus einem alten Haus machen kann, sorgt ein gutes Beispiel für Nachahmer. Und das ist in Freyung der Fall." Olaf Heinrich, Bürgermeister in Freyung

Veicht-Haus gibt Impuls

Den zitierten "Turnaround" brachte das sogenannte Veicht-Haus. Ein Wirtshaus am Stadtplatz, direkt neben der Kirche. Ein Foto aus dem Jahr 1915 zeigt schon damals regen Betrieb vor der Gaststube. Doch jahrzehntelang wurde das Haus vernachlässigt - bis die Architekten Werner Pauli und Christian Lankl entschieden, in das erste Haus am Platz zu investieren.

Die Begeisterung der Bevölkerung hielt sich damals in Grenzen, erinnert sich Pauli: "Das Hauptargument war: Das Gebäude engt den Verkehr ein, es soll weg. Für uns war aber klar, dass der Veicht an dieser Stelle bleiben muss, weil es sonst nicht mehr der Veicht wäre."

Die Architekten setzten sich durch. Sie erhielten die Fassade, durchbrachen sie aber mit Glaselementen, so dass aus dem dunklen Wirtshaus ein lichtdurchflutetes Café wurde. 2,6 Millionen Euro steckten sie in das Haus und zogen selbst ins Obergeschoss ein.

Stadt verkauft nur an jemanden, der saniert

Fünf Jahre später lesen die Architekten in der Zeitung, dass die Stadt das sogenannte Ortingerhaus verkauft - auch ein Traditionswirtshaus, am ehemaligen Saumarkt der Stadt. Das Gebäude ist in einem schlechten Zustand, Teile von Dach und Mauerwerk kommen schon herunter. Auch hier wünschten sich viele Bürger den Abriss. Doch die Stadt hat eine klare Haltung: "Wir haben zwei bis drei Prozent historische Häuser in unseren Städten und Gemeinden. Wenn die verloren gehen, dann hat man einen gesichtslosen Ort. Uns war klar, dass wir es nur an jemanden verkaufen, der es saniert", erinnert sich Bürgermeister Olaf Heinrich. Architekt Christian Lankl schlägt zu.

Schindeldach wie anno 1800

Das Schmuckstück bei diesem Gebäude ist der fast 250 Jahre alte Dachstuhl. Doch allein dessen Renovierung kostet eine halbe Million Euro. Für den Investor ist das nicht machbar. Also fädelt die Stadt einen Deal ein: Sie übernimmt die Renovierung des Dachs, bekommt eine Förderung von der Regierung von Niederbayern, und darf im Gegenzug das Dachgeschoss 25 Jahre lang nutzen - als Kunstgalerie. Jeder Holzbalken wird originalgetreu nachgebaut. Selbst das Schindeldach wird so gemacht wie anno 1800.

Miró-Ausstellung unter dem Mansardendach

Das Ortingerhaus wird zum mintgrünen Europahaus, in das ein Regionalladen und ein Infozentrum zum Dreiländereck einziehen. In der Galerie läuft derzeit die dritte Ausstellung - aktuell mit Zeichnungen von Joan Miró. Galerie-Chef Heinz Lang erzählt, dass 50 Künstler darum bitten, hier ausstellen zu dürfen. Mit dem Europahaus gewinnt also nicht nur das Ortsbild von Freyung.

"Die Abreißerei muss ein Ende haben"

Bürgermeister Heinrich setzt sich auch in seiner Funktion als Vorsitzender des Bayerischen Landesvereins für Heimatpflege für den Erhalt und Umbau von bestehenden Gebäuden ein. Zusammen mit Vertretern des Bund Deutscher Architekten (BDA) erst kürzlich bei einem Termin in München deutlich. Unter dem Titel "Die Abreißerei muss ein Ende haben" machten sich die Teilnehmer für ein klimafreundliches Bauen und die Weiternutzung von Bestandsgebäuden stark.

"Ich glaube, es ist oft so: Wenn ein Gebäude in die Jahre gekommen ist, dann kann sich die Bevölkerung schwer vorstellen, was darin für ein Potential steckt", so Heinrich anschließend zum BR. Wenn man diese Gebäude mit ihre Historie und ihrer Verbindung in die Geschichte einzelner Menschen wieder mit neuem Leben fülle, dann seien sie ganz entscheidend für die regionale Identität.

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