An der Unfallklinik der Berufsgenossenschaft in Murnau hat am Donnerstagnachmittag ein verdächtiges weißes Pulver für einen Großeinsatz gesorgt. Ein Mann kam ums Leben, mehrere Personen wurden verletzt.
Wie die Polizei am Abend mitteilte, handelte es sich bei dem weißen Pulver um Natriumazid. Die Substanz könne bei Einnahme "schon bei geringen Mengen zum Tode führen", sagte der ärztliche Direktor der Klinik, Fabian Stuby.
Laut Polizeiangaben betrat der 47-jährige Mann mit einem Fläschchen Natriumazid zunächst die Pflegeschule im nahegelegenen Penzberg. Es habe sich bei ihm um einen Schüler der Berufsschule gehandelt. Er soll das Pulver eingenommen haben – wenig später sackte er zusammen. Mehrere weitere Menschen kamen mit dem Pulver in Kontakt und mussten in Quarantäne.
Mann stirbt – Schulklasse klagt über Beschwerden
Unter Reanimationsmaßnahmen kam der Mann in die Unfallklinik nach Murnau. Dort starb er kurz darauf in der Notaufnahme. Da der Mann mit dem Pulver kontaminiert war und in Penzberg dasselbe Pulver festgestellt wurde, kam es zum Großeinsatz. Spezialkräfte der Feuerwehr und Polizei rückten an. Die Münchner Berufsfeuerwehr war mit einem mobilen Speziallabor vor Ort, um die zunächst unbekannte Substanz zu untersuchen.
Laut Polizei klagten einige in der Klasse der Berufs-Pflegeschule über Kopfschmerzen, Herzrasen und Atemwegsprobleme. Sie wurden medizinisch und von einem Kriseninterventionsteam betreut. Zwei Menschen seien mit leichten Symptomen ins Krankenhaus gekommen.
Keine Gefahr für Patienten in der Unfallklinik
Auch alle Pflegekräfte sowie Ärztinnen und Ärzte, die mit dem Mann in Kontakt kamen, wurden zunächst isoliert. Sie zeigten keine auffälligen Symptome, wie Kliniksprecherin Carola Krumbacher dem BR sagte. Trotz des Einsatzes sei die Unfallklinik weiterhin in der Lage gewesen, Notfälle aufzunehmen. Zu keiner Zeit bestand laut Sprecherin eine Gefahr für die Patientinnen und Patienten. Der Schockraum in der Klinik, in dem der Mann behandelt wurde, konnte noch in der Nacht dekontaminiert werden. Nach der Prüfung durch das Gesundheitsamt Garmisch-Partenkirchen gibt es heute keine Einschränkungen mehr in der Unfallklinik.
Herkunft des Giftes unklar
Die Polizei geht davon aus, dass der Mann "den Ort genutzt hat, um seinem Leben ein Ende zu setzen", sagte Einsatzleiter Andreas Nieß bei einer Pressekonferenz am Abend in Murnau. "Grundsätzlich ist das ein Ereignis, wo wir sehr vorsichtig damit umgehen, dass die Bevölkerung nicht beunruhigt ist. So sensibel, wie das ist, und wie wichtig uns auch die Persönlichkeitsrechte sind; allerdings möchten wir hier in der Region keine Verunsicherung der Menschen, dass sie ganz sorglos in das Klinikum kommen können, und dass hier keine Probleme entstehen." Woher der 47-Jährige das Gift hatte, ist unklar. Die Ermittlungen der Kriminalpolizei dauern an. Natriumazid sei "nichts, was man in der Apotheke kaufen kann", so ein Sprecher des Gesundheitsamtes.
Der Bayerische Rundfunk berichtet - vor allem wegen möglicher Nachahmer-Effekte - in der Regel nicht über Suizide oder Suizidversuche, außer die zuständige Redaktion sieht es durch die Umstände der Tat geboten. Sollten Sie selbst Hilfe benötigen, kontaktieren Sie bitte umgehend die Telefonseelsorge. Beratung erhalten Sie unter der kostenlosen Rufnummer 0800-1110111 oder 0800-1110222.
Weitere Hilfsangebote gibt es bei der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention.
Im Video: Tödliches Gift - Großeinsatz in Murnau
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht's zur Anmeldung!