Ein Superhirn braucht man dafür nicht, gibt sich Christian Schäfer bescheiden. Lediglich eine gute Strategie. Und über die verfügt der 31-jährige Gymnasiallehrer ganz offensichtlich: Egal ob Zahlenreihen oder eine Abfolge von Bildern – Schäfer schaut sie sich nur wenige Minuten an und kann sie anschließend aus dem Gedächtnis wiedergeben. Jetzt befindet sich Schäfer im Endspurt zur Gedächtnis-Weltmeisterschaft.
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Merk-Technik – keine Hexerei
Seinen persönlichen Rekord hat er während einer Deutschen Meisterschaft aufgestellt: In der Disziplin Zahlenmarathon konnte er sich 2.400 Ziffern in der richtigen Reihenfolge merken und fehlerfrei vortragen.
Dazu gehören natürlich schon eine gewisse Begabung und ein bisschen Training, gibt Schäfer zu. Vor Wettbewerben wie jetzt für die WM in Schweden, sitze er schon regelmäßig am Computer um zufällige Zahlenabfolgen zu rekapitulieren. Einfach, um in Übung zu bleiben, sagt er. Doch das Grundprinzip sei keine Hexerei, sondern Technik, die jeder und jede erlernen könne.
Gedächtnissport kann jeder lernen
Dazu brauche man vor allem eine blühende Phantasie, sagt Christian Schäfer. Darin werden aus Zahlen zum Beispiel Bilder, die er dann entlang eines gedachten Weges ablegt. Wenn er später in Gedanken diesen Weg erneut geht, "findet" er dort die Zahlen wieder und spricht sie aus.
Dass dieser Gedächtnissport richtig Spaß machen kann, erfährt der Mathelehrer immer wieder. An der Fach- und Berufsoberschule in Schweinfurt erklärt er manchmal jungen Erwachsenen seine Methode. Wie merkt man sich etwa die zehn größten Städte Bayerns in der richtigen Reihenfolge? Christian Schäfers Trick: Jedem Städtenamen ordnet er einen Körperteil zu. Es beginnt mit den Füßen. Die stehen in seiner Phantasie in Maßkrügen voller Bier. Bier gibt es auf dem Oktoberfest. Und das ist in München. München ist die größte Stadt Bayerns.
Kopf-Kino hilft dem Gedächtnis auf die Sprünge
Was umständlich klingt, lässt sich später trotzdem in Bruchteilen einer Sekunde wieder wachrufen. Es scheint paradox – doch die Städtenamen lernen sich so besser. Die Verknüpfung mit einem Körperteil sorgt später für die richtige Reihenfolge. Und je absurder die Geschichte, desto leichter bleibt sie im Gedächtnis, sagt Schäfer. Merk-würdig eben, im besten Wortsinn.
Die zehntgrößte Stadt Bayerns findet sich nach Schäfers Logik dann übrigens auf dem Kopf wieder. Dort merkt er sich einen Hut, der aus Landkarten gefaltet wurde: Landshut. Die Schülerinnen und Schüler machen nach anfänglicher Skepsis das Spiel gerne mit und stellen schon nach kurzer Zeit verblüfft fest, dass sie mit dem Um-die-Ecke-Denken locker zum Ziel gekommen sind.
WM-Teilnahme erfordert diesmal keine Weltreise
Das erhofft sich auch Christian Schäfer für die bevorstehende Weltmeisterschaft in Schweden. Von 22. bis 24. November stellt er sich dort mit 43 anderen Gedächtnissportlern aus aller Welt dem Wettrennen der kleinen grauen Zellen. Geht es nach seiner Platzierung auf der Weltrangliste, so würde Schäfer praktisch jedes Jahr zur WM fahren. Leider findet sie aber oft am anderen Ende der Welt statt, etwa in Asien, wo es überdurchschnittlich viele Denksportler gibt. Das ließe sich mit dem Schulalltag kaum vereinbaren und würde auch finanziell den Rahmen sprengen. Deshalb freut sich Schäfer darüber, dass die WM diesmal in relativer Nähe stattfindet.
Daumendrücken für den Mathelehrer
An der Fach- und Berufsoberschule in Schweinfurt werden sie ihrem Lehrer sicher die Daumen drücken. Zuvor haben ihm seine Schüler noch eine kleine Übungsaufgabe gestellt. Christian Schäfer sollte 30 Memory-Karten ihre zufällig gezogenen Zwillinge zuordnen. Nach nur zwei Minuten Bedenkzeit läuft Schäfer virtuell durchs Schulhaus, wo er die Bilder im Geiste abgelegt hat. 30 Spielzüge später ist die Reise beendet. Und er verfolgt gespannt, was die junge Jury offenlegt. Das Ergebnis: Volle Punktzahl für den Gedächtnis-Champion.
Zum Nachhören: Schulbesuch beim Gedächtnis-Champion Schäfer
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