Wenn Kriminalkommissar Lambert aus Neu-Ulm morgens sein Büro betritt, seinen Kollegen begrüßt und sich dann an seinen Rechner setzt, kann es sein, dass er die nächsten zwei Stunden damit verbringen muss, Bilder anzusehen, die es eigentlich gar nicht geben sollte: "Es geht bei uns meistens um Sexualdelikte, insbesondere um Kinderpornografie. Und da haben wir auch die Aufgabe, solche Bilder und Videos auszuwerten, bei denen man auch erkennen kann, dass Kleinkinder sexuell missbraucht werden", sagt Lambert.
Belastung für die Beamten
Er ist seit Februar bei der Kriminalpolizei – wirklich vorbereiten kann man sich auf solche Bilder nicht, erzählt er uns. Er selbst hat noch keine Kinder, vielleicht hilft ihm das bei der Arbeit. Außerdem sagt er, dass es für ihn und seine Kolleginnen und Kollegen wichtig sei, miteinander über die belastende Arbeit zu sprechen. Es käme auch vor, dass es jemand einfach nicht mehr schaffe – dann müssen andere den Fall übernehmen.
Ermittlungen wegen sexualisierter Gewalt
Es gehört aber nicht nur zu den Aufgaben von Lambert und seinen Kollegen, sichergestellte Fotos und Videos anzuschauen. Sie sind von Anfang an bei den Ermittlungen wegen sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche dabei. Zum Beispiel, wenn die Polizei bei mutmaßlichen Tätern vor der Tür steht, um Smartphones oder Computer mitzunehmen. Neben den Ermittlungen am Computer führen sie auch Vernehmungen durch – Routine für die Polizei.
Anzahl der Delikte nimmt zu
Egal ob ehemaliger Richter oder Ex-Nationalspieler: Der geflügelte Ausdruck, dass sich Täter in allen Schichten der Gesellschaft finden lassen, stimmt, bestätigt uns die Kriminalpolizei. Die Anzahl der Delikte im Bereich der Kinderpornografie "explodiert", hören wir von der Pressestelle des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West. Lamberts Vorgesetzter, Kriminalhauptkommissar Roland Maier, nennt einen der Gründe: mehr medientaugliche Geräte. Denn was viele nicht wissen: In großen Chatgruppen, etwa über Messenger-Dienste wie WhatsApp, kann man sich auch als scheinbar Unbescholtener strafbar machen.
Verbreitung über Chatgruppen
Wenn in einer Chatgruppe, die auch aus Tausenden Teilnehmern bestehen kann, auch nur eine Person ein kinderpornografisches Foto oder Video teilt, steht zunächst jeder in dieser Gruppe im Verdacht, sich des Besitzes strafbar gemacht zu haben. Davor, so Maier, könne man sich aber schützen: "Sie empfangen so eine Datei, Sie erhalten Kenntnis davon. Dann schreiben Sie in die Gruppe, dass dieses Einstellen dieses Bildes, dieses Films, dieser Datei eine Straftat darstellt. Schreiben Sie auch, dass sie das zur Anzeige bringen werden bei der Polizei", erklärt Maier eindringlich. Noch wichtiger: Danach tatsächlich auch zur Polizei gehen, Anzeige erstatten und das Bild löschen – selbst wenn es sich um Beweismaterial handeln könnte.
Polizei leistet Präventionsarbeit
Tatsächlich, so Maier, wird kinder- und jugendpornografisches Material auch unter Minderjährigen selbst geteilt – nicht immer steckt eine böse Absicht dahinter. Deshalb leistet die Polizei auch Präventionsarbeit an Schulen. Eigens dafür geschulte Beamte informieren Eltern und Schüler im verantwortungsvollen Umgang mit Handy und Co.
Was die Beamten motiviert
Zurück im Büro von Kriminalkommissar Lambert wollen wir wissen, was ihm bei seiner Arbeit Spaß macht – auch wenn diese Frage angesichts dessen, was er auf seinem Bildschirm immer wieder sehen muss, fast falsch klingt. Doch Lambert findet schnell eine Antwort: "Einen Beschuldigten zu ermitteln und vor Gericht zu stellen. Das ist mein Antrieb, dass man dafür Sorge trägt, dass solche Sachen nicht mehr passieren."
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