Die beiden im Nationalpark Berchtesgaden ausgewilderten Bartgeier "Wally" und "Bavaria" bekommen Anfang Juni Verstärkung. Für das Artenschutzprojekt wurden dem Nationalpark erneut zwei Jungvögel aus einem Zuchtzentrum in Andalusien zugewiesen. Dort sind in diesem Jahr insgesamt sieben Bartgeier-Küken geschlüpft, der Neuzugang nach Berchtesgaden ist am 6. bzw. 9. März geschlüpft.
Das Geschlecht der beiden Bartgeier ist noch nicht bekannt und wird erst in einigen Wochen nach einer Genprobe feststehen. Die Verwandtschaftsverhältnisse sind dagegen klar: Es handelt sich um einen Bruder oder eine Schwester von "Wally" und einen Cousin oder eine Cousine von "Bavaria".
Bartgeier-Jungvögel kommen zunächst nach Nürnberg
Bevor sie ihr neues Quartier im Nationalpark beziehen, sollen die beiden noch namenlosen Jungvögel Anfang Juni wieder im Tiergarten Nürnberg untergebracht werden. Das heißt, ganz namenlos sind die beiden nicht: Sie sind derzeit noch nach ihren Zuchtnummern BG1145 und BG1147 benannt. BG1145 schlüpfte am 6. März, BG1147 drei Tage später. Es ist das Küken der Bartgeier Elías und Viola und damit ein Geschwister von Wally. Über die Namensvergabe und eine mögliche Beteiligung der Öffentlichkeit werde in den nächsten Wochen informiert, hieß es.
Keine Angst vor Schwester und Cousine
Von "Wally" und "Bavaria" haben die beiden Neuzugänge aus langjährigen Verhaltensstudien nichts zu befürchten: "Bartgeier werden erst ruppig, wenn sie in einem Revier sesshaft werden", so Nationalparkdirektor Roland Baier. Die beiden Neuen werden im Nationalpark in derselben Nische wohnen wie zuvor Wally und Bavaria, die im vergangenen Jahr dort ausgezogen sind. Insgesamt leben im Alpenraum um die 340 wilde Bartgeier, in Gehegen sind es in Europa etwa 180.
Lernt Stubenhockerin Wally einen "Zuagroasten" kennen?
Wally und Bavaria werden frühestens in zwei, eher wohl in fünf Jahren Nachwuchs zeugen. Sie werden irgendwo im Alpenraum auf ihren Erkundungsflügen einen Partner suchen - oder sie werden von einem Männchen gefunden. Wally, die ein wenig als Stubenhockerin gilt und wenig unterwegs war, könnte laut LBV-Experte Toni Wegscheider etwa einen von auswärts durchziehenden Bartgeier kennenlernen.
Bavaria wiederum ist nach Monaten gerade zurückgekehrt, sie hatte den Winter in der Steiermark verbracht. Fans beobachten seit einem Jahr auf der LBV-Seite die Ausflüge der Tiere - und warten nun gespannt auf ein Treffen der beiden. Vielleicht könne man Wally und Bavaria bald einmal im gemeinsamen Formationsflug erleben, schrieb jemand.
Babynahrung: Tote Ziegen
Zeitweise sah es so aus, als ob die neuen Bartgeier für den Nationalpark Berchtesgaden Franken sein könnten. Im Nürnberger Tierpark hatte ein Bartgeierpaar zu brüten begonnen - doch nun wurde bekannt: Die Küken waren noch vor der Schlüpfzeit aus den Eiern tot.
In Andalusien hingegen haben sieben Küken überlebt. "Wir freuen uns darüber, dass uns nach Wally und Bavaria nun erneut zwei junge Bartgeier aus dem spanischen Zuchtzentrum Guadelentín in Andalusien zugewiesen wurden", sagte Nationalparkdirektor Roland Baier.
Die jungen Bartgeier sind dort auf 1.300 Meter Höhe bei ihren Eltern in großen Volieren. Sie bekommen laut Wegscheider noch "Babynahrung": frisches Fleisch, etwa von Schaf, Ziege – oder überfahrenen Tieren. Erst mit etwa einem halben Jahr fressen sie fast nur noch Knochen.
Bartgeierbestand von Berlin bis Novosibirsk
Bis 2030 sollen bei dem gemeinsamen Projekt des Nationalparks Berchtesgaden und des Landesbundes für Vogelschutz (LBV) jedes Jahr zwei bis drei Küken ausgewildert werden. Ziel des Artenschutzprogramms ist, den Bestand an Bartgeiern vor allem in den Ostalpen langsam zu vergrößern. Von Berlin über Wien bis Novosibirsk und Helsinki werden Bartgeier von erfahrenen Pflegern und anderen Spezialisten gezüchtet. Der Bartgeierbestand im Erhaltungszuchtprogramm liegt derzeit bei etwa 180 Vögeln, unter denen rund 40 Paare 2021 bisher erfolgreich gebrütet haben.
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