Die Leiterin der Nationalparkverwaltung Ursula Schuster mit der Besuchergruppe
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Waldsterben verstehen: Nationalpark bietet Bürgerwanderungen an

Waldsterben verstehen: Nationalpark bietet Bürgerwanderungen an

Im Nationalpark Bayerischer Wald tötet der Borkenkäfer die Fichtenwälder am Großen Falkenstein. Das beunruhigt viele Menschen in der Region. Die neue Nationalparkleiterin Ursula Schuster macht jetzt Bürgerwanderungen, um die Lage zu erklären.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

In der sogenannten Management-Zone rund um den Nationalpark Bayerischer Wald, also den Randzonen rundherum, sind heuer bis Mitte November schon mehr als 134.000 Festmeter (rund 185.000 Ster) Fichte herausgeschlagen worden. In deren Rinde hatte sich der Borkenkäfer eingebohrt. Der Befall lässt die Bäume langsam absterben.

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Das Bild verschlimmert sich

Um die angrenzenden Privatwälder vor einem Übergreifen des Borkenkäfers zu schützen, werden befallene Fichten in einem 500 bis 1.000 Meter breiten Streifen rund um den Park gefällt und abtransportiert oder zumindest entrindet. Das tötet die Larven des Borkenkäfers. Ob der Nationalpark genug gegen die Ausbreitung unternimmt, darüber gibt es momentan Diskussionen mit den Privatwaldbesitzern.

Aber auch wer keinen Wald besitzt, kann die Bilder des sterbenden Waldes oft nur schwer ertragen. Ein besonders betroffenes Waldgebiet ist momentan vor allem der Große Falkenstein bei Zwiesel. Der beliebte Wanderberg sieht seit Monaten nicht mehr grün, sondern braun und grau aus. Denn in den Natur-und Kernzonen des Nationalparks wird der Käfer nicht bekämpft und befallene Bäume werden nicht entfernt.

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Ein Waldgebiet bei bei Zwieslerwaldhaus

Neue Nationalparkleiterin will Ängste ernst nehmen

Der Nationalparkleiterin Ursula Schuster liegen die Nöte und Gefühle der Menschen in der Region am Herzen. Sie beschäftigt, wie es den Menschen geht, wenn sich, so die Nationalparkleiterin, "in kürzester Zeit ihr direktes Lebensumfeld verändert." Das ist einer der Gründe, warum Ursula Schuster jetzt Bürgerwanderungen anbietet. Am Wochenende fand eine solche Bürgerwanderung in Zwieslerwaldhaus statt. Drei Stunden lang wanderte Nationalparkleiterin Ursula Schuster mit den Teilnehmern durch unterschiedliche Waldstücke und erklärte das Geschehen.

Fichten am Falkenstein sind alter Wirtschaftswald

Die meisten Fichten am Falkenstein sind 120 bis 130 Jahre alt, erklärt die Nationalparkleiterin. Sie stammen aus einer Zeit, als die schnell wachsende Fichte ideal war für den großen Bau- und Brennholzbedarf der Städte. Deshalb wurde sie im Wirtschaftswald lange gegenüber anderen Baumarten wie Buche und Tanne bevorzugt. Der ursprünglich hier vorhandene Mischwald aus Fichte, Buche und Tanne wurde zurückgedrängt. Jetzt sind viele alte Fichten genau im richtigen Alter und haben die richtige Baumstammdicke, um vom Borkenkäfer, der junge Bäume verschmäht, befallen zu werden.

"Der Tisch für den Borkenkäfer ist hier im Bayerischen Wald derzeit bestens gedeckt." (Ursula Schuster, Leiterin des Nationalparks Bayerischer Wald)

Dazu kam in den letzten Jahren der Trockenstress durch mehrere heiße und regenarme Sommer nacheinander. Die Fichten können dann nicht mehr so gut Baumharz produzieren, mit dem sie sich gegen den Käfer wehren. Das Fichtensterben passiert aber auch in anderen Gebieten in Deutschland, betont die Nationalparkleiterin, "wo weit und breit kein Schutzgebiet in der Nähe ist", zum Beispiel im Frankenwald oder im Harz.

Warum bekämpft der Park den Käfer nicht?

Früher war es üblich, dass man die Borkenkäfer-Nester großräumig ausgeschlagen hat. Heute ist das nicht mehr üblich. Viele private Waldbesitzer vermuten, dass das die Ursache für den Ausbruch sein könnte.

Doch das Grundprinzip eines Nationalparks sei es, die Natur weitgehend sich selbst zu überlassen, so Ursula Schuster. Die Natur soll die Lage also selbst regeln. Im Idealfall entsteht wieder ein Mischwald aus den heimischen Baumarten Tanne, Buche und Fichte. Diese Mischung machte die alten Wälder im Bayerischen Wald schon vor Jahrhunderten aus. Dazwischen standen seltenere Baumarten wie Winterlinde oder Eibe. In einem gesunden Mischwald können Borkenkäfer, die auf die Fichte spezialisiert sind, nicht mehr so einfach von Baum zu Baum fliegen und so ein großflächiges Waldsterben auslösen. Wesentlich ist außerdem, so die Erkenntnis im Nationalpark, dass nicht alle Fichten gleich alt sind, sondern versetzt aufwachsen. Auch das stoppt die Massenausbreitung des Käfers.

Junger Mischwald entsteht schon

Die Nationalparkleiterin zeigt bei ihrer Bürgerwanderung Bereiche, in denen die alten Fichten schon vor Jahren abgestorben sind und nun junger Wald nachkommt. Alle Studien des Parks zeigen, sagt sie, dass das Liegenlassen der umgefallenen Stämme den Aufwuchs junger Bäume begünstigt. Sie haben dadurch mehr Wasser, bekommen mehr Nährstoffe aus dem sich zersetzenden Altholz und sind in diesem sogenannten Verhau gut vor Wildverbiss geschützt. Rehe und Hirsche gehen dort nicht hin, weil sie sonst nicht so schnell vor Luchsen oder Wölfen flüchten können.

Buchenwälder als Hoffnung für den Falkenstein

Am Großen Falkenstein gibt es neben der Fichte auch viele alte Buchenwälder. Außerdem wachsen viele junge Buchen, die nun Licht und Platz haben, in die Höhe zu wachsen. Deshalb rechnet Ursula Schuster damit, dass der Berg viel schneller wieder grün wird, als das vor Jahrzehnten am Lusen im Altgebiet des Parks der Fall war. Dort hatte die Fichte dominiert. Nach dem Absterben der Bäume war hier alles grau. Die Wälder schienen tot. Einige Teilnehmer, die bei der Führung am Wochenende dabei waren, stammen aus dem Altgebiet. Sie können bestätigen, dass tatsächlich junger Wald nachkommt. Die Diskussionen, die momentan am Falkenstein geführt werden, sind am Lusen schon vorbei. Der Lusen liegt im Altgebiet des Nationalparks, der 1970 gegründet wurde. Der Falkenstein liegt im Erweiterungsgebiet, das erst 1997 dazukam.

Zur Serie: Projekt Urwald: Generationenaufgabe im Bayerischen Wald

Die Nationalparkverwaltung bietet weiterhin Fachvorträge an, um die Lage zu erklären. Ab Frühjahr 2024 sind auch wieder Bürgerwanderungen mit der Nationalparkleiterin geplant. Sobald die Termine feststehen, werden sie auf der Webseite des Nationalparks veröffentlicht.

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