"Sünden der Vergangenheit" nennen es die meisten heute. Mittlerweile werden sie mit ziemlich viel Aufwand zurückgebaut. Renaturierung statt Begradigung: An Bayerns Flüssen ist Wiedergutmachung angesagt, zum Beispiel in Kipfenberg-Böhming an der Altmühl in Oberbayern.
In Böhming wurde erst vergangenen Monat am rechten Ufer der Altmühl ein etwa 180 Meter langer Feuchtbiotopkomplex geschaffen mit einer Flutmulde, die vor Überschwemmungen schützen soll. Außerdem fließt jetzt wieder Wasser durch einen rund 40 Meter langen Arm der Altmühl.
Regulierung und Renaturierung der Altmühl
Die Untere Altmühl wurde in den 1930er-Jahren zur Verbesserung der landwirtschaftlichen Produktionsbedingungen noch begradigt und ausgebaut. Dies führte dazu, dass natürliche Lebensräume in den Flussauen der Altmühl erheblich zurückgingen.
Früher seien die Interessen der Landwirtschaft sehr wichtig gewesen, so Julia Schneider vom Wasserwirtschaftsamt Ingolstadt. Damit es auf den damaligen Äckern nicht so viele Überschwemmungen gebe, habe es die Regulierung der Altmühl gegeben, so Schneider. Heute ist jedoch klar: Vor allem für Amphibien, Reptilien, Libellen und andere Wirbellose sind Feuchtbiotope von existenzieller Bedeutung. Fische nutzen den Altarm der Altmühl als Laichhabitat, Rückzugsraum und Jungfischeinstand. Zugleich entsteht mit der Renaturierung der Altmühl ein Rückhaltevolumen von ca. 8.000 m³. Somit ist die Renaturierung also auch ein Beitrag zum vorbeugenden Hochwasserschutz.
17.400 Kilometer der Fließgewässer Bayerns wurden begradigt
Die Regulierung der Altmühl ist bayernweit kein Einzelfall. Laut der Wasserrahmenrichtlinie der EU vom 23. Oktober 2000 sollen alle Gewässer in der EU ökologisch wieder einen "guten Zustand" erreichen. Im letzten Jahrhundert wurden in Bayern jedoch zahlreiche Flüsse reguliert. Für die nach der Wasserrahmenrichtlinie berichtspflichtigen Gewässer seien rund 17.400 Kilometer der Fließgewässer Bayerns in der Vergangenheit kanalisiert oder begradigt worden, so das bayerische Umweltministerium auf BR-Anfrage.
Umweltministerium: "Renaturierung ist Zukunftsaufgabe"
Die Renaturierung von Gewässern ist für Bayerns Umweltministerium heute eine zentrale Zukunftsaufgabe. Für eine gesicherte Wasserversorgung habe das Umweltministerium die Strategie "Wasserzukunft Bayern 2050" aufgelegt. Dabei gehe es um den Schutz der Menschen vor Hochwasser und die Stärkung der Ökologie, so Umweltminister Thorsten Glauber: "Unsere kleinen und großen Gewässer sind ein einzigartiger Naturschatz. Um die Gewässer zu schützen und ihren Zustand zu verbessern, laufen in Bayern vielfältige Renaturierungsmaßnahmen."
Mehr Geld für Gewässer-Renaturierungen
Für die Gewässer-Renaturierungen seien die Fördersätze für Kommunen auf bis zu 90 Prozent angehoben worden, so das bayerische Umweltministerium. In den Jahren 2010 bis 2021 habe es in Bayern an über 5.000 Kilometern Fließgewässern Maßnahmen zur Verbesserung der Gewässerstruktur gegeben und an über 8.000 Kilometern der bayerischen Fließgewässer seien Renaturierungen noch geplant. Insgesamt rund 420 Millionen Euro seien für Maßnahmen zur Gewässerstrukturverbesserung bereits investiert worden, so das bayerische Umweltministerium.
- Zum Artikel: Renaturierung des Tannenbachs bei Schönthal wird prämiert
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