Die SPD-Fraktion im Würzburger Stadtrat will den Kardinal-Faulhaber-Platz in Theaterplatz umbenennen. Ein entsprechender Antrag liegt jetzt vor. Überraschend hatte der Würzburger Stadtrat in seiner letzten Sitzung Ende Oktober die Umbenennung des Kardinal-Faulhaber-Platzes beschlossen. Grund dafür ist die Rolle Faulhabers in der NS-Zeit. Die Entscheidung ist umstritten.
Bischof Jung war gegen Umbenennung
Würzburgs Bischof Franz Jung etwa meint, man müsse einen Menschen aus seiner Zeit, aus den Möglichkeiten seiner Zeit heraus beurteilen. "Die Fragen waren ja, ob er mit den Nazis kollaboriert hat, ob Faulhaber Rassist war oder Antisemit. Und das kann entschieden verneint werden." Das war dem Stadtrat aber nicht genug, weshalb er eine Umbenennung beschlossen hat. Experten und auch Kirchenvertreter hatten sich zuvor gegen eine Umbenennung und stattdessen für eine Kontextualisierung ausgesprochen.
SPD-Fraktion schlägt "Theaterplatz" vor
Ursprünglich war auch die SPD-Fraktion für eine Kontextualisierung, will ihn aber jetzt auch in Zusammenhang mit der Neugestaltung des Platzes in Theaterplatz umbenennen. "Das Mainfrankentheater auf der gegenüberliegenden Seite prägt den Platz. Einen besonderen Bezug zum Theater bekommt der Platz durch den neuen Theaterbalkon", heißt es in der Begründung.
Barbara Stamm als Namenspatin im Rennen
Doch es liegen weitere Ideen vor: Zukünftig könnte der Platz den Namen Barbara Stamms tragen. Die einflussreiche CSU-Politikerin und einstige Landtagspräsidentin aus Würzburg war kürzlich verstorben. Eine spontane Idee der CSU-Stadträtin und dritten Bürgermeisterin Judith Jörg: "Sie hat es absolut verdient eine Straße nach ihr benannt zu bekommen oder eben einen Platz - auch weil sie sich ja sehr für das designierte Staatstheater eingesetzt hat." Voraussetzung sei für sie aber eine breite Mehrheit im Stadtrat.
Gegenstimmen zum CSU-Vorschlag
SPD-Fraktionsvorsitzender Alexander Kolbow ist gegen den Schnellschuss: "Ich schätze Barbara Stamm sehr und verstehe den Wunsch. Aber es macht Sinn, dass man eine gewisse Zeit abwartet bis man eine Straße oder einen Platz nach jemandem benennt." Zunächst müsse das Leben und Wirken der Person in den gesamten geschichtlichen Kontext eingeordnet werden. Auch die Grünen schließen sich Kolbow an und berufen sich auf die Leitlinien zur Straßenumbenennung, in der es heißt, dass eine Straße oder ein Platz erst drei Jahre nach dem Tod der ausgewählten Person benannt werden darf.
Heute noch keine Entscheidung
Eine Entscheidung wird heute voraussichtlich nicht getroffen. Im Januar kommt die Straßennamenkommission wieder zusammen und berät über die Umbenennung - und vielleicht liegen bis dahin weitere Vorschläge im Topf.
Vier Straßen wurden in Würzburg zuletzt umbenannt
In Würzburg hat der Stadtrat bereits im März beschlossen, dass vier Straßen umbenannt werden, weil die Namensgeber in das NS-Regime verstrickt waren. Darunter zum Beispiel die Nikolaus-Fey-Straße. Mit dieser Entscheidung folgte der Stadtrat der Empfehlung der 2015 eigens dafür eingesetzten Kommission, die ihre Vorschläge im Dezember 2020 vorlegte. Um die Frage der Umbenennung für den Kardinal-Faulhaber-Platz zu klären, hatte die Kommission eine öffentliche städtische Veranstaltung empfohlen.
Faulhabers Haltung zum Nationalsozialismus "zwiespältig"
Der langjährige Münchner Kardinal Michael von Faulhaber (1869-1952) stammte aus Unterfranken und erhielt in Würzburg seine theologische Ausbildung. Seine Haltung zu Adolf Hitler und der NS-Bewegung wird von vielen Forschern als "zwiespältig" beschrieben. So glaubte Faulhaber lange an einen möglichen Ausgleich zwischen dem "Führer" und der katholischen Kirche. In München ist eine Straße nach Kardinal Faulhaber benannt.
In München steht die Kardinal-Faulhaber-Straße auch in der Kritik, wurde aber bislang nicht umbenannt.
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