Hannelore Hippeli ist hochzufrieden: "Also ganz wunderbar, wirklich herrlich, vor allem mit dieser Decke", so das Urteil der älteren Dame über die Fahrt mit der knallorangen Elektrorikscha. Das Fahrzeug mit zwei überdachten Sitzplätzen vorne und einem Fahrer, der hinten in die Pedale tritt, wurde in diesem Frühjahr vom Verein Nachbarschaftshilfe in der Kleinstadt Gerolzhofen im Landkreis Schweinfurt angeschafft. Gefahren wird sie von Ehrenamtlichen wie Udo Cox, der gerade mit seiner Passagierin in der weihnachtlich erleuchteten Altstadt unterwegs ist.
Grundidee: Krippenstraße statt Leerstand
Ihr Weg führt die beiden durch den Gerolzhöfer Krippenweg. Mehr als doppelt so viele Krippen wie in den Vorjahren gibt es derzeit in Gerolzhofen zu sehen. 47 sind es, verteilt über die ganze Innenstadt. Die meisten finden sich aber nach wie vor in der kleinen autofreien Spitalstraße. Dort hat der Krippenbauer und begeisterte Sammler die Krippenausstellung vor 13 Jahren ins Leben gerufen. "Die Grundidee war ganz einfach, dass es hier in der Straße viele Leerstände gab und ich zu Hause viele, viele Krippen habe", erzählt Bruno Steger. "Und so haben wir mithilfe der Tourist-Information in die Straße neues Leben reingebracht", erinnert er sich.
Selbst gebaut: französische Krippenszene
Rund 300 Krippen hat der Gerolzhöfer bislang gebaut – als reines Hobby. Aus Stegers Krippenwerkstatt stammt auch die wunderschöne provenzalische Krippe, an der die Rikscha auf ihrem Weg durch die Stadt gerade anhält. Wie in einem Wimmelbild ist dort eine französische Dorfszene dargestellt, mit einer Höhle, Geschäften und einem Lavendelfeld. "Ich hab mir die Figuren unten besorgt bei einem Atelier in Aubagne und hab das Typische, was zu einer Provencekrippe gehört, die Landschaft, die Gebäude, selbst zu Hause bei mir gebaut."
Die Krippenrikscha ist derweil zu einer 120 Jahre alten Papierkrippe weitergerollt. Die Figuren wurden damals ausgeschnitten, auf Sperrholz aufgeklebt und dann ausgesägt. "Das war quasi eine Bürgerkrippe, die konnte sich jeder leisten", sagt Udo Cox im Gespräch mit seinem Fahrgast. Er war den ganzen Sommer über regelmäßig ehrenamtlich für die Nachbarschaftshilfe auf Tour.
Das Schönste daran sei das Gespräch mit den Senioren: "Im Grund erzählen die mir alles, ich muss gar nicht viel reden", sagt er. Das kostenlose Angebot wurde besonders von Bewohnerinnen und Bewohnern des örtlichen Seniorenstifts gerne genutzt, sagt Pastoralreferent Stephan Tengler. Zwölf ehrenamtliche "Pilotinnen" und "Piloten" gebe es mittlerweile. "Die Leute sind begeistert, mal rauszukommen und wieder an ihre Lieblingsorte zu fahren. Das beglückt sowohl die Leute, die drinsitzen, als auch die Fahrer."
Krippe als Bild der Ruhe und Heimeligkeit
Beim Gerolzhöfer Krippenweg gibt es diesmal unter anderem eine orientalische Krippe zu sehen und Gipsfiguren, die Jahrzehnte im Depot der Kirche geschlummert haben. Gefunden hat sie Klaus Vogt, der die Krippenstraße in diesem Jahr übernommen und um etliche weitere Schaufenster zum Krippenweg erweitert hat.
Für Vogt, der sich seit seiner Kindheit Krippen verbunden fühlt und sie auch selbst baut, strahlen die Darstellungen der Heiligen Nacht "Ruhe und Heimeligkeit" aus. "Wenn man daran bastelt, dann braucht man viel Zeit und Muße. Man arbeitet ja mehrere Wochen daran, bis alles fertig ist. Und letztlich hat die Faszination natürlich auch mit Religion und Glauben zu tun", so Vogt. Der Krippenweg in der Altstadt ist noch bis Dreikönig zu sehen und gerade mit Kindern einen Ausflug wert.
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