In Bayern wird immer weniger Bier getrunken. Alkoholfreie Getränke boomen.
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In Bayern wird immer weniger Bier getrunken. Alkoholfreie Getränke boomen.

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Werden wir bald alle auf Alkohol verzichten?

Werden wir bald alle auf Alkohol verzichten?

Ein Gläschen Wein am Abend kann nicht schaden, oder? Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung sagt: Doch und empfiehlt ganz auf Alkohol zu verzichten. Bei den Jüngeren liegt das längst im Trend - mit Wirkung auf den bayerischen Getränkemarkt.

Im unterfränkischen Schweinfurt wurde kürzlich das erste alkoholfreie Weinfest gefeiert und in München der erste alkoholfreie Biergarten. Zudem gibt es seit Monaten einen Hype um das erste alkoholfreie Helle von Augustiner, das häufig ausverkauft ist.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) dürfte sich über Meldungen wie diese freuen, spiegeln sie doch ihre neueste Empfehlung, gänzlich auf Alkohol zu verzichten. Wer dennoch trinkt, solle große Mengen und sogenanntes Rauschtrinken meiden - das gelte insbesondere für junge Menschen. Dabei greifen gerade die Jüngeren schon seit einiger Zeit immer weniger zur Volksdroge Nummer eins.

Alkoholkonsum sinkt seit Jahrzehnten

Insgesamt wird in Deutschland und auch in Bayern immer weniger Alkohol konsumiert. Vor allem zwischen den Generationen zeigen sich deutliche Unterschiede, wie Umfragen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) belegen. Während 1976 noch 70 Prozent der 18-bis 25-Jährigen mindestens einmal pro Woche Alkohol tranken, waren es vor 20 Jahren noch knapp die Hälfte und 2021 nur noch ein Drittel.

Vor allem die Generation Z, also die zwischen 1995 und 2005 Geborenen, scheint sich immer weniger für Alkohol zu interessieren. Ein zentrales Ergebnis einer jüngsten YouGov-Studie zeigt, dass knapp 40 Prozent der 18- bis 24-Jährigen überhaupt keinen Alkohol mehr konsumieren. Gleichzeitig sind sie es, die am häufigsten zu alkoholfreien Alternativen greifen.

Mehr Fitness, mehr Social Media, mehr Verantwortung, weniger Alkohol

Die Gründe für diesen Wandel liegen laut der BZgA unter anderem darin, dass immer offener im Freundeskreis über die Risiken von Alkoholkonsums gesprochen werde. Junge Menschen zeigten heute mehr Verantwortung im Umgang mit Alkohol. Außerdem spielten ein gesünderer Lebensstil und die Verfügbarkeit von alkoholfreien Alternativen eine Rolle.

Weitere Umfragen zeigen, dass jungen Menschen ihr Image in sozialen Netzwerken wie Instagram oder Snapchat sehr wichtig ist, besonders als verantwortungs- und gesundheitsbewusst wahrgenommen zu werden. Ein peinlicher Auftritt unter Alkoholeinfluss kann schnell viral gehen. Unter Hashtags wie #sober oder #nüchternleben posten immer mehr Personen Erfahrungsberichte, die zeigen, dass es "cool" ist keinen Alkohol zu trinken.

Freud und Leid für die Getränkebranche

Während die Bierproduktion in Deutschland in den letzten zehn Jahren insgesamt um 14 Prozent zurückgegangen ist, hat sich die Menge an alkoholfreiem Bier im selben Zeitraum verdoppelt. Auch in Bayern sind alkoholfreie Biere auf dem Vormarsch.

"Der alkoholfreie Biermarkt in Bayern ist unser Lichtblick", sagt Walter König, Geschäftsführer des Bayerischen Brauerbunds. Diesen Trend beobachtet er schon länger. In diesem Jahr erwartet der Brauerbund, dass alkoholfreies Bier erstmals einen Anteil von über zehn Prozent am gesamten Biermarkt ausmachen wird.

Nicht nur Bier, auch der Markt für alkoholfreien Wein entwickelt sich rasant, erklärt Ralf Schwarz, Sprecher des Fränkischen Weinbauverbands. Mittlerweile bieten fast alle Winzer entalkoholisierte Weine an. "Wir nehmen die Sache sehr ernst", sagt Schwarz. Vor einigen Jahren seien Traubensäfte einfach mit Kohlensäure versetzt worden. Heute werde Traubenmost vergoren und anschließend entalkoholisiert. Das käme dem Geschmack von Weinen schon näher.

Besonders jüngere Menschen, die auf eine gesunde Lebensweise achten, schätzen diese Weine. Ob sein Winzerherz blutet, wenn dem Wein der Alkohol fehlt? "Es gehört zu unserem Kulturkreis. Und es ist ein hohes Gut, was wir da pflegen. Letztlich ist es eine Frage der Einstellung zu Lebensmitteln, zum Genuss, zum Leben an sich. Und da gehört einfach Wein dazu und mich freut weniger die Apfelschorle." Doch die Branche habe schon immer von neuen Entwicklungen profitiert. Vielleicht lasse sich auch für den "konventionellen Wein" etwas lernen, meint Schwarz.

Deutschland bleibt Hochkonsumland

Auch wenn immer mehr Menschen auf Alkohol verzichten, bleibt Deutschland ein Hochkonsumland: Im Schnitt trinkt jede Person hierzulande 13,4 Liter puren Alkohol pro Jahr. Selbst im europäischen Vergleich, wo generell viel getrunken wird, ist das überdurchschnittlich. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wird in Deutschland mehr als doppelt so viel Alkohol konsumiert wie im weltweiten Durchschnitt.

Die Folgen sind gravierend: Etwa 74.000 Todesfälle pro Jahr sind in Deutschland auf alkoholbedingte Ursachen zurückzuführen, wie das Deutsche Krebsforschungszentrum mitteilt. Alkoholbedingte Krankheiten wie Krebs, Fettleber und Leberzirrhose verursachten 2020 medizinische Kosten in Höhe von rund 57 Milliarden Euro. Das heißt, sowohl gesundheitlich als auch finanziell sind die Folgen enorm. Egal aus welchen Gründen Einzelne lieber auf Alkohol verzichten, gesellschaftlich profitieren wir alle davon.

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