Lina Martynenko laufen die Schweißperlen von der Stirn: Mit Hanteln macht sie Kniebeugen - und ist nicht allein: Rund 20 ukrainische Frauen besuchen den Aerobic-Kurs in der Deggendorfer Kulturmühle. Zwischen den sportelnden Frauen flitzen Kinder auf Bobby Cars durch den Raum. Die Kulturmühle wurde zum Wohnzimmer für ukrainische Flüchtling in Deggendorf.
Aber es gibt ein Problem, so Lina Martynenko: "Wir unterhalten uns da nur auf Ukrainisch, wir entwickeln uns nicht". Sie wünscht sich, dass mehr deutsche Frauen und Männer auch hierher kommen, sich austauschen und so eine Integration gelingt.
Interkulturelle Veranstaltungen: Wo sind die Einheimischen?
Das hofft auch Kathrin Glasschröder von der Deggendorfer Kulturmühle, die hier bereits viele Veranstaltungen durchgeführt hat: von der Halloween-Party über Filmabende bis hin zu Kochpartys. "Aber es kommen wenige Deggendorfer", so Glasschröder. Die Kulturmühle soll aber ein Ort der Begegnung für alle in Deggendorf werden, egal welcher Herkunft – nur wie?
Vereine schließen sich für Integration zusammen
Die Idee: Ein Musikkonzert – international, verschiedene Kulturen, gemeinsam. Saxophon, Klavier und Tanzeinlagen, ebenso wie eine Kunst-Ausstellung und internationales Essen. All das soll verbinden. Dafür schließen sich jetzt zum ersten Mal viele Vereine aus Deggendorf mit den ukrainischen Frauen zusammen: der Koliiibri-Verein um Glasschröder, das christliche Hilfswerk Hoffnungsträger aus Deggendorf um Michaela Wutz und "Demokratie leben in Deggendorf" mit Ursula Keßler.
"Bisher sind Ukrainer da, aber wo sieht man sie?"
Ukrainerin Inna Kovtunenko ist beim Planen des Konzerts dabei. "Unsere Songs, unsere Musik, unsere Kleidung - alles: Wir wollen zeigen, wer wir sind." Glasschröder von der Kulturmühle strahlt und hofft, dass das Konzert in Deggendorf ankommt, genauso wie Gymnasiast Johannes Wutz vom christlichen Hilfswerk Hoffnungsträger: "Eine Hoffnung ist auch, dass man die Kulturmühle und die Vereine bekannter macht: Bisher sind die Ukrainer da, aber wo sieht man sie dann? Wenn man weiß, hier entsteht dieser Austausch, dann ist das viel haltbarer."
Kulturelle Begegnungen für ein Gelingen der Gesellschaft
Für Ursula Keßler von "Demokratie leben" kommt es beim Konzert vor allem darauf an, dass unterschiedliche Gruppen die Möglichkeit haben, sich zu begegnen: "Denn auch das Ausspielen von benachteiligten Gruppen gegeneinander nach dem Motto "Jetzt kriegen die Ukrainer was, andere nichts", das finde ich ganz schlecht für den Zusammenhalt in der Gesellschaft."
Das sieht auch Kostas Vlichilis von Hoffnungsträger so. Er selbst ist Grieche, seine Frau Ukrainerin. In seinem Restaurant arbeiten mittlerweile zwei ukrainische Frauen. Das Konzert sei ein erster Schritt: "Wir können uns gegenseitig helfen. Alle Seiten werden davon profitieren."
Integration: Barrieren überwinden und Brücken bauen
Die Vereine schließen sich jetzt zusammen, das Musikkonzert am 19. November ist ein Anfang und soll Barrieren überwinden und Brücken zwischen den Kulturen bauen. Dann, so die Hoffnung, kommen bei den Veranstaltungen wie beim Sportkurs in der Deggendorfer Kulturmühle nicht nur Ukrainerinnen zusammen: "Wir wünschen uns das, weil so viele deutsche Menschen uns geholfen haben und wir schätzen das", so Lina Martynenko.
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