Samstagmorgen, 8 Uhr: Schweinemäster Peter Hecht rangiert mit seinem Traktor einen großen Anhänger voller Schweine an die Verladerampe des Metzgerschlachthofs in Fürth. Der Landwirt ist ebenso Teilhaber des kleinen Schlachthofs wie der örtliche Metzger und Landesinnungsmeister Konrad Ammon. "Stress ist Gift für die Tiere" steht auf einem Schild über Verladerampe.
Langsam laufen die Schweine in den Wartestall des Schlachthofs, wo sie sich schon nach wenigen Minuten hinlegen und ruhen. Landwirt Hecht bekommt für die etwas schwereren und mit hofeigenem Futter gemästeten Schweine einen Preisaufschlag und freut sich, dass er sie selbst anliefern kann.
"Null Toleranz" gegen Übeltäter
Neben des guten Preises freut sich der Landwirt über den guten Umgang mit den Tieren. Im Schlachthof sind 16 Überwachungskameras montiert, von der Anlieferung bis zur Tötung der Schweine und Rinder wird alles dokumentiert. "Qualitätskontrolle" nennt Konrad Ammon die Videodokumentation in seiner Funktion als Geschäftsführer des Metzgerschlachthofs. Man wolle sich schließlich ständig verbessern in Sachen Tierschutz. Übeltäter bekämen lebenslanges Betretungsverbot, da zeige man "null Toleranz".
Weniger Metzgereien, weniger Schlachthöfe, weniger Schweinehalter – gegen diesen Trend stemmen sich in Fürth seit 1991 in Metzger und Landwirte partnerschaftlich, mit insgesamt 115 Teilhabern eines Metzgerschlachthofs als GmbH.
Kostenaufwändig und trotzdem rentabel
Deutschlands Gigant in der Schlachtbranche, die Firma Tönnies, schlachtet an einem einzigen Tag in Rheda-Wiedenbrück rund 20.000 Schweine. Im Fürther Metzgerschlachthof sind es am Montag, dem Hauptschlachttag, höchstens 650 Schweine. An den anderen vier Tagen werden Rinder und insgesamt weniger Schweine geschlachtet. Weniger Schlachttiere bedeuten höhere Kosten je Schlachtung. Trotzdem, so Ammon, schreibe der Metzgerschlachthof schwarze Zahlen. Landwirte wie Peter Hecht seien froh, dass sie in den zurückliegenden zwei ruinösen Jahren am Metzgerschlachthof immer einen vergleichsweite guten Preis erzielten.
So könne man Krisen überstehen. Landesweit sinkt die Zahl der Schweinhalter. Der Metzgerschlachthof ermöglicht Landwirten im Umkreis von 50 Kilometern einen sicheren Absatz zu fairen Preisen und Metzger könnten immer extrem frisch auf kurzen Wegen mit Top-Qualität rechnen. Seine Kunden würden das schätzen, meint Ammon. Er könne die höheren Schlachtkosten und Preisaufschläge für die Landwirte auch an sie weitergeben. Das sei entscheidend.
Kunden fragen nach regionalen Produkten
An der Ladentheke der Metzgerei Ammon reicht der Rentner Kurt Brand eine verschließbare Edelstahlschüssel über die Theke und kauft seine Wochenration Fleisch und Wurst ein. Warum er hier einkauft? Brand deutet auf die Liste der Bauern an der Ladenwand. "Peter Hecht, Weihenzell" ist dort unter anderem aufgeführt. "Ich will was Gscheits, aus der Gegend, nicht von irgendeinem Großschlächter", raunt der Stammkunde. Gleich neben ihm steht Kundin Yonne Müller. Sie meint, man müsse die Metzger in der Region unterstützen.
- Zum Artikel: Schlachthof-Skandale: Whistleblower oft "gestandene Metzger"
Auf der Theke wirbt ein Schild mit dem Hinweis auf eine öffentliche Führung in den Metzgerschlachthof. Auf den Wettbewerb mit Discountern und Supermärkten reagieren Ammon und seine Mitgesellschafter mit Transparenz. Das Vertrauen der Kunden und die Frische-Qualität, seien entscheidende Überlebensgarantien für handwerkliche Metzgereien, so Landesinnungsmeister Ammon.
1.600 Schlachtbetriebe in Bayern
In Mittelfranken gebe es laut Ammon nur noch drei Schlachthöfe. In Kronach habe gerade der kleine Metzgerschlachthof Insolvenz angemeldet, er rechnet sich nicht mehr. Andere Schlachthöfe mussten wegen Tierschutzskandalen schließen. Ein Ende dieses Schwunds der Metzgereien und Schlachthöfe sieht Ammon nicht. Er zählt in Bayern aktuell 17 größere Schlachthöfe und 14 kleinere Metzgerschlachthöfe. Insgesamt gibt es in Bayern rund 1.600 Schlachtbetriebe, darunter viele einzelne Metzger und landwirtschaftliche Direktvermarkter.
Aber von insgesamt rund 3.000 Handwerksmetzgereien schlachten immer weniger selbst, lassen schlachten und kaufen Wurst und Fleisch auch von großen Unternehmen wie Tönnies nach Bedarf zu. Steigende Kosten und Bürokratien würden den Trend zu einer Konzentration der Schlachtung und Fleischverarbeitung fördern. Mit dem kleinen Metzgerschlachthof Fürth, so Ammon, könne man bislang gut dagegenhalten. Es funktioniere auch andernorts in Bayern. Ausweglos sei die Situation nicht.
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