Die Amtseinführung von Donald Trump als 47. US-Präsident erfüllt viele Menschen in Deutschland mit Sorge. Für bayerische US-Experten sind diese auch nur allzu berechtigt.
Wie Trump das demokratische System aushöhlt
Als "wilden Ritt" bezeichnete der Regensburger Politikwissenschaftler Stephan Bierling im BR Fernsehen Trumps Antrittsrede. Der Experte für Internationale Politik geht davon aus, dass Trump seine "Dauerbrenner" wie Inflation, Immigration und Energiepolitik jetzt schnell in Präsidialerlasse umsetze. Allerdings seien Präsidialerlasse in den USA keineswegs unanfechtbar. Sie böten einem Präsidenten zwar die Möglichkeit, ohne langwierige Gesetzgebungsverfahren Dinge zu bewegen, aber auch, Aktivität nur vorzuspielen. Dennoch könne dagegen geklagt werden.
Bierling deutet Trumps Rede als "deutliches Signal", nun gleich zu Beginn seiner Präsidentschaft durchregieren zu wollen. Entsprechende Kontrollinstanzen habe Trump bereits in seiner ersten Amtszeit in seine Richtung beeinflusst. So habe er etwa den Obersten Gerichtshof mit dreien seiner Leute besetzt. Trump kontrolliere auch den Kongress. Der Föderalismus sei ebenfalls keine wirkliche Kontrollinstanz mehr.
"Rede eines autoritären Populisten"
Donald Trumps Antrittsrede zeigt nach Meinung der Amerikanistin Heike Paul, wie wenig demokratisch der neue US-Präsident denkt. "Das war die Rede eines autoritären Populisten", sagte die Inhaberin des Lehrstuhls für Amerikanistik an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg bei einer Live-Übertragung und Diskussion im Nürnberger Bildungszentrum. Trump habe deutlich gemacht, dass er in erster Linie Politik für Weiße machen wolle. Seine Rede sei eine Demonstration dieses "white backlash" (weißer Gegenschlag) gewesen, erklärte Paul.
Ähnlich sieht es die Amerikanistin Katharina Gerund, ebenfalls von der FAU. Trump hatte in seiner Rede zwar auf die große Unterstützung von Minderheiten bei der Wahl hingewiesen. Trump blende aber aus, dass es in der amerikanischen Gesellschaft keine Chancengleichheit gebe. "In einer Gesellschaft, in der man als afroamerikanischer junger Mann immer noch viel mehr Gefahr läuft, im Gefängnis zu landen, aufgehalten zu werden von der Polizei und am Ende vielleicht sogar erschossen zu werden, heißt Farbenblindheit natürlich auch, diese Ungleichheit nicht zu sehen und sie gezielt zu ignorieren."
Auch die Besucherinnen und Besucher der Veranstaltung in Nürnberg beurteilten Trumps Rede überwiegend negativ. Wenn Trump ankündige, dass er Amerika wieder reich machen wolle, sei klar, dass er dies auf Kosten anderer durchsetzen wolle – "das ist gruselig", sagte eine Besucherin. Eine Amerikanerin erklärte, Trumps Rede habe ihr Angst gemacht. "Meiner Meinung nach habe ich in Deutschland ein sichereres Leben als meine Familie und Freunde in USA."
Politikwissenschaftler geht von massivem Druck durch Trump aus
Doch auch in Deutschland und Europa müsse man sich Sorgen machen, sagte der Politikwissenschaftler Stephan Bierling. "Wir sind sozusagen ein schwaches Glied in der Kette. Das wird sich Trump sehr schnell vornehmen", befürchtet der Regensburger Politikwissenschaftler: "Wir sind sicherheitspolitisch sehr schwach." Eigentlich jedoch seien amerikanischer Schutz und amerikanische Unterstützung heute noch mehr gefragt als vor acht Jahren.
Bierling rechnet mit massivem wirtschaftspolitischem Druck durch die USA, gerade durch die von Trump angekündigte Hochzollpolitik. "Das ist Gift für unsere Unternehmen", so der Politikexperte wörtlich. Deutschland sei eine exportstarke Nation, die Hälfte des Wohlstandes werde über Ausfuhren erwirtschaftet. "Das kann natürlich gerade einer ohnehin schon sehr schwächelnden Wirtschaft in Deutschland weitere Probleme bereiten", so Bierling im BR-Interview.
Im Video: Amtseinführung als Public-Viewing in Nürnberg
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