Klosterschwester steht vor gelbem Klostergebäude mit weißen Fenstern in Medingen.
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Im Kloster Medingen sind ukrainische Flüchtlinge untergebracht. Platz wäre noch für mehr.

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Wohnraum für Flüchtlinge: Dringend gesucht - oft nicht erlaubt

In ganz Bayern wird Wohnraum für Flüchtlinge dringend gesucht. Wenn ein Wohnhaus leer steht, heißt das aber nicht, dass dort sofort Geflüchtete einziehen können. Welche Vorschriften dem im Weg stehen und wie der Landkreis Dillingen damit umgeht.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Wöchentlich kommen derzeit 30 Geflüchtete in den Landkreis Dillingen. Das stellt Landrat Markus Müller (Freie Wähler) vor große Herausforderungen: Die Regierung von Schwaben teilt die Flüchtlinge zu, er muss dafür sorgen, dass sie unterkommen. Die festen Unterkünfte aber sind alle belegt. Turnhallen will er keine schließen, das betont der Landrat immer wieder. Deshalb sucht er nach pragmatischen Lösungen. Dabei gäbe es noch freien Wohnraum im Landkreis – der aber kann nicht ohne Weiteres genutzt werden.

Im Kloster wäre Platz – die Auflagen aber sind hoch

Im Kloster Maria Medingen bei Mödingen etwa: Dort sind derzeit acht Geflüchtete aus der Ukraine untergebracht. Platz wäre allerdings für mehr, denn in den Obergeschossen des Franziskushauses stehen Zimmer leer. Bis vor einigen Jahren haben dort regelmäßig Ordensschwestern übernachtet, die zu Gast waren. An Flüchtlinge dürfen die Räumlichkeiten allerdings nicht vergeben werden, denn sie entsprechen nicht den Vorschriften.

Um zumindest einige Flüchtlinge aufnehmen zu können, haben die Dillinger Franziskanerinnen im unteren Teil des Gebäudes investiert. Über 70.000 Euro hat es gekostet, den Auflagen entsprechende Brandschutztüren und Fluchtwege einzurichten. Weil es momentan auch schwierig ist, Handwerker zu bekommen, habe es fast ein Jahr gedauert, bis im Sommer 2023 die ersten Flüchtlinge einziehen konnten.

Natürlich liege das Kloster "ab vom Schuss". Das sei für die Integration nicht optimal, aber, meint die Provinzleiterin der Dillinger Franziskanerinnen, Schwester Martina: Aber: "Lieber ein kleiner bescheidener Raum in einer geschützten Atmosphäre, als ein großer Raum in einem Zelt, wo es kaum Privatsphäre gibt. Wir hoffen, dass die Leute, so lange sie da sind, in Ruhe und Frieden ihr Leben leben können." Im Obergeschoss könnten unterdessen noch weitere Menschen untergebracht werden. Dann aber müssten nochmal Tausende von Euro investiert werden, um alle Auflagen zu erfüllen.

Brandschutz als "K.-o.-Kriterium"

Der Dillinger Landrat Markus Müller fordert hier Vereinfachungen: Wenn man Menschen helfen wolle, könne man sich nicht immer an "Durchführungsbestimmungen, die für sowas nicht gedacht sind, entlanghangeln", so Müller. Die derzeitigen Regelungen seien zu starr, die Umsetzung oft zu aufwendig, kosten- und zeitintensiv: Wenn ein Wohnhaus zur Asylunterkunft werden solle, muss man brandschutzrechtliche Auflagen beachten. Die seien dann oft "das K.-o.-Kriterium": Natürlich müssten Unterkünfte sicher sein. Aber, sagt Müller weiter: "Ich kann das nicht verstehen, dass Menschen, die um Leib und Leben fürchten, nicht erstmal ohne hohe Brandschutzauflagen untergebracht werden können. Es handelt sich ja um Räume, wo bisher auch Menschen gewohnt haben." Auch Privatleute, die über freien Wohnraum verfügten, würden durch die hohen Auflagen und Kosten oft abgeschreckt.

Laut dem Bayerischen Bauministerium muss jeder Einzelfall geprüft werden: Sollen Flüchtlinge in bestehenden Wohnungen untergebracht werden und dabei Gemeinschaftsräume eingerichtet werden, könne es sein, dass Maßnahmen nötig würden, die für ein Gebäude mit einzelnen Wohnungen nicht notwendig waren.

Ohne Messezelte müssten Turnhallen geschlossen werden

Um dennoch alle Flüchtlinge unterbringen zu können, setzt der Dillinger Landrat Markus Müller inzwischen auf Messezelte. Natürlich sei das nicht ideal für die Menschen, aber es gehe darum, auf die Schnelle zu helfen. Andere Möglichkeiten gebe es nicht mehr: "Mich ärgert, dass wir als Landräte in Bayern schon viele Monate auf die prekäre Lage hingewiesen haben, und jetzt sind wir wirklich so weit: Wir leben von der Hand in Mund bei der Unterbringung und ohne solche Messezelte hätte ich schon einige Turnhallen schließen müssen." Deshalb stehen inzwischen drei Messezelte im Landkreis Dillingen.

Aber auch hier gibt es Probleme wegen der Auflagen: Diese Zelte gelten baurechtlich als "fliegende Bauten". Das bedeutet, dass sie nur einen begrenzten Zeitraum an einem Platz stehen dürfen. Das Zelt, das man bereits Anfang des Jahres auf dem Laugnaplatz in Wertingen aufgestellt hatte, musste deshalb zwischenzeitlich wieder abgebaut werden. Jetzt steht es wieder, an demselben Ort, wird erneut hergerichtet, für die Unterbringung von bis zu 120 Geflüchteten. Das kostet Zeit und Geld. "Das ist nicht verständlich und der Bevölkerung nicht vermittelbar", sagt Müller und schüttelt den Kopf. Zumindest mündlich habe er inzwischen die Zusage vom Bauministerium, dass das Zelt diesmal länger stehen dürfe. In Lauingen wird ein Flüchtlingszelt unterdessen gerade wieder abgebaut – ein Platz, um es erneut aufzustellen, ist noch nicht gefunden. Auf Anfrage von BR24 antwortet das Ministerium, solche Zelte müssten nicht automatisch nach drei Monaten abgebaut werden. Allerdings müsse man nach dieser Zeit prüfen, ob ein Bauantrag nötig sei. Bedeutet in jedem Fall: bürokratischen Aufwand.

Ungleiche Verteilung sorgt für Unmut

Unterdessen sorgen alle diese Maßnahmen auch für Streit unter den Kommunen: Während in den Donaustädten im Landkreis Dillingen bereits viele Flüchtlinge untergebracht sind, leben in manchen Dörfern gar keine oder nur sehr wenige. Man habe keinen großen Platz, um ein Zelt aufzustellen, heißt es von den Bürgermeistern der kleinen Kommunen. Freien Wohnraum gebe es nicht, zumindest keinen, der den Auflagen entspreche. Oder aber, die Eigentümer wollten nicht vermieten. Deshalb will Landrat Markus Müller jetzt versuchen, kleinere Lösungen umzusetzen. Auf kleineren Plätzen könnte man Wohncontainer aufstellen. Auch mit der Kreishandwerkerschaft will er sich austauschen. Möglicherweise könnten Zimmerleute Unterkünfte in Modulbauweise erstellen, so die Idee. "Das wäre ein Weg, bei dem wir alle ein Stück weit mitnehmen – und niemand überfordern würden", hofft der Landrat. Sein Ziel sei es, den sozialen Frieden im Landkreis zu erhalten. Dennoch, so gehe es nicht weiter: "Wir brauchen pragmatische Lösungen, mehr Ressourcen, und auch eine gewisse Reduzierung bei der Zuteilung. Sonst fahren wir mit Ansage gegen die Wand."

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Messezelt in Wertingen: Bald werden hier bis zu 120 Geflüchtete unterkommen.

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