Tanja Kunz kniet vor einer Puppe und übt die Herzdruckmassage – unter Anleitung des neben ihr sitzenden Notarztes.
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Tanja Kunz aus Kempten übt an einer Puppe die Herzdruckmassage – unter Anleitung von Notarzt Bastian Bock.

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"Zeit ist Hirn": Keine Angst vor Fehlern bei der Wiederbelebung

"Zeit ist Hirn": Keine Angst vor Fehlern bei der Wiederbelebung

Rund 10.000 Menschen könnten pro Jahr in Deutschland zusätzlich gerettet werden, wenn Passanten oder Angehörige bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand schnell Hilfe leisten. Doch viele haben Angst, etwas falsch zu machen. Dabei kann jeder Leben retten.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

"Ist alles in Ordnung bei Ihnen? Hallo, können Sie mich hören?" Tanja Kunz kniet neben der Puppe vor dem Aktionsstand des Roten Kreuzes in Kempten. Der Dummy simuliert eine Person mit Herz-Kreislauf-Stillstand. Diese soll sie die Kemptenerin nun wiederbeleben. Anästhesist und Notarzt Bastian Bock leitet sie an: Hände auf die Brust und drücken!

Sofort Notruf absetzen und mit Wiederbelebung beginnen

"Im Fall eines Herz-Kreislauf-Stillstandes ist sofort Hilfe nötig", erklärt der Notarzt: Wichtig sei, dass Passanten oder Angehörige sofort einen Notruf absetzen und unmittelbar mit der Wiederbelebung beginnen. "Man sagt: Zeit ist Hirn!", sagt Notarzt Bock. "Jede Sekunde, die verstreicht, gehen Hirnzellen kaputt. Und nach drei bis fünf Minuten nehmen die Hirnzellen so starken Schaden, dass sich eine Wiederbelebung fast nicht mehr lohnt."

Wiederbelebung: Keine Angst vor Fehlern

Deshalb sei es so wichtig, dass Laien die Zeit überbrücken, bis die Profis vom Rettungsdienst da sind. Angst vor der Herzdruckmassage müsse aber keiner haben. "Der Patient stirbt gerade oder ist schon tot", erklärt Bastian Bock. "Das heißt, man kann nicht mehr viel falsch machen. Man kann tatsächlich nur helfen. Und wenn die Rippen knacksen, dann knacksen sie – die Herzdruckmassage ist da das Wichtigste."

"Wichtig ist: Handeln!"

Das bestätigt auch Frank Schönmetzler, Ausbilder beim Roten Kreuz im Oberallgäu: "Der einzige große Fehler, den man machen kann, ist nichts zu tun. Wichtig ist: Handeln, einen kühlen Kopf bewahren und helfen." Sollte man sich unsicher sein, könnten die Kollegen in der Rettungsleitstelle einen auch übers Telefon anleiten. Außerdem bieten Hilfsorganisationen wie das Rote Kreuz inzwischen auch Kompakt-Kurse zur Wiederbelebung an.

Der letzte Erste-Hilfe-Kurs von Tanja Kunz liegt bereits Jahrzehnte zurück. Beim Aktionstag zum Internationalen Tag der Wiederbelebung frischt die Kemptenerin ihre Kenntnisse nun auf. Nur ein paar Minuten dauert das Reanimations-Training am Stand des Roten Kreuzes. Trotzdem fühlt Tanja Kunz sich damit besser gerüstet für eine Wiederbelebung im Notfall: "Wenn es dann so kommen würde, hätte ich nicht so große Scheu hinzugehen und anzufangen", sagt die Kemptenerin.

Auch Laien können Leben retten

Geschätzt 10.000 Menschenleben könnten in Deutschland pro Jahr zusätzlich gerettet werden, wenn Passanten oder Angehörige im Ernstfall immer sofort eingreifen, sagt Notarzt Bastian Bock. Tatsächlich geschieht das aber in etwa der Hälfte bislang nicht. Deshalb werben Kliniken und Hilfsorganisationen am Tag der Wiederbelebung auch in Allgäuer Innenstädten dafür, einzugreifen: "Einfach anfangen! Das ist das, was dem Patienten wirklich hilft", sagt Notarzt Bock. "Und das hilft uns auch, im Jahr deutlich mehr Leben zu retten, als wir es ohne die Laienreanimation schaffen würden."

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