Eine Rollstuhlfahrerin fährt einer anderen Frau in einem engen Gehsteig entgegen.
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Illegales Gehwegparken

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Zugeparkte Gehwege: Aschaffenburg geht das Problem an

Kein Durchkommen für Kinderwägen, Rollstuhlfahrer und Menschen mit Gehhilfe: Zugeparkte Gehwege sind in vielen Städten ein Problem. Die Stadt Aschaffenburg hat beschlossen, das Problem in Angriff zu nehmen.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Sandra Meyer rangiert in Aschaffenburg mit dem Kinderwagen auf dem Bürgersteig um ein Auto, das dort geparkt hat. "Es ist jeden Tag ein bisschen wie ein Slalomlauf", erzählt die junge Mutter. "Spannend wird es, wenn mir jemand entgegenkommt, am Ende auch noch mit Kinderwagen oder Rollstuhl. Manchmal bleibt nichts anderes übrig, als auf die Fahrbahn auszuweichen."

In der Straße, in der Sandra Meyer unterwegs ist, ist das Parken auf dem Gehweg auf einer Seite erlaubt. Das zeigt die Beschilderung und die weißen Parkmarkierungen, die halbseitig auf dem Gehweg aufgebracht sind. Auf der anderen Seite gibt es diese Markierungen nicht, trotzdem parken dort Autos.

Grundsätzlich ist das PKW-Parken auf Gehwegen laut Straßenverkehrsordnung verboten. Es kann ein Bußgeld von mindestens 55 Euro erhoben werden. Wer beim rechtswidrigen Gehwegparken andere Verkehrsteilnehmer behindert oder gefährdet, muss sogar mit 100 Euro Bußgeld und einem Punkt in Flensburg rechnen. In Aschaffenburg wurde das Gehwegparken bislang in vielen Bereichen geduldet, vor allem außerhalb der Innenstadt in den Wohngebieten. Die Stadt will das Problem jetzt angehen. Im Fokus: Die Restgehwegbreite für Fußgänger, wenn auf dem Bürgersteig geparkt wird.

Das Ziel: 1,80 Meter Restgehwegbreite

Der Beschluss des Aschaffenburger Planungs- und Verkehrssenats sieht vor, dass dort wo Gehwegparken erlaubt ist, eine Restgehwegbreite von 1,80 Meter bleiben soll. Die Begründung: Nach Deutschem Institut für Normung (DIN) kommen so zwei Rollstuhlfahrer auf einem Gehweg aneinander vorbei.

Mit diesem Maß geht Aschaffenburg weiter, als die meisten anderen Städte in Deutschland. Diese richten sich oft nach dem sogenannten "Karlsruher Modell", das 1,60 Meter vorsieht. In Bayern etwa ist dem Verkehrsclub Deutschland (VCD) auf BR24-Anfrage keine weitere Stadt bekannt, die 1,80 Meter Restgehwegbreite umsetzen will.

Bestandsaufnahme bis Ende 2024

In Aschaffenburg soll nun bis Ende des Jahres zunächst eine Bestandsaufnahme in der Innenstadt und den Stadtteilen erfolgen, wo Gehwegparken erlaubt ist. Verkehrsreferent Dirk Kleinerüschkamp gibt aber zu bedenken: "Ob es uns gelingt, die 1,80 Meter in allen Straßenräumen aufrechtzuerhalten, das wird sich zeigen, weil die Gehwege in den historischen Lagen der Stadt manchmal nicht mal 1,50 breit sind."

Wo die neuen Regeln umgesetzt werden können, will die Stadt das für Autofahrer auch klar ersichtlich machen, mit Schildern und neuen Parkflächenmarkierungen. Bei der geplanten Bestandsaufnahme bis Ende des Jahres werde die Stadt jetzt unter die Lupe nehmen, wo Linienbusse fahren, viel Fußgängerverkehr ist oder Einrichtungen, die angefahren werden. Dann würden sukzessive Einzelkonzepte erstellt und umgesetzt, wie zum Beispiel versetzte Parkbuchten oder eben Verbote, so Kleinerüschkamp.

Handlungsdruck wächst: Immer mehr Autos

Der Druck auf die Stadtverwaltung, etwas zu ändern, war zuletzt immer mehr gestiegen. Beschwerden und Hinweise von Bürgerinnen und Bürgern in den Wohngebieten häufen sich. Mit vorangetrieben hat das Thema der VCD Kreisverband Aschaffenburg Miltenberg. Der hatte sogar eine Restgehwegbreite von 2,20 Meter gefordert.

"Wenn aber die 1,80 Meter konsequent umgesetzt werden, dann ist das auch schon ein großer Schritt nach vorne", so der Vorsitzende des VCD-Kreisverbands Dennis Handt. Die Problematik des Gehwegparkens verschärft sich kontinuierlich: Die Pkw-Dichte in Aschaffenburg hat in den vergangenen 40 Jahren um mehr als 50 Prozent zugenommen, so dass aktuell rund 630 Autos je 1.000 Einwohner statistisch erfasst sind.

Weniger Parkplätze durch neue Regeln

Aschaffenburgs Verkehrsreferent Dirk Kleinerüschkamp sieht zudem das Problem beim Verkehrsverhalten der Menschen. "Es gibt eine Ellenbogenmentalität: Ich mach was ich will, man achtet nicht auf die Beschilderung, man stellt sich einfach hin." Durch die neuen Regelungen, die künftig weniger auf die Duldung des Gehwegparkens hinauslaufen, würden mit großer Wahrscheinlichkeit auch einige Parkplätze in Aschaffenburg wegfallen.

Dennis Handt vom VCD-Kreisverband Aschaffenburg Miltenberg hält dagegen: "Es gibt kein Recht auf einen Parkplatz im öffentlichen Raum. Deswegen ist es inakzeptabel, wenn sich Menschen diesen Raum nehmen, der eigentlich für Menschen gedacht ist, die zu Fuß unterwegs sein wollen, Familien mit Kindern." Gerade in den Wohngebieten in den Stadtteilen, wo der Parkdruck weniger groß sei, gebe es am meisten illegales Gehwegparken und das, obwohl es dort Höfe und Garagen gebe. Diese würden aber selten zum Parken genutzt, so Handt.

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