Züge der S-Bahn München fahren an der Baustelle der zweiten S-Bahn-Stammstrecke durch die Münchner Innenstadt vorüber.
Bildrechte: pa/Dpa/Matthias Balk
Audiobeitrag

Züge der S-Bahn München fahren an der Baustelle der zweiten S-Bahn-Stammstrecke durch die Münchner Innenstadt vorüber.

Bildbeitrag
>

Zweite Stammstrecke: Söder wusste lange Bescheid

Zweite Stammstrecke: Söder wusste lange Bescheid

Schon 2020 war die Staatskanzlei informiert über Probleme mit der zweiten Münchner S-Bahn-Stammstrecke. Die Opposition verlangt eine Erklärung von Ministerpräsident Markus Söder.

Über dieses Thema berichtet: Nachrichten am .

Im Dezember 2020 sei in der Staatskanzlei ein "Brandbrief" eingegangen, berichtet die Augsburger Allgemeine. Der Brief aus dem bayerischen Bauministerium habe "eine ganze Serie von Risiken" im Zusammenhang mit dem Bau der zweiten Stammstrecke enthalten - inklusive Hinweisen auf Kostenexplosion und Bauzeitverzögerungen.

Staatskanzlei: "Grobschätzungen"

Die Staatskanzlei bestreitet auf Anfrage von BR24 nicht, über Probleme informiert gewesen zu sein. Von einem "Brandbrief" will sie aber nichts wissen, sondern spricht von "Grobschätzungen" des Verkehrsministeriums und "Mutmaßungen". Ressortchefin war damals Kerstin Schreyer (CSU).

Mehrfach hat die Staatskanzlei einem Sprecher zufolge das Verkehrsministerium seinerzeit "auf Beamtenebene" gebeten, mit der Bahn und ihrem Eigentümer Bund "eine valide Grundlage der Kostenentwicklung und Projektdauer zu ermitteln".

Selbst tätig geworden ist die Staatskanzlei demnach aber nicht. Ein Spitzengespräch mit der Bahn fand nicht statt. Womöglich auch wegen geringer Erfolgsaussichten: Nach BR-Informationen wollte die Bahn vor Ende 2021 keine neuen Zahlen zu dem Mammutprojekt liefern. Erst im März dieses Jahres wurde nun ein Spitzengespräch anberaumt: Es hätte vor zweieinhalb Wochen stattfinden sollen, wurde aber von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) kurzfristig abgesagt.

Zeitgleich wurde bekannt, dass die zweite S-Bahn-Tunnelröhre in München tatsächlich deutlich teurer wird: Statt 3,8 könnte sie bis zu 7,2 Milliarden Euro kosten. Die Fertigstellung verzögert sich womöglich bis 2037, also um neun Jahre.

"Söders Berliner Flughafen"

Für die Landtags-SPD ist klar, "die zweite Stammstrecke wird zu Söders Berliner Flughafen". Der Ministerpräsident müsse dem Landtag erklären, warum er den Brief des Bauministeriums "ignorierte und vor der Öffentlichkeit geheim hielt", verlangt SPD-Fraktionschef Florian von Brunn. Und argwöhnt: "Hatte das Stillschweigen etwas mit Söders Kanzlerkandidatur und der Konkurrenz mit Armin Laschet zu tun?"

Diesen Verdacht hegt auch der FDP-Abgeordnete Sebastian Körber: Die bayerische Staatsregierung habe Fakten verschwiegen und auf Zeit gespielt. "Wollte sie Söders Kanzlerambitionen durch schlechte Presse nicht gefährden?", stichelt der Vorsitzende des Landtags-Verkehrsausschusses.

Schreyers Nachfolger, der neue Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU), fährt am Mittwoch nach Berlin: Er will sich von Bundesverkehrsminister Volker Wissing bestätigen lassen, dass der Bund sich wie verabredet anteilig an den Baukosten beteiligt. Der FDP-Politiker Wissing hatte am Wochenende in der Süddeutschen Zeitung zugesichert, der Bund zahle 60 Prozent der Kosten – sofern "sichergestellt ist, dass da am Ende keine Bauruine steht". Einen Baustopp hatte Ministerpräsident Söder unlängst abgelehnt.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!