Ursprünglich wollte die Kommission schon Mitte März über die Klage entscheiden. Bereits Ende Januar war die damalige Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) nach Brüssel einbestellt worden, weil Deutschland genau wie zahlreiche andere EU-Staaten seit vielen Jahren die vereinbarten Luftreinhaltungs-Werte nicht einhält: Insgesamt 70 deutsche Städte, musste Hendricks eingestehen, hätten im vergangenen Jahr gegen die - übrigens selbstgesteckten - Stickoxid-Werte verstoßen. Nach dem Treffen hatte Brüssel den Abgas-Sündern Zeit gegeben, neue Informationen und Vorschläge einzureichen.
Es könnte teuer werden für Deutschland
Sollte Deutschland wirklich verurteilt werden, könnte es teuer werden: Die EU-Richter könnten die Bundesrepublik zu täglichen Strafzahlungen verdonnern. Alternativ könnten die Regierungen der Länder wirksame Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität ergreifen, also etwa Fahrverbote. Am Pranger stehen wegen der schlechten Luftqualität auch Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien.
EU-Grenzwerte missachtet
Bei der Klage geht es um die Missachtung von EU-Grenzwerten für Stickoxide, die bereits seit 2010 verbindlich für alle EU-Staaten sind. Auch 2017 wurden sie jedoch in 66 deutschen Städten überschritten, in 20 Kommunen sehr deutlich. Verantwortlich gemacht werden vor allem Dieselautos, deren Zahl jahrelang stark zunahm. Nach dem Dieselskandal wurde deutlich, dass sie im Verkehr auch viel mehr Schadstoffe ausstoßen als in Tests.
Die Kommission hatte schon 2015 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland und andere Länder eingeleitet und die Regierungen immer wieder ermahnt. Die Bundesregierung steuerte unter anderem mit ihrem «Sofortprogramm für saubere Luft» nach. Beim Diesel-Gipfel 2017 versprach die Autoindustrie zudem Software-Updates für Dieselautos, die Schadstoff-Emissionen um 25 bis 30 Prozent drücken sollen. Dennoch gelang es nicht, kurzfristig die Grenzwerte einzuhalten.