Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder hat nach eigenen Angaben schon vor längerer Zeit auf die Nominierung für den Aufsichtsrat des russischen Energiekonzerns Gazprom verzichtet. Eine entsprechende Erklärung Schröders auf dem Online-Portal "Linkedin" wurde der dpa aus dem Umfeld des Altkanzlers bestätigt.
Der russische Energieriese hatte Schröder Anfang Februar - kurz vor dem russischen Angriff auf die Ukraine - für einen Aufsichtsratsposten vorgeschlagen und diese Nominierung heute noch einmal bekräftigt. Anlass war eine weitere Nominierung für den Vorstand - die von Landwirtschaftsminister Dmitry Patruschew.
Bislang ist Schröder unter anderem für die Gazprom-Tochtergesellschaften Nord Stream und Nord Stream 2 als Lobbyist tätig. Die Hauptversammlung ist für den 30. Juni geplant. Der Altkanzler hatte zuletzt auch seinen Aufsichtsratsposten beim russischen Energiekonzern Rosneft niedergelegt.
Wachsender Druck auch aus der SPD
Schröder, der seit seiner Zeit als Kanzler (1998 bis 2005) eng mit Russlands Präsident Wladimir Putin befreundet ist, steht in Deutschland wegen der Posten parteiübergreifend in der Kritik: es sei inakzeptabel, hoch dotierte Posten in russischen Staatsunternehmen zu besetzen, während die EU mit Sanktionen versucht, die Wirtschaft des Aggressors zu treffen.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte Schröder nach seiner Entscheidung zu Rosneft dazu aufgefordert, weitere Tätigkeiten für Unternehmen aus dem Land einzustellen. Vier SPD-Verbände haben ein Parteiausschlussverfahren beantragt.
Wegen seines Russland-Engagements verlor Schröder vor kurzem auch die Privilegien, die Altkanzlern bislang zur Verfügung standen. Der Haushaltausschuss des Bundestages beschloss vergangene Woche, dass das Büro des 78-Jährigen mit zuletzt vier Beschäftigten abgewickelt wird. Das Europaparlament will Schröder zudem auf die Sanktionsliste gegen Oligarchen setzen.
Schröder: "Habe nur deutsche Interessen vertreten"
Zwei Monate nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine hatte die New York Times im April ein Interview mit Schröder veröffentlicht. Darin hatte dieser deutlich gemacht, dass er weiter bereit ist, diesen guten Draht zur Vermittlung zwischen Russland und der Ukraine zu nutzen.
"Ich habe immer deutsche Interessen vertreten. Ich tue, was ich kann. Wenigstens eine Seite vertraut mir" Gerhard Schröder in der New York Times
Schröder war im März auch nach Moskau gereist, um mit Putin zu sprechen.
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