Die katholische Kirche ist einer der größten Arbeitgeber in Deutschland: Eine Dreiviertelmillion Menschen sind hierzulande bei katholischen Einrichtungen angestellt, die meisten bei der Caritas, viele in Schulen, Krankenhäusern, Kindergärten, Sozialstationen, Kultureinrichtungen oder Pfarrgemeinden. Ihre Arbeit gehört zum Kern des kirchlichen Auftrags. Auch Menschen, die der Kirche fernstehen, finden diese Arbeit meist gut und wichtig.
Arbeitsrecht: Kirche schaut ins Schlafzimmer ihrer Angestellten
Doch ein Aspekt dieses weithin geschätzten Teils kirchlichen Wirkens war immer wieder Anlass für Skandale und Aufreger. Denn bislang verknüpft die Kirche das Angestelltenverhältnis mit bestimmten Pflichten, die weit über das hinausgehen, was ein normaler Arbeitgeber von seinen Arbeitnehmern verlangen kann. So schaut die Kirche zum Beispiel genau auf das Liebes- und Privatleben ihrer Angestellten.
Die entsprechenden Auflagen führten dazu, dass sich viele kirchliche Angestellte in einer Doppelmoral einrichteten: Hier wurde eine homosexuelle Partnerschaft heimlich gelebt, da blieb es bei einer zweiten "wilden" Ehe ohne standesamtliche Trauung. Und wenn es dann doch "herauskam", reagierte der kirchliche Arbeitgeber oft mit einer Kündigung.
Bischöfe wollen Arbeitsrecht reformieren
Doch ab Februar dieses Jahres setzte bei vielen Bischöfen ein Umdenken ein. Nachdem die Initiative #OutInChurch auf die prekäre Beschäftigungssituation queerer Mitarbeitender in der katholischen Kirche aufmerksam gemacht hatte, versicherte Bistum für Bistum: Bei uns haben sie nichts zu befürchten.
Manch einer sah in diesen Aussagen nur heiße Luft, sprach von Lippenbekenntnissen. Doch die neue "Grundordnung des kirchlichen Dienstes", wie das Arbeitsrecht offiziell heißt, könnte vielerorts nun für Rechtssicherheit sorgen – wenn sich die 27 deutschen Ortsbischöfe bei ihrem Treffen in Würzburg am Montag und Dienstag wirklich darauf einigen.
Queere Mitarbeitende hoffen auf Ende von Diskriminierung
Das hofft – neben vielen anderen – Michael Brinkschröder, ein Unterstützer von #OutInChurch. Im Interview mit BR24 wünscht er sich einen Diskriminierungs- und Kündigungsschutz für queere Mitarbeitende, zum Beispiel, wenn homosexuelle Paare heiraten oder Transpersonen ihr Coming-out haben und dann in ihrer eigenen Geschlechtsidentität leben.
Doch ob alle Bischöfe zu so weitreichenden Änderungen bereit sind, ist keineswegs sicher. Schon beim Synodalen Weg, einem Gesprächsformat der Kirche über mögliche Reformen, zeigten sich große Spannungen, teils sogar Verwerfungen zwischen den Kirchenfürsten. Es könnte sein, dass einige von ihnen nur Lockerungen bei wiederverheirateten Geschiedenen und aus der Kirche Ausgetretenen befürworten. Das wäre laut Brinkschröder jedoch "definitiv zu wenig": "Das würde bedeuten, dass die Kirche weiterhin diskriminiert in ihrem Arbeitsrecht." Der christliche Glaube sei inklusiv und lade alle ein, so Brinkschröder. Somit würde die Kirche weiterhin gegen ihren eigenen Glauben handeln.
Die große Frage: Wie weit wird die Reform gehen?
Wie groß die Reform am Ende wird, ist noch nicht sicher. Dass es Änderungen geben wird, hingegen schon. Denn vor Gericht bekam die Kirche immer seltener Recht, wenn gekündigte Mitarbeiter klagten – insbesondere dann, wenn die Fälle bis vor europäische Instanzen gingen. Nicht zuletzt treibt viele in Zeiten eines zunehmenden Fachkräftemangels auch die Sorge um, wie man in einer immer säkulareren Welt mit solch hohen Anforderungen noch genügend Arbeitskräfte finden kann. Und auch beim deutschen Reformprojekt Synodaler Weg findet das Ansinnen, die Kirche solle als Arbeitgeber nicht ihre Nase in die Schlafzimmer ihrer Angestellten stecken, breite Mehrheiten. Offiziell fordert der Synodale Weg, dass "der persönliche Familienstand (...) keine Relevanz für die Anstellung oder die Weiterbeschäftigung im kirchlichen Dienst haben" dürfe.
Mit Informationen der KNA
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