Das Wort "nett" kann ein politisches Todesurteil sein. Es kann aber auch Karrieren befördern - besonders derjenigen, die anfangs zögern und gnadenlos unterschätzt werden. Armin Laschet ist auf den ersten Blick ein netter Mann. CSU-Chef Markus Söder nennt ihn "humorvoll, heimatbewusst und einfach sehr lebensfroh".
Armin Laschet hat es bis an die Spitze Nordrhein-Westfalens, dann an die Spitze der CDU geschafft. Schließlich rief die Union doch ihn und nicht Markus Söder zum Kanzlerkandidaten aus. Dabei ist klar: Wer bis ganz nach oben will, kann nicht nur nett sein.
Katholisch, liberal, rheinisch
Armin Laschet wird am 18. Februar 1961 geboren. Er wächst in einem katholisch geprägten Elternhaus in Aachen auf. Sein Vater war Bergmann. Bei seiner Bewerbungsrede für den CDU-Vorsitz im Januar 2021 hält Laschet die Erkennungsmarke seines Vaters in der Hand. Seine Botschaft lautet: 1.000 Meter unter Tage sind alle Menschen gleich, da muss man sich aufeinander verlassen können.
Mit 18 tritt er in die CDU ein. In einer Biografie über Laschet steht, die Kumpels hätten ihn lange davon überzeugen müssen. (Tobias Blasius/Moritz Küpper: "Der Machtmenschliche") Eine Karriere in der Politik strebt Laschet nicht zielstrebig an. Zunächst einmal ist er enttäuscht, dass er nicht in seiner Heimat, sondern im fernen München einen Studienplatz bekommt.
Jura-Studium in München, Mitarbeit beim BR
Armin Laschet studiert zunächst in München Jura, er ist Mitglied der katholischen Studentenverbindung Aenania. Die Verbindung gilt als sehr konservativ. Laschet wird auch später Leute aus dieser Richtung an sich binden, als er nach außen längst als Liberaler auftritt. Der Düsseldorfer Staatskanzleichef Nathanael Liminski ist ein Beispiel dafür: Er vertritt erzkatholisch-konservative Positionen.
Seine journalistische Ausbildung macht Armin Laschet beim Lokalradiosender Charivari in München. Auch beim Bayerischen Rundfunk schnuppert er als Hospitant rein. Später wird Laschet Chefredakteur der Kirchenzeitung für das Bistum Aachen.
Integrationsminister und christliches Menschenbild
Nach seinem Studium, das er nicht mit dem zweiten juristischen Staatsexamen abschließt, wird Laschet Stadtrat in Aachen. Seine Zeit als Bundestagsabgeordneter endet nach vier Jahren bereits wieder, weil die SPD-Kandidatin aus Aachen und spätere Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt das Direktmandat gewinnt. Danach wird Laschet Europaabgeordneter.
Im Jahr 2005 ernennt ihn NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers zu Deutschlands erstem Integrationsminister. Laschet bescheinigt Deutschland eine "multikulturelle Gesellschaft". Daraufhin nennen ihn seine eigenen Parteifreunde "Türken-Armin". Die CDU ist sichtlich noch nicht bereit für solche Äußerungen. In anderen Gesellschaftsfragen ist Laschet nicht so liberal. Die Gleichstellung von homosexuellen Paaren im Steuer- und Familienrecht lehnt er ab.
- Zur Übersicht: Bundestagswahl 2021-Das fordert die Union
Verloren gegen Röttgen, gewonnen gegen Merz
Armin Laschet zögert im Frühjahr 2020, ob er für das Amt des CDU-Vorsitzenden wirklich seinen Hut in den Ring werfen soll. Seine Konkurrenten Friedrich Merz und Norbert Röttgen werden es ihm nicht leicht machen, das weiß er. Die Auseinandersetzungen von Merz mit Annegret Kramp-Karrenbauer und Angela Merkel konnte er von der Seitenlinie aus beobachten.
Den Kampf mit Norbert Röttgen kennt er aus Nordrhein-Westfalen. 2010 wollten beide CDU-Landeschefs werden. Röttgen setzt sich durch, verliert aber danach die Landtagswahl. 2012 übernimmt Laschet die Landes-CDU. Im parteiinternen Wettbewerb um den Vorsitz der Bundes-CDU verteilt Laschet giftige Spitzen gegen Röttgen. Der sonst so freundlich wirkende Mann ist dann gar nicht mehr nett.
Konkurrenz zu Markus Söder schwächt Laschet
Das Jahr 2021 beginnt für Armin Laschet, so wie es aufgehört hat. Mit Sätzen von Kommentatoren und Beobachtern, die wie eine Ohrfeige für den Politiker mit den stets gut versteckten Ambitionen klingen. "Eigentlich müsste es doch der Söder machen." "Der Söder hat viel bessere Umfragewerte." "Das bessere Händchen in der Pandemiebekämpfung hatte doch der Söder." Laschet nerven solche Aussagen. Die direkte Konkurrenz zum CSU-Chef lässt ihn schwächer erscheinen.
Laschet wird nach einem langen Ringen Kanzlerkandidat. Markus Söder hat nicht genügend schwergewichtige Unterstützer in der CDU gefunden. Aus der zweiten und dritten Reihe riefen viele nach dem bayerischen Ministerpräsidenten, auch weil Söder als durchsetzungsfähiger gilt. Der Kampf um die Kanzlerkandidatur wird Laschet im Wahlkampf schwächen.
Im Wahlkampf geht die Kurve steil nach unten
Es läuft von Anfang an nicht rund. Laschet macht Fehler, wirkt fahrig und mitunter unwirsch. Inmitten der schlimmsten Hochwasserkatastrophe, die sein Bundesland NRW je heimgesucht hat, tritt Laschet auf, als sei er fehl am Platz. Er lacht im Hintergrund, als Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier über die Flutopfer spricht. Laschet bedauert das aus vollem Herzen, rückgängig machen kann er die Häme im Netz nicht: #lassetLaschet lautet der Hashtag.
Dazu kommen die Umfragen. Kontinuierlich sinken die Beliebtheitswerte von Armin Laschet ab. Er stand ohnehin immer weiter unten als SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz. Im Deutschlandtrend von September würden nur noch 16 Prozent Armin Laschet direkt zum Kanzler wählen. Olaf Scholz klettert auf 43 Prozent. Gleichzeitig verliert die Union an Zustimmung. Sie liegt nun bei allen Umfrageinstituten hinter der SPD.
Für Überraschungen gut
Wer in die Vergangenheit blickt, darf die Wahl für die Union noch nicht verloren geben. Denn Armin Laschet kann Stimmungen auch drehen. Zumindest ist es ihm einmal spektakulär gelungen. Selbst in der CDU trauten Laschet im Mai 2017 viele einen Wahlsieg gegen Hannelore Kraft von der SPD nicht zu. Die Umfragen hatten es auch nicht vorausgesehen. Dennoch wurde Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen abgewählt. Laschets erste Reaktion: Der Titel Ministerpräsident klinge "noch ein bisschen ungewohnt".
Weitere Porträts zu Spitzenkandidaten der Bundestagswahl 2021
- Olaf Scholz (SPD)
- Tino Chrupalla (AfD)
- Alice Weidel (AfD)
- Christian Lindner (FDP)
- Dietmar Bartsch (Die Linke)
- Janine Wissler (Die Linke)
- Annalena Baerbock (Bündnis 90/ Die Grünen)
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