Die Europäische Union will sich nicht mit kleinen Sanktionsschritten gegen Belarus zufriedengeben. Das unterstrich Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) bei einem informellen Treffen des EU-Ministerrats in Lissabon. Das Verhalten von Machthaber Lukaschenko sei inakzeptabel. Das Ziel müsse daher lauten, "dass wir die Wirtschafsstruktur und den Zahlungsverkehr in Belarus mit Sanktionen ganz erheblich belegen wollen, so dass es auch Auswirkungen hat."
EU fordert die Freilassung von mehr als 400 politischen Gefangenen
Auswirkungen auf die mehr als 400 politischen Gefangenen beispielsweise, die in Belarus und damit in direkter Nachbarschaft zur EU in Haft sitzen. Außenminister Maas forderte deren umgehende Freilassung. "Solange das nicht der Fall ist, kann es bei der Europäischen Union auch kein Nachlassen geben, wenn es darum geht, neue Sanktionen auf den Weg zu bringen." Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte zuvor die grundsätzliche Rückkehr auf einen "demokratischen Kurs" verlangt.
Schon am Montag hatte der Gipfel der Staats- und Regierungschefs erste Maßnahmen wegen der erzwungenen Landung einer Ryanair-Maschine und der anschließenden Verhaftung des Oppositionellen Roman Protasewitsch auf den Weg gebracht. Seither sind der Luftraum und die Flughäfen der EU für belarussische Airlines gesperrt, umgekehrt fliegen auch EU-Fluggesellschaften Belarus nicht mehr an. Der Rat der Außenminister wurde mit der Umsetzung weiterer Sanktionen beauftragt.
Weitere Sanktionen: Kalisalz und Gaspipelines mögliche Punkte
Der Rat der Außenminister wurde mit der Umsetzung weiterer Sanktionen beauftragt. Geht es nach Außenminister Maas, sollen diese schon "in den nächsten Tagen" umgesetzt werden. Sollten diese nicht zum Einlenken Lukaschenkos führen, stehe die EU erst am "Beginn einer großen und langen Sanktionsspirale" mit der früheren Sowjetrepublik.
Mehrere EU-Spitzenpolitiker, darunter auch der Außenbeauftragte Josep Borrell, haben als mögliche Bereiche für die Wirtschaftssanktionen die belarussischen Kalisalz-Exporte und die Verteilung von Gasexporten aus Russland genannt.
Gegenüber der Nachrichtenagentur AFP sagte Borrell: "Ich glaube, das würde diesem Lukaschenko sehr weh tun." Schließlich zähle Belarus zu den weltweit größten Lieferanten von Kalisalz, einem wichtigen Bestandteil bei der Herstellung von Düngemittel. Russisches Gas wiederum könne auch durch andere Pipelines befördert werden – vorbei an Belarus, das laut Borrell auf "nicht unerheblich" Durchleitungsentgelte verzichten müsste.
Das bestätigte abschließend auch Außenminister Maas. Zusätzliche Sanktionen sollen außerdem gegen direkt an der Zwangslandung beteiligte Personen verhängt werden. "Das liegt alles auf dem Tisch", so Maas, "und ich bin zuversichtlich, dass wir das auch sehr sehr zügig beschlossen bekommen."
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