Es ist nicht leicht, sich ein komplettes Bild von der Lage in Bachmut zu machen. Dabei helfen in der Ukraine die sozialen Netzwerke. "Bakhmut Holds", heißt es seit Monaten jeden Tag auf dem Twitter-Account Warmonitor. Für viele Ukrainer ist es eine beruhigende Nachricht. Auch gestern standen dort wieder die beiden Worte. Die Frage ist, wie lange noch?
Selenskyj räumt schwierige Lage ein
Der Name Bachmut hat längst hohe Symbolkraft. Die Stadt ist seit über einem halben Jahr heftig umkämpft. Beide Lager kamen über Monate kaum voran. Die Kämpfe erinnerten viele an den Stellungskrieg im Ersten Weltkrieg.
Jetzt verändert sich die Lage. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte schon am Montag eingeräumt, dass die Lage in Bachmut immer schwieriger werde. In seiner nächtlichen Videoansprache sagte er jetzt: "Wir befassen uns ausführlich mit der Situation an jeder der Frontlinien. Am schwierigsten sind nach wie vor Bachmut und die Schlachten, die für die Verteidigung der Stadt wichtig sind. Ich danke allen ukrainischen Soldaten, die trotz dieses wahnsinnigen Drucks der Besatzer unsere Stellungen verteidigen und die russische Armee vernichten."
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Bachmut offenbar fast eingekesselt
Auch der Sprecher des Generalstabs zeichnet in seinem heutigen Lagebericht ein düsteres Bild. "Der Feind rückt weiter in Richtung Bachmut vor, er hört nicht auf, die Stadt zu stürmen", sagt er.
Übereinstimmenden Berichten zufolge haben die Russen Bachmut von Norden, Osten und Süden her fast eingekesselt. Derzeit gibt es offenbar nur noch eine Straße, über die sich die ukrainische Armee zurückziehen kann.
Wladislaw Selesnjow ist ukrainischer Oberst im Ruhestand: "Die Situation in Bachmut ist durchaus kritisch. Neben der Tatsache, dass die Kämpfe de facto von drei Seiten geführt werden, ist davon auszugehen, dass fast alle Verbindungswege zwischen Bachmut und dem Rest des Landes unter Beschuss der russischen Armee stehen."
Russische Eliteeinheiten greifen an
Die russischen Truppen nehmen seit Wochen hohe Verluste in Kauf um voranzukommen und konzentrieren sich ganz auf Bachmut. Wladislaw Selesnjow berichtet: "Tatsächlich gibt es dort immer mehr russische Soldaten. Außerdem kämpfen dort Eliteeinheiten von Putins Armee, russische Fallschirmjäger, Eliteeinheiten der Söldnertruppe Wagner. Sie haben Unterstützung von ihren Artillerieeinheiten. Die Initiative auf dem Schlachtfeld hat momentan die russische Armee."
Es wird also immer enger. Die Ukrainer haben bisher versucht, die Stellung zu halten. Zum einen, um russische Truppen in Bachmut zu binden und ihnen hohe Verluste zuzufügen. Zum anderen, um strategisch wichtige Verkehrswege für die Russen zu blockieren. Es ist offen, wie lange das noch gelingen kann.
Schickt Kiew Verstärkung nach Bachmut?
Wie Selesnjow rechnen viele in der Ukraine mit einem baldigen Abzug. Um so größer ist das Aufsehen über eine Meldung, die heute auf ukrainischen Nachrichtenportalen zu lesen ist. Demnach sollen sogar mehr Soldaten nach Bachmut geschickt werden. Das habe der Befehlshaber der ukrainischen Landstreitkräfte so entschieden. Ob er das wirklich beabsichtigt, ist freilich unklar.
Es könnte sich auch um ein Ablenkungsmanöver handeln. Die beiden Worte "Bakhmut Holds" dürften auch heute wieder auf dem Twitter-Account zu lesen sein. Ob das aber auch noch in drei Wochen der Fall sein wird, darauf würden hier viele wohl derzeit eher nicht wetten.
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