Drei Monate nach dem Angriff der Hamas auf Israel ist Außenministerin Baerbock zu einem weiteren Besuch im Nahen Osten eingetroffen.
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Drei Monate nach dem Angriff der Hamas auf Israel ist Außenministerin Baerbock zu einem weiteren Besuch im Nahen Osten eingetroffen.

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Baerbock in Nahost: "Israel muss Zivilisten besser schützen"

Drei Monate nach dem Angriff der Hamas auf Israel versucht Außenministerin Baerbock erneut, im Nahen Osten zu vermitteln. Ziel ist, eine Ausweitung des Krieges zu verhindern - und die Zwei-Staaten-Lösung wieder auf die Agenda zu setzen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Am ersten Tag ihrer Nahost-Reise hat Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) Israel zur Mäßigung beim Militäreinsatz im Gazastreifen aufgerufen. "Das Leid vieler unschuldiger Beteiligter kann so nicht weitergehen, wir brauchen eine weniger intensive Operationsführung", sagte Baerbock am Sonntag nach Unterredungen mit Außenminister Israel Katz und Präsident Isaac Herzog in Jerusalem.

Baerbock: "Gaza gehört den Palästinensern"

"Es wird immer klarer: Die israelische Armee muss mehr tun, um die Zivilistinnen und Zivilisten in Gaza zu schützen", sagte Baerbock. "Sie muss Wege finden, Hamas zu bekämpfen, ohne dass so viele palästinensische Menschen Schaden erleiden."

Die Außenministerin warnte zugleich vor Gedankenspielen zu einer Vertreibung der Palästinenser aus dem Gazastreifen, wie sie kürzlich von ultrarechten israelischen Ministern geäußert worden waren. Es sei "unumstößlich: Gaza gehört den Palästinensern", sagte Baerbock. "Sie dürfen aus Gaza nicht vertrieben werden."

Baerbock sichert Israel Solidarität Deutschlands zu

Zugleich versicherte Baerbock der israelischen Regierung die tatkräftige Solidarität Deutschlands. In ihren Gesprächen habe sie "erneut versichert: Ihr Land kann auf unsere Solidarität im Kampf gegen den blinden Terror, der Israel von der Landkarte ausradieren möchte, fest bauen". Israel könne "sicher sein: Das legitime Selbstverteidigungsrecht Israels im Rahmen des humanitären Völkerrechts verteidigt Deutschland international überall."

In den vergangenen drei Monaten starben im Gazastreifen nach palästinensischen Angaben bereits über 22.800 Menschen. Die Zahlen lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Bei vergangenen Konflikten erwiesen sich die Angaben im Nachhinein aber als verlässlich, die Vereinten Nationen übernehmen sie. Mehr als 58.400 Menschen wurden demnach bislang verletzt. Hilfsorganisationen gehen davon aus, dass jedes dritte Opfer ein Kind ist. Auf der anderen Seite feuern Hamas im Süden und die Hisbollah im Norden unentwegt Raketen auf Israel. Auslöser des Gaza-Kriegs war die verheerende Terrorattacke der islamistischen Hamas und anderer extremistischer Palästinensergruppen am 7. Oktober. Sie ermordeten mehr als 1.200 Menschen.

Baerbocks favorisierte Zwei-Staaten-Lösung in weiter Ferne

An die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas appellierte Baerbock, die Angriffe auf Israel einzustellen und alle Geiseln freizulassen. "Wenn Hamas diesen sinnlosen Kampf nicht fanatisch fortsetzen würde, wäre der Krieg schon längst vorbei", sagte Baerbock.

Die Ministerin forderte die israelische Regierung auch auf, konstruktive Pläne für die Zeit nach dem aktuellen Militäreinsatz im Gazastreifen auszuarbeiten. Sie habe in ihren Gesprächen mit Katz und Herzog "deutlich gesagt: Wie die israelische Regierung diesen Krieg führt, wie die israelische Regierung an das Danach denkt, wie die israelische Regierung auch das Leid der Palästinenser sieht, berührt Israels eigene Sicherheit."

Bereits vor der Ankunft in Israel warb Baerbock dafür, den jahrzehntelangen Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern durch eine Zwei-Staaten-Lösung beizulegen - also durch die Einrichtung eines eigenen Palästinenserstaats an der Seite Israels. "So entfernt dies gerade auch scheinen mag: Israelis und Palästinenser werden nur Seite an Seite in Frieden leben können, wenn die Sicherheit des Einen die Sicherheit des Anderen bedeutet", erklärte Baerbock. Dies werde "nur gelingen, wenn jeder das Leid des Anderen sieht", fuhr sie fort. "Es ist unsere Aufgabe, auf dem Weg hin zu einer Zwei-Staaten-Lösung nichts unversucht zu lassen."

Katz dankt Baerbock für Unterstützung

Bei Baerbocks Treffen mit Israels Außenminister Katz dankte dieser für die deutsche Unterstützung und den Einsatz für die Freilassung von Geiseln im Gazastreifen, wie sein Büro am Sonntagabend mitteilte. Dies gelte auch für regionale Bemühungen um eine Entfernung der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah von der Grenze mit Israel, hieß es in der Stellungnahme. An dem Treffen nahmen auch Angehörige von Geiseln teil, die noch im Gazastreifen festgehalten werden.

In den kommenden Tagen sind weitere Stationen im palästinensischen Westjordanland, in Ägypten und im Libanon geplant.

Westen will weitere Eskalation verhindern

Baerbocks Besuch erfolgt im Kontext einer größeren diplomatischen Offensive des Westens, um eine Eskalation der Krise zu verhindern und Wege für eine Beilegung zu sondieren. Auch US-Außenminister Antony Blinken und der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell halten sich derzeit in der Region auf.

Baerbocks Israel-Besuch ist ihr vierter seit dem Großangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober. Die Außenministerin wies darauf hin, dass ihr Besuch exakt drei Monate nach dem Angriff der Hamas erfolgt: "Auf den Tag genau vor drei Monaten hat der Terror der Hamas unvorstellbares Leid über Kinder, Frauen, Männer in Nahost gebracht - in Israel und in Gaza", erklärte sie. Sie warf der Hamas vor, "sich feige hinter Hunderttausenden von Zivilisten zu verschanzen, die in völlig verzweifelter Lage Schutz suchen, den es nicht gibt".

Die Außenministerin zeigte sich besorgt, dass die Gefahr eines regionalen Flächenbrands noch nicht gebannt sei - gerade auch wegen des aggressiven Gebarens zweier mit Iran verbündeter, israelfeindlicher Milizen im Libanon und im Jemen: "Die Lage in Nahost ist brandgefährlich mit Raketen aus zwei weiteren Richtungen: denen der Hisbollah und denen der Huthis", warnte Baerbock. Diese Bedrohung mache eine diplomatische Lösung umso dringlicher.

Karte: Übersicht Israel und angrenzende Länder

Mit Informationen von AFP

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