Außenministerin Annalena Baerbock sieht Fortschritte, aber noch kein Ende im weltweiten Kampf gegen die Todesstrafe. "Glücklicherweise sind die Länder, die immer noch ihre eigenen Bürger hinrichten, eine abnehmende Minderheit", sagte die Grünen-Politikerin in Berlin beim 8. Weltkongress gegen die Todesstrafe. Fast 100 Staaten hätten die Todesstrafe in den vergangenen 50 Jahren abgeschafft, einige davon in jüngster Zeit.
Todesstrafe als Unterdrückungsinstrument
Baerbock machte zugleich deutlich, dass der Kampf gegen die Todesstrafe fortgesetzt werden müsse. In mehr als 50 Staaten werde sie noch vollzogen – nicht nur, um damit schwere Verbrechen zu bestrafen. Sie beobachte "mit großer Sorge", wie diese Strafform in autoritären Staaten immer mehr als Unterdrückungsinstrument missbraucht werde, "um Andersdenkende einzuschüchtern" – etwa im Iran. Die Ministerin verwies in ihrer Rede darauf, dass dort vor wenigen Tagen erstmals ein Todesurteil im Zusammenhang mit den Protesten gegen die Führung des Landes verhängt wurde. Außerdem würde das Regime weiteren Demonstranten mit der Todesstrafe drohen.
Im Sender Welt TV sagte Baerbock zudem, der Kongress sei "auch ein Zeichen an die iranische Führung, dass wir mit Blick auf die Todesurteile, die dort gerade ausgesprochen werden, genauestens hinschauen".
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Amnesty International: Viele Hinrichtungen im Iran und in China
Der Iran exekutiert laut Amnesty International jedes Jahr Hunderte Menschen. Das treffe auch Angehörige der LGBTI-Bewegung - allein dafür, wen sie lieben wollten. China veröffentliche keine Zahlen, Menschenrechtsorganisationen schätzten jedoch, dass es dort jedes Jahr Tausende Hinrichtungen gibt.
Baerbock: Nicht Gleiches mit Gleichem vergelten
In Staaten, in denen die Todesstrafe nach wie vor angewandt werde, werde dies oft von der öffentlichen Meinung unterstützt, sagte Baerbock. "Wir verstehen alle den Schmerz von Frauen und Männern, die Opfer schrecklicher Verbrechen geworden sind." Der Wunsch, dass die Schuldigen bestraft werden, sei verständlich. Es sei dort schwierig, parlamentarische Mehrheiten gegen die Todesstrafe zu organisieren.
"Es ist keine Frage, dass schwere Verbrechen schwere Strafen zur Folge haben müssen", sagte die Ministerin. "Aber so schwer das Verbrechen und so tief der Schmerz auch ist, wir müssen nicht Gleiches mit Gleichem vergelten, müssen nicht Leben für Leben nehmen." Dies widerspreche unserem Verständnis von Humanität und Menschenwürde.
Buschmann: Gefahr von Justizirrtümern
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) wies zur Eröffnung des Kongresses die Argumente von Befürwortern der Todesstrafe zurück. "Die Todesstrafe ist grausam", sagte er. "Ihre Vollstreckung birgt immer die Gefahr von Justizirrtümern, die nicht wieder gut zu machen sind." Zudem sei der Nutzen der Todesstrafe "durch eine vermeintlich bessere Abschreckung im Vergleich zur Freiheitsstrafe nicht erwiesen".
Sierra Leone schaffte Todesstrafe ab
Eines der letzten Länder, das die Todesstrafe abschaffte, ist die westafrikanische Republik Sierra Leone. Deren Justizminister Mohamed Lamin Tarawalley sprach von einer "wegweisenden Entscheidung", die sein Land getroffen habe. "Durch das Festhalten an der Todesstrafe hält man seine Gegner in einem Zustand anhaltender Unterwerfung, das wollen wir nicht", sagte Tarawalley. Sambia und Liberia kündigten die baldige Abschaffung der Strafe an.
Baerbock dankte diesen Ländern für die "mutige Entscheidung". Sie beklagte zugleich, dass die Todesstrafe weiterhin "in Demokratien wie in Diktaturen" vollstreckt werde. Namentlich nannte sie neben dem Iran auch China, Belarus, die USA, Japan, Indonesien und Indien.
Abgesandte aus mehr als 125 Ländern
Der viertägige Kongress findet erstmals in Deutschland statt. Es nehmen Abgesandte aus mehr als 125 Ländern teil. Ausgerichtet wird die viertägige Veranstaltung von der Nichtregierungsorganisation Ensemble Contre la Peine de Mort - "Gemeinsam gegen die Todesstrafe".
Mit Informationen von AFP und dpa.
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