China hat sich beim Besuch von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock in Peking gegen jede ausländische Einmischung in Taiwan verwahrt. Nach einem Treffen mit der Grünen-Politikerin betonte ihr chinesischer Amtskollege Qin Gang vor der Presse, Taiwan sei Teil Chinas und "erlaubt keine Intervention von außen". Wenn andere Staaten den Ein-China-Grundsatz "wirklich respektieren", sollten sie die separatistischen Aktivitäten in Taiwan ablehnen. Die "ursprüngliche Wurzel der Probleme" seien die Unabhängigkeitsbestrebungen. China werde "keinen Zoll Territoriums preisgeben".
Baerbock besorgt über Spannungen um Taiwan
Baerbock äußerte ihre Sorge über die Spannungen um die demokratische Inselrepublik. Eine Destabilisierung hätte große Folgen, warnte die Außenministerin unter Hinweis darauf, dass 50 Prozent des globalen Handelsverkehrs durch die Meerenge der Taiwanstraße gingen. Die "Schockwelle dieser Wirtschaftskrise" würde auch China treffen. Eine militärische Eskalation um Taiwan wäre ein "Horrorszenario" für die gesamte Welt. "Konflikte dürfen nur friedlich gelöst werden." Baerbock bekräftigte die deutsche Ein-China-Politik, wonach Peking als einzig legitime Regierung Chinas anerkannt wird und keine diplomatischen Beziehungen zu Taiwan unterhalten werden. Baerbock betonte aber, eine gewaltsame Veränderung des Status quo sei nicht zu akzeptieren.
China betrachtet das 23 Millionen Einwohner zählende Taiwan als Teil der Volksrepublik und droht mit einer Eroberung. Die Insel hat allerdings seit mehr als 70 Jahren eine unabhängige Regierung. Die USA haben sich seit 1979 der Verteidigungsfähigkeit Taiwans verpflichtet, was bisher meist Waffenlieferungen bedeutete. Nach der Invasion Russlands in der Ukraine wächst die Sorge, dass China ähnlich gegen Taiwan vorgehen könnte, was zu einer Auseinandersetzung mit den USA eskalieren könnte. Auch hat Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping seine Rhetorik verstärkt.
China: Keine Waffenlieferungen an Konfliktparteien
Unterdessen versicherte Peking, Russland im Krieg gegen die Ukraine aktuell und auch künftig nicht mit Waffen zu unterstützen. "Wir liefern und werden ja auch später keine Waffen an Konfliktparteien liefern", sagte Außenminister Qin Gang. Zudem kontrolliere man den Export sogenannter Dual-Use-Güter, die zivil als auch militärisch verwendet werden können, entsprechend der Gesetzeslage. Chinas Rolle mit Blick auf die Ukraine bestehe darin, Versöhnung zu fördern und Friedensverhandlungen voranzubringen. "Wir werden nicht weiter Öl ins Feuer gießen", erklärte Qin Gang nach der offiziellen Übersetzung.
Baerbock: China soll auf Putin einwirken
Baerbock forderte China eindringlich auf, sich stärker als bisher beim russischen Präsidenten Wladimir Putin für ein Ende des Angriffskrieges in der Ukraine einzusetzen. Der Besuch von Präsident Xi Jinping in Moskau habe gezeigt, dass kein anderes Land mehr Einfluss auf Russland habe als China.
Mit den Rechten als ständiges Mitglied im Sicherheitsrat gehe für China auch eine besondere Verantwortung einher, mahnte Baerbock. Es sei gut, dass China signalisiert habe, sich hier für eine Lösung zu engagieren, sagte die Ministerin mit Blick auf ein im Westen kritisiertes Positionspapier Pekings für eine politische Lösung des Ukraine-Kriegs. "Aber ich muss offen sagen, dass ich mich frage, warum die chinesische Positionierung bisher nicht die Aufforderung an den Aggressor Russland beinhaltet, den Krieg zu stoppen. Wir alle wissen, Präsident Putin hätte jederzeit die Möglichkeit dazu."
Konservative SPD-Politiker fordern pragmatischere China-Politik
Der konservative Flügel der SPD fordert derweil eine pragmatischere China-Politik. Angesichts der Abhängigkeiten von der Volksrepublik müsse die Bundesregierung eine abgestimmte Strategie vorlegen, berichtete der "Spiegel" aus einem Thesenpapier des "Seeheimer Kreises", dem nach eigenen Angaben 93 Bundestagsabgeordnete angehören. Deutliche Kritik üben die konservativen Sozialdemokraten demnach an Baerbock und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne).
"Aktuell hangeln sich Baerbock und Habeck von Einzelfall zu Einzelfall", sagte der SPD-Abgeordnete Esra Limbacher dem Magazin. "Im Zentrum steht mehr die innenpolitische Symbolkraft getroffener Maßnahmen als eine weitsichtige Politik."
Mit 250 Milliarden Euro pro Jahr sei das deutsch-chinesische Handelsvolumen mehr als viermal so groß wie jenes mit Russland vor dem Ukraine-Krieg, heißt es dem Bericht zufolge weiter in dem Papier. "Ein abruptes Ende der Handelsbeziehungen mit China wäre ein ökonomisches Desaster", warnen die "Seeheimer" demnach.
Baerbock war am Donnerstag zunächst in der Hafenstadt Tianjin eingetroffen und am Freitag mit ihrem chinesischen Kollegen mit dem Schnellzug nach Peking weitergereist. Für Freitag und Samstag sind laut Auswärtigem Amt auch Gespräche mit dem ranghohen chinesischen Außenpolitiker Wang Yi und dem stellvertretenden Staatspräsidenten Han Zheng geplant.
- Zum Artikel: "Wie viel China braucht die Wirtschaft?"
Mit Informationen von dpa und AFP
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