Vor rund zehn Jahren, 2013, hatte Google sein Projekt "Loon" gestartet: Ballons sollten in entlegene, unterversorgte Gebiete geschickt werden, um die Menschen dort ans Internet anzubinden. Die Umsetzung der Idee hat sich Google viele Millionen Dollar kosten lassen. Am Ende, Anfang 2021, wurde das Projekt aber eingestellt. Kosten und Nutzen standen für das Unternehmen offenbar doch nicht im rechten Verhältnis.
Ballons lassen sich gut stabilisieren - auch in großen Höhen
Die Idee hinter "Loon" ist aber weiterhin nachvollziehbar. Denn Ballons können einiges, was etwa Satelliten nicht können. "Satellitenbilder sind häufig nur Momentaufnahmen", erklärt Peter Welchering von der WDR-Wissenschaftsredaktion: "Es ist schwierig, Satelliten so zu stabilisieren, dass sie viele Bilder über eine längere Zeit vom selben Ort machen." Genau das aber können Ballons - und zwar von großen Höhen aus.
Geheimdienst-Experten gehen davon aus, dass sich so ein Spähballon etwa 20 bis 30 Kilometer über dem Boden bewegen kann. Mit bloßem Auge wäre er dann kaum mehr erkennbar. Und er schwebt damit weit über Verkehrsflugzeugen, die bis etwa 12 Kilometer Höhe kommen. Mit einem Heißluftballon darf man so ein Spionage-Gerät erst gar nicht vergleichen: Sie sind in der Regel "nur" zwischen 300 und 3.000 Metern über der Erde unterwegs.
Der Vorteil der großen Höhe: Dort oben ist der Einfluss des Wettergeschehens gering. Es weht auch kaum noch Wind, damit ist gewährleistet, dass ein Spionage-Ballon von einem bestimmten Ort aus eine ganze Reihe von Aufnahmen machen kann.
Ballons können leicht übersehen werden
Aktuell sorgen die Sichtung und der Abschuss eines chinesischen Ballons über US-Gebiet für Aufregung. Die USA werfen China Spionage vor, was die Volksrepublik abstreitet. Dabei gibt es auch Spekulationen, wonach China in Sachen Satelliten-Aufklärung einfach noch nicht so weit ist wie zum Beispiel die Amerikaner oder die Briten. Der von den USA abgeschossene Ballon könnte also einfach nur ein Ersatz sein für modernere, ausgefeiltere Technologien.
William Kim, Experte für Überwachungsballons von der Denkfabrik "Marathon Initiative" in Washington, sieht das aber ganz anders. Gegenüber n-tv erklärte er, anders als Satelliten seien Ballons weitaus schwerer angreifbar. Zum einen seien sie per Radar kaum aufzuspüren, zum anderen sei ihre Nutzlast so gering, dass sie einfach leicht übersehen werden könnten.
Ballons liegen "weit unten in der Eskalationsstufe"
Christopher Nehring, Geheimdienstexperte und Gastdozent der Konrad-Adenauer-Stiftung, weist im WDR-Interview außerdem auf einen Umstand hin, den man dabei auch noch im Blick haben muss: "Mit Flugzeugen oder Drohnen den Luftraum zu verletzen, wäre hoch eskalativ."
Ein Ballon in großer Höhe könnte eben auch ein Ballon zur Forschung oder Wetterbeobachtung sein, was China im aktuellen Fall geltend macht. Dass dem nicht so ist, muss dann erstmal bewiesen werden. Und China kann solange von einer "offensichtlichen Überreaktion" sprechen.
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