Dass auch in der nächsten Legislaturperiode die CSU den bayerischen Ministerpräsidenten stellen wird und der wieder Markus Söder heißt, daran kann es aktuell kaum ernst zu nehmende Zweifel geben. Die Christsozialen liegen stabil bei 37 Prozent, können seit Jahresbeginn einen leichten Aufwärtstrend für sich verzeichnen. Gemeinsam mit den Freien Wählern hat die CSU aktuell wieder eine satte Mehrheit der Landtagssitze in Aussicht.
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CSU: Dort, wo sie vor vier Jahren stand
Dennoch dürfte dieser BayernTrend nicht für besonders große Euphorie im Lager der CSU sorgen. Denn die Christsozialen können die große Unzufriedenheit der Menschen mit der Ampel-Koalition in Berlin aktuell nicht wirklich in Zustimmung für sich ummünzen. Die Partei steht da, wo sie vor vier Jahren stand. Und auch die persönlichen Werte von Markus Söder sind nach dem surrealen Hoch in der Corona-Zeit wieder auf dem Niveau von 2018 angekommen.
Eine größere (Personal-)Debatte wird es nach diesem BayernTrend aber wohl nicht geben. Denn die 37 Prozent in dieser Umfrage haben aus Söders Sicht auch etwas Gutes: in Panik braucht deshalb niemand zu verfallen. Gleichzeitig ist der Wert aber auch nicht so gut, dass die CSU Gefahr laufen könnte übermütig oder zu siegessicher zu werden. Das diszipliniert.
Freie Wähler: Gewinner im BayernTrend
Dazu passt, dass es auch für die Freien Wähler – Stand jetzt – keinen Grund gibt Rabatz zu machen und den Konflikt mit der CSU zu suchen um sich gegen den großen Koalitionspartner zu profilieren. Bürgerliche Wähler mögen keinen Streit. Die populistischen Anflüge von Hubert Aiwanger scheinen beim Wahlvolk anzukommen. Die Umfragedelle der Corona-Hochphase scheint ausgemerzt. Die Freien Wähler verzeichnen das größte Plus in der Sonntagsfrage, genauso wie das größte Plus in Sachen Zufriedenheit mit der Partei und auch Hubert Aiwanger persönlich hat das größte Plus bei der Politikerzufriedenheit hinter seinem Namen.
Die FW dürfen sich deshalb als die Gewinner dieser Umfrage fühlen. Sie stabilisieren sich als kleiner Partner in der Koalition mit der CSU auf dem Niveau von 2018. Das Schicksal der FDP scheint ihnen erspart zu bleiben. 2013 marginalisierte die CSU ihren damaligen kleinen Koalitionspartner, und die Liberalen flogen hochkant aus dem Landtag.
- Zum Artikel: "Freie Wähler: 'Wollen Partner der CSU bleiben'"
FDP droht Desaster
Genau das droht der FDP nun wieder. Dabei scheinen die Liberalen in einer schier aussichtslosen Zwickmühle gefangen: Gehen die Liberalen weiter Kompromisse mit SPD und Grünen in Berlin ein, laufen ihnen die wirtschaftsliberalen, bürgerlichen Wählerinnen und Wähler davon (Stichwort: Atomkraft). Lässt die FDP die Koalition deshalb platzen, stürzt sie das Land ins Chaos. Und das in einer Zeit, in der Deutschland vor den vielleicht größten Herausforderungen der Nachkriegsgeschichte steht. Die FDP wäre wahrscheinlich für viele Menschen auf lange Zeit nicht mehr wählbar.
Für all das können Martin Hagen und die bayerische FDP nicht wirklich etwas. Und aus München kann man auch nicht wirklich etwas zur Lösung dieses Dilemmas beitragen. Die Konflikte der FDP in Berlin mit den beiden linken Ampel-Partnern schlagen mit voller Wucht in Bayern durch. Die bayerischen Liberalen punkten aber offenbar auch nicht mit ihrer Arbeit im Freistaat. Und nur zu sagen, Bayern sei nicht Berlin, wie es Martin Hagen nach der Landtagswahl in Niedersachsen bei BR24 formulierte, reicht da nicht. Es werden zwölf schwierige Monate für die Liberalen im Freistaat.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
SPD: Scholz-Effekt ist weg
Gleiches gilt für die SPD. Vom zwischenzeitlichen Hoch der Sozialdemokraten vor einem Jahr ist nichts mehr übrig. Damals lautete die Überschrift der Bayern-Trend-Analyse: "Genosse Trend marschiert wieder". Dieser Marsch ist definitiv gestoppt, der Scholz-Effekt weg und vielleicht verkehrt er sich aktuell sogar ins Gegenteil. Die Sozialdemokraten liegen wieder auf dem Niveau von 2018.
Genosse Trend zeigt aber mit minus vier Punkten steil nach unten. Der SPD droht die erneute Einstelligkeit. Keine guten Voraussetzungen für den Wahlkampf. Und den Spitzenkandidaten der SPD, Florian von Brunn, kennt kaum jemand in Bayern. Seine offensivere Interpretation der Oppositionsrolle scheint bei den Bayern nicht zu verfangen. Jüngstes Beispiel: Nach den Bahnausfällen in Norddeutschland schob der BayernSPD-Chef auf Twitter Ex-Verkehrsminister Andreas Scheuer die Schuld zu. Vorschnell wie sich zeigte, es war Sabotage und kein Versäumnis Scheuers, das zum Bahnchaos führte. Von Brunn löschte seinen Tweet. Ein Vorgeschmack auf den Wahlkampf?
Grüne ohne Regierungsperspektive in Bayern
Als einziger Ampelkoalitionär können die Grünen nach Verlusten im vergangenen BayernTrend wieder zulegen. Sie landen ebenfalls wieder auf dem Niveau von 2018. Das wird sie freuen, doch in die Freude mischt sich die Gewissheit: Es wird wohl wieder nichts mit dem Regieren in Bayern. Markus Söder hat ausgeschlossen, es mit den Grünen probieren zu wollen. Und eine andere Konstellation, etwa eine Bayern-Ampel, scheint nach den Zahlen undenkbar.
Spannend ist der Blick auf die Grüne Wählerschaft: Während in allen anderen politischen Lagern große Inflationssorgen herrschen, macht sich eine deutliche Mehrheit von 64 Prozent der Grünen Anhängerschaft wenig oder keine Sorgen darüber, dass die Preise so stark steigen. Ein weiteres Indiz dafür, wo die sogenannten "Besserverdienenden" inzwischen ihr Wahlkreuz machen.
AfD profitiert trotz interner Querelen
Die AfD sammelt derweil die Unzufriedenen und besorgten Menschen in Bayern ein. Sie wäre aktuell drittstärkste Kraft im Freistaat und das obwohl ihr bayerisches Spitzenpersonal weitgehend unbekannt ist und die Landtagsfraktion mehr mit internen Querelen Schlagzeilen macht als mit Inhalten. All das kann der AfD nichts anhaben. Es bestätigt sich: je schlechter es der Bevölkerung geht, desto besser für die AfD. Darauf müssen die anderen Parteien, die ja allesamt irgendwo in der Regierung sind (entweder im Land oder im Bund), bis zum Urnengang eine Antwort finden.
Im Freistaat nichts Neues?
Droht uns also ein langweiliger Landtagswahlkampf? Eines spricht dagegen: Die Grundstimmung ist in Bayern so schlecht wie noch nie seit 1998, dem Jahr des ersten BayernTrends. Noch nie waren die Menschen seither so verunsichert wie zurzeit: 64 Prozent der Befragten finden, die Verhältnisse im Freistaat gäben eher Anlass zur Beunruhigung. Nicht einmal jeder Dritte schaut zuversichtlich in die Zukunft. Es ist davon auszugehen, dass diese Stimmung noch eine Weile so bleibt. Wie sich das auf die Landtagswahl im kommenden Jahr auswirken wird, lässt sich kaum vorhersagen. Insofern: Es bleibt spannend!
Video: Die Analyse zum BR-BayernTrend bei BR24live
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