Die Verurteilung des Neonazis Stephan Ernst wegen Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke zu lebenslanger Freiheitsstrafe ist rechtskräftig. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt gegen den Hauptangeklagten bestätigt.
Auch das Urteil gegen den Mitangeklagten Markus H. wurde bestätigt. H. war lediglich zu einer Bewährungsstrafe wegen illegalen Waffenbesitzes verurteilt worden. Mit den BGH-Urteilen ist der Mordprozess abgeschlossen. (AZ: 3 StR 359/21)
Mord aus nächster Nähe
Das OLG hatte es als erwiesen angesehen, dass der heute 48-jährige Ernst den CDU-Politiker Lübcke am 1. Juni 2019 spätabends zu Hause auf dessen Terrasse aus nächster Nähe mit einem Kopfschuss getötet hatte. Er habe seinen Fremdenhass auf Lübcke projiziert, seit dieser auf einer Bürgerversammlung Jahre zuvor die Flüchtlingspolitik der Regierung Merkel aktiv unterstützt hatte.
Den Mitangeklagten Markus H., einen Freund von Ernst aus der rechten Szene, verurteilte das OLG zu einer anderthalbjährigen Bewährungsstrafe wegen eines Waffendelikts - aber nicht wie angeklagt wegen Beihilfe zum Mord an Lübcke. Er kam im Oktober 2020 frei.
"Keine Mängel" bei OLG-Urteilen
Gegen die Urteile des OLG hatten sowohl der Generalbundesanwalt als auch die beiden Beschuldigten sowie die Nebenklage Revision eingelegt, wobei sie jeweils auf unterschiedliche Feststellungen des Oberlandesgerichts abzielten.
Der BGH wies nun jedoch alle Revisionen zurück und bestätigte die Sprüche des OLG. "Alle Rechtsmittel bleiben ohne Erfolg", sagte der Vorsitzende Richter des dritten Strafsenats, Jürgen Schäfer. Es gebe "keine Mängel" in den von den Frankfurter Richtern getroffenen Feststellungen sowie Beweiswürdigungen.
- Zum Artikel "Bundesgerichtshof verhandelt über Revisionen im Mordfall Lübcke"
Revisionen gegen Schuld- und Freisprüche gescheitert
Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hatte Stephan Ernst im Januar 2021 zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt und die besondere Schwere der Schuld festgestellt. Dieses Urteil bestätigte der BGH. Eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren ist damit rechtlich zwar möglich, in der Praxis aber so gut wie ausgeschlossen.
Den wegen Beihilfe zum Mord mitangeklagten Markus H. hatte das OLG in diesem Punkt freigesprochen. Auch das beanstandete der BGH jetzt nicht. Der Vorsitzende Richter Schäfer sprach von einer "fehlerfreien Beweiswürdigung" des OLG - sowohl mit Blick auf die Schuldsprüche als auch auf die Freisprüche.
Bundesanwaltschaft wollte härtere Strafe für Mitangeklagten
Die Familie des CDU-Politikers und die Bundesanwaltschaft hatten vor allem die Entscheidung des Frankfurter Gerichts im Fall von Markus H. moniert. Aus ihrer Sicht spielte der heute 46-Jährige eine wesentlich zentralere Rolle bei dem Attentat. Er habe mit Ernst schießen geübt und ihn letztlich in seinem Willen zur Tat bestärkt. Die Hinterbliebenen halten ihn sogar für einen direkten Mittäter. Sie und die Bundesanwaltschaft hatten daher Revision eingelegt.
Freispruch wegen Angriff auf Asylbewerber
Neben dem Fall Lübcke ging es in dem Verfahren noch um einen Angriff auf einen irakischen Asylbewerber. Jemand hatte den Mann Anfang 2016 attackiert und ihm ein Messer in den Rücken gestochen. Die Bundesanwaltschaft hält Ernst auch hier für den Täter, konnte die OLG-Richter aber nicht überzeugen und nun auch den BGH nicht. Der Freispruch für Ernst wurde bestätigt. Das Opfer trat ebenfalls als Nebenkläger auf.
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