Das erste Statement des neuen Verteidigungsministers Boris Pistorius dürfte die Bundeswehr aufatmen lassen. Dem SPD-Politiker sei wichtig, die Soldatinnen und Soldaten eng in die anstehenden Veränderungsprozesse einzubinden, sie mitzunehmen. Wörtlich sagt Pistorius weiter: "Die Truppe kann sich darauf verlassen, dass ich mich – wann immer es nötig ist – vor sie stellen werden. Ich will die Bundeswehr stark machen, für die Zeit, die vor uns liegt."
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Innenminister in Niedersachsen - Mit 16 Jahren der SPD beigetreten
Viele in der Truppe und in der Öffentlichkeit fragen sich: Wer ist der Neue? Warum macht Bundeskanzler Olaf Scholz den 62-Jährigen zum Nachfolger von Christine Lambrecht? Einer der wichtigen Gründe dürfte sein, dass Scholz ihm vertraut. Der Kanzler bezeichnet ihn als Freund. Pistorius gilt als loyal, durchsetzungsstark und bringt langjährige Erfahrung in der Leitung eines Ministeriums mit. Seit 2013 ist er Innenminister in Niedersachsen.
Er kann auf eine klassische und bisher erfolgreiche Karriere als Berufspolitiker blicken: Schon mit 16 Jahren tritt er der SPD bei, in der Kommunalpolitik arbeitet er sich zum Oberbürgermeister seiner Heimatstadt Osnabrück hoch. Später folgt der Ruf in die Landespolitik. Pistorius gilt als pragmatisch und als ein Mann der klaren Sprache. Öffentliche Auseinandersetzungen, wie beispielsweise mit Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) in der Flüchtlingspolitik, scheute er in der Vergangenheit nicht.
Kein Verteidigungsexperte, aber für Sicherheitspolitik
Als Verteidigungsexperte ist Boris Pistorius bisher nicht aufgefallen. Dafür kenne sich der Niedersachse in der Sicherheitspolitik bestens aus, berichten Wegbegleiter. Und: Die Bundeswehr ist ihm wichtig. In seiner bisherigen Funktion habe er offen und eng mit der Truppe zusammengearbeitet, betonte Scholz am Rande einer Veranstaltung in Brandenburg.
Pistorius kann auf einen großen Stab im Ministerium zurückgreifen – mit vielen verschiedenen Experten. Oppositionspolitiker und Kommentatoren wünschten sich deshalb an der Spitze des Verteidigungsministeriums jemanden, der managen, führen und integrieren kann. Bundeskanzler Scholz ist sich sicher, dass Pistorius all das kann. Und: "Er hat die Ruhe und die Kraft, die man für so eine große Aufgabe braucht", erklärte der Kanzler.
Glückwünsche von Grünen und FDP, Kritik von der Union
Glückwünsche für die Neubesetzung kommen von den Ampelparteien Grüne und FDP. Die Union zeigt dagegen wenig Begeisterung. Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Johann Wadephul, meinte, dass der Bundeskanzler mit der Besetzung zeige, dass er die Zeitenwende nicht ernst nehme. Erneut spiele Sachkompetenz und Erfahrung mit der Bundeswehr keine Rolle, fand Wadephul.
Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder glaubt, dass Boris Pistorius "offenkundig nicht die erste Wahl" sei. Seiner Ansicht nach hätte mit der Wehrbeauftragten des Bundestages, Eva Högl, eine Kennerin der Truppe zur Verfügung gestanden. Auch AfD und Linke blicken kritisch auf die Personalie Pistorius.
Viele Aufgaben: Reformen, Zeitenwende, Panzer-Debatte
Klar ist: Für den Neuen an der Spitze des Verteidigungsministeriums gibt es keine lange Einarbeitungszeit und keine Schonfrist. Schon am Freitag findet eine internationale Ukraine-Konferenz auf der US-Militärbasis in Ramstein statt. Dabei wird es um die weitere Unterstützung der Ukraine gehen. Auch die Frage, ob und wann Deutschland Kampfpanzer an die Ukraine liefert, dürfte diskutiert werden.
Darüber hinaus muss Pistorius dringende Reformen bei der Bundeswehr anpacken und die von Kanzler Scholz ausgerufene Zeitenwende voranbringen. Mit Hilfe des 100-Milliarden-Euro-Sondervermögens sind erste Anschaffungen wie der F35-Kampfjet auf den Weg gebracht worden. Weitere müssen zeitnah folgen.
Pistorius: "Mit 150 Prozent an die neue Aufgabe"
Ob Boris Pistorius wirklich bewusst ist, wie groß die Aufgabe ist, die nun vor ihm liegt, bleibt abzuwarten. In seiner ersten Stellungnahme als designierter Bundesverteidigungsminister spricht er von der großen Ehre, dieses Amt übernehmen zu dürfen. Er musste nicht lange überlegen, als er vom Kanzler gefragt wurde, erklärt der SPD-Politiker: "Ich werde mich vom ersten Tag an mit 150 Prozent in diese Aufgabe reinstürzen."
Das wird auch notwendig sein, um die lange Liste an Problemen und Baustellen im Ministerium und der Bundeswehr abzuarbeiten.
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