Symbolbild: junge Frau beim Yoga
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Junge Frau beim Yoga - Symbolbild

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Brainwash in Yogaschulen? Engel, Dämonen, Sex-Training

Brainwash in Yogaschulen? Engel, Dämonen, Sex-Training

Vergewaltigung und Menschenhandel: Das wirft die Pariser Staatsanwaltschaft dem spirituellen Lehrer der Yogabewegung Atman vor. Nach BR-Recherchen wurden die Ermittlungen auf Deutschland ausgeweitet.

Über dieses Thema berichtet: Abendschau · Die Reportage am .

"Wie man immer glücklicher mithilfe von Yoga wird" oder "Dein Schlüssel zu einem erfüllten Liebesleben" - so wirbt ein Yogaverein mit neun Standorten in Deutschland: die "Deutsche Akademie für traditionelles Yoga" (DAtY). Für Liz (Name geändert) hat es sich dort angefühlt wie ein "goldenes Ticket" zu einem perfekten Leben – anfangs zumindest.

Die junge Frau hat Yoga- und Tantra-Kurse an einer der DAtY-Schulen belegt. Dann fühlte sie sich immer mehr hineingezogen – in eine Welt, in der sie Engel anbeten und sich vor Dämonen in Acht nehmen sollte; vor angeblich satanischen Medien zum Beispiel, erzählt sie. Eine Welt, die sich auch immer mehr um den spirituellen Lehrer der Bewegung drehte: Gregorian Bivolaru. Liz nannte ihn in der Zeit an der Yogaschule "Grieg" oder ihren "Guru".

Guru-Meditationen und "Sex-Training"

Sie ist eine von mehr als 20 Frauen und Männern, mit denen Reporterinnen des Bayerischen Rundfunks für den Podcast "Seelenfänger – Toxic Tantra" gesprochen haben. Sie haben bei der internationalen Yogabewegung "Atman" mitgemacht. Zum Dachverband gehören derzeit Mitgliedsschulen in 30 Ländern, die eigenständig organisiert sind. Eine davon ist die DAtY. Die Schilderungen der ehemaligen Kursteilnehmerinnen ähneln sich, sogar in Details. Sie berichten von Meditationen mit Bildern ihres Gurus; davon, wie sie Fotos von sich im Bikini abgegeben haben, damit Gregorian Bivolaru ihre Aura lesen könne. Und von Frauengruppen, die Liz im Nachhinein als "Sex-Training" empfunden hat.

"Tantrische Initiation" und Festnahme in Paris

Acht Frauen berichten dem BR, dass sie über ihre Yogalehrerinnen oder -lehrer an einen geheimen Ort in Frankreich eingeladen wurden, zu einem "ultimativen spirituellen Test", der "tantrischen Initiation" – das ist sehr langer Sex mit ihrem Guru, der mittlerweile über 70 Jahre alt ist. Dieses Treffen empfinden einige im Nachhinein als Missbrauch. Viele schämen sich. "Ich bin doch jeden Schritt mitgegangen", sagt eine Aussteigerin aus München im Interview. "Ich habe erst hinterher verstanden, wie ich da rein manipuliert wurde." Die DAtY schreibt auf BR-Anfrage, es sei ihnen nicht bekannt, dass Yogaschülerinnen von ihnen nach Paris zur sogenannten Initiation gefahren sind.

Im November 2023 wurde Gregorian Bivolaru in der Nähe von Paris festgenommen. Die französischen Behörden ermitteln unter anderem wegen Vergewaltigung, Entführung in einer organisierten Bande und Menschenhandel. Nach BR-Informationen wurden die Ermittlungen auch auf Deutschland ausgeweitet. Die Staatsanwaltschaft Berlin hat ein Rechtshilfeersuchen aus Frankreich erhalten, man sei bei den Ermittlungen "unterstützend tätig" geworden, heißt es auf Anfrage. Es gilt die Unschuldsvermutung. Auf Anfrage bei seinem Anwalt äußert sich Bivolaru nicht. Die Yogabewegung Atman weist viele der Vorwürfe zurück.

"Keine sektenhafte Organisation"

Die "Deutsche Akademie für traditionelles Yoga" schreibt: In Aktivitäten, die die Ermittler Bivolaru vorwerfen, sei der Verein nicht involviert. Auf der Webseite des Vereins steht, dass einige Kursleiter und Teilnehmer Gregorian Bivolaru als spirituellen Lehrer gewählt haben. Dies sei jedoch eine freie Entscheidung, daher sei die DAtY auch keine sektenhafte Organisation. Viele Kursteilnehmer wüssten nicht einmal, wer Gregorian Bivolaru ist.

Experten sehen Sektenmerkmale erfüllt

Liz hat ihren Guru Gregorian Bivolaru nie persönlich getroffen, aber: Wer eine Weile in der Yogabewegung dabei sei, erzählt Liz, könne ihm Briefe schreiben, übermittelt von Yogalehrern. Liz sagt, sie habe auch Fotos von sich beigelegt, im Bikini, denn angeblich habe ihr Guru besondere Fähigkeiten und könne damit "ihre Aura sehen".

Liz sagt, sie habe sich immer mehr entfremdet von ihrem alten Leben, alten Freunden, ihrer Familie, nach dem Motto: "Wir sind die Erwählten und ihr seid im satanischen Schlaf." Experten bezeichnen eine solche Abgrenzung als "Sektenmerkmal". Und auch der Tagesablauf, dem Liz sich unterworfen hat: teilweise schon frühmorgens Meditieren, Fasten, viele Stunden Yoga täglich. Heute fragt sie sich, wieso sie so vieles mitgemacht hat.

Emotionale Anziehungskraft versus Vernunft

Für "Toxic Tantra" hat Liz ihre Psychotherapeutin von ihrer Schweigepflicht entbunden, bezogen auf die Zeit in der Yogaschule. Amely Wahnschaffe hat mitbekommen, dass Liz dort immer wieder bemerkt hat, dass etwas nicht stimmt. Die Therapeutin sagt dazu: "Die Zweifel werden verleugnet, weil die Anziehungskraft und die emotionale Verstrickung stärker sind." So komme es, dass Menschen in solchen Gruppierungen oft trotz der Warnsignale dabeibleiben.

Die Psychotherapeutin rät Angehörigen, da zu sein, ein offenes Ohr zu haben. Die emotionale Bindung zu Betroffenen zu halten, sei sinnvoller, als sie durch Fordern und Urteilen zu verlieren. Denn: Wer in ein Schwarz-Weiß-Denken verfalle, sei mit Argumenten oft nicht erreichbar.

Yogaschule weist Vorwürfe zurück

Die Deutsche Akademie für traditionelles Yoga, schreibt dem Bayerischen Rundfunk: Ihr sei keine Gehirnwäsche, Manipulation und kein Machtmissbrauch in ihrem Verein bekannt. Dass Bikinifotos verlangt und mit Fotos von Bivolaru meditiert wird, streitet der Verein ebenso ab. Zum Briefkontakt mit Bivolaru heißt es, die DAtY biete so etwas nicht an. Von extremen Fastenkuren raten sie ab.

Heute, nach ihrem Ausstieg, sagt Liz: "Es war wie eine Zwangsjacke. Ich erlaube mir wieder, zu schlafen, zu essen, was ich will. Gerade befreie ich mein Denken." Sie setzt große Hoffnungen in die Ermittlungen. Und wünscht sich, dass andere Frauen vor dem bewahrt werden, was sie erlebt hat.

Hinweise?

Wir bleiben dran: Wer Hinweise an die beiden Reporterinnen hat, kann sich melden unter Christiane.Hawranek@br.de und Katja.Paysen-Petersen@br.de

Die komplette Recherche hören Sie ab jetzt im BR-Podcast “Seelenfänger - Toxic Tantra in der ARD Audiothek und überall, wo es Podcasts gibt. Außerdem heute um 12:17 Uhr im BR24 Funkstreifzug im Radioprogramm von BR24 oder schon jetzt als Podcast.

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