Schoz, Macron, Selenskyj und Draghi (v.l.) in Kiew
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Scholz, Macron und Draghi treffen Selenskyj

Scholz, Macron und Draghi treffen Selenskyj

Kanzler Scholz, Frankreichs Präsident Macron und Italiens Ministerpräsident Draghi sind in Kiew mit Präsident Selenskyj zusammengekommen. Zuvor hatten sie das zerstörte Irpin besucht. Scholz verurteilte die "Brutalität" des russischen Angriffs.

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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Italiens Regierungschef Mario Draghi sind bei ihrer Reise nach Kiew mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu Gesprächen zusammengekommen. Sie wurden von Selenskyj im Präsidentenpalast empfangen, die Gespräche dauern derzeit noch an.

Besuch im zerstörten Irpin

Die drei Staats- und Regierungschefs waren mit dem Zug aus Polen nach Kiew gereist. Kurz nach ihrer Ankunft in Kiew war dort Luftalarm ausgelöst worden, der aber nach einer halben Stunde wieder beendet wurde. Danach hatten Scholz, Macron und Draghi vor dem Treffen mit Selenskyj, an dem auch der rumänische Präsident Iohannis teilnimmt, zunächst den Kiewer Vorort Irpin aufgesucht.

Die russischen Truppen konnten die Ortschaft nicht vollständig erobern, hatten sich hier aber der Stadtgrenze Kiews bis auf wenige Kilometer genähert. Ähnlich wie im benachbarten Butscha wurden nach dem Rückzug der Russen in Irpin Ende März knapp 300 teils hingerichtete Zivilisten gefunden. Derzeit laufen internationale Ermittlungen wegen des Verdachts auf Kriegsverbrechen.

Scholz verurteilt "Brutalität des russischen Angriffskrieges"

Bundeskanzler Olaf Scholz verurteilte in Irpin die "Brutalität" des russischen Angriffskriegs und sprach von sinnloser Gewalt. Es sei eine ganze Stadt zerstört worden, in der es keine militärischen Strukturen gegeben habe. "Das sagt sehr viel aus über die Brutalität des russischen Angriffskriegs, der einfach auf Zerstörung und Eroberung aus ist." Die Zerstörungen in Irpin seien ein "ganz wichtiges Mahnmal" dafür, dass etwas zu tun sei. Es sei ein furchtbarer Krieg, sagte der Kanzler. "Russland treibt ihn mit größter Brutalität ohne Rücksicht auf Menschenleben voran. Und das ist das, was auch zu Ende gehen muss."

Macron: "Spuren von Kriegsverbrechen"

Der französische Präsident Emmanuel Macron sagte in Irpin, dort seien "Massaker" begangen worden. In Irpin seien die "Zeichen der Barbarei" und "Spuren der Kriegsverbrechen" zu sehen, sagte Macron und verwies auf die Arbeit der Experten, die diesen Vorwürfen an die russische Armee derzeit nachgehen. "Die Ukraine muss widerstehen und gewinnen", betonte Frankreichs Präsident.

EU-Perspektive und Waffenlieferungen im Fokus

Für die Staats- und Regierungschefs von Deutschland, Frankreich und Italien ist es der erste Besuch in der Ukraine seit Beginn des russischen Angriffskrieges am 24. Februar. Voraussichtlich werden dabei der ukrainische Antrag auf EU-Mitgliedschaft sowie weitere Waffenlieferungen im Vordergrund stehen. Die Ukraine dringt darauf, dass die EU sie nächste Woche beim Gipfel in Brüssel zum Beitrittskandidaten macht.

  • Zum Artikel: "Schwere Waffen für Ukraine - Was liefert Deutschland wann?"

Scholz: "Zeigen Unterstützung für Ukraine"

Bundeskanzler Scholz hatte kurz vor der Ankunft in Kiew erklärt, es sei "wichtig, wenn jetzt die Regierungschefs der drei großen Länder, die schon bei der Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft dabei waren, nach Kiew fahren und in dieser ganz besonderen Situation des Krieges ihre Unterstützung für die Ukraine und die Bürgerinnen und Bürger der Ukraine zeigen".

Hilfe soll weiter gehen - auch mit Waffen

Es gehe aber nicht nur darum, Solidarität zu demonstrieren, so Scholz. Die drei Staats- und Regierungschefs wollten "auch versichern, dass die Hilfe, die wir organisieren - finanziell, humanitär, aber auch, wenn es um Waffen geht - fortgesetzt werden wird. Und dass wir sie so lange fortsetzen werden, wie es nötig ist für den Unabhängigkeitskampf der Ukraine".

Die Sanktionen gegen Russland seien von großer Bedeutung, "denn sie tragen dazu bei, dass die Chance besteht, dass Russland sein Vorhaben aufgibt und seine Truppen wieder zurückzieht. Denn das ist ja das Ziel", unterstrich Scholz.

Macron: "Das ist ein wichtiger Moment"

Emmanuel Macron sagte nach der Ankunft in Kiew, man werde Orte besuchen, an denen es in dem russischen Angriffskrieg Attacken gegeben habe. "Ich möchte meine Bewunderung für das ukrainische Volk zeigen", sagte der Präsident, der Besuch sei "ein wichtiger Moment".

Die Reise der drei Staats- und Regierungschefs sei "eine Botschaft der europäischen Einheit an die Ukrainer". Mit Vertretern der Ukraine werde man sowohl über die Gegenwart als auch über die Zukunft sprechen. Dies sei besonders bedeutsam, "weil wir wissen, dass die nächsten Wochen schwierig werden", so Macron.

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Emmanuel Macron mit der stellvertetenden Ministerpräsidentin Irina Wereschtschuk

Melnyk will "neues Kapitel deutscher Unterstützung"

Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, bezeichnete den Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz in seinem Land als "wichtiges Signal". Es sollte "ein neues Kapitel deutscher Unterstützung für die Ukraine aufschlagen", sagte Melnyk der Deutschen Presse-Agentur. Es brauche dringend eine neue Weichenstellung.

"Die Ukrainer hoffen, dass der Bundeskanzler nicht mit leeren Händen kommt, sondern ein solides Paket militärischer Hilfen in seinem Reisekoffer mitbringt", sagte Melnyk. Es gehe darum, dass Deutschland zügig weitere schwere Waffen liefere, vor allem Artilleriegeschütze wie die Panzerhaubitze 2000 sowie Mehrfachraketenwerfer Mars II.

Kiew hofft auf klare Worte zu Waffenlieferungen

Kiew hatte Deutschland, Frankreich und in geringerem Maße auch Italien bisher eine zögerliche Unterstützung der Ukraine vorgeworfen und erklärt, die Länder würden nur langsam Waffen liefern und ihren eigenen Wohlstand über die Freiheit und Sicherheit der Ukraine stellen. Diese Frage dürfte bei dem Treffen der drei Staats- und Regierungschefs mit Präsident Selenskyj in Kiew eine zentrale Rolle spielen, die ukrainische Regierung hat zum Ausdruck gebracht, dass sie sich von dem Besuch klare Aussagen in dieser Hinsicht erhofft.

Kandidatenstatus: Setzen Scholz und Macron ein Zeichen?

Ein wichtiges Thema bei dem Ukraine-Besuch wird zudem der Wunsch der Ukraine sein, EU-Beitrittskandidat zu werden. Beim Treffen des Europäischen Rates am 23. und 24. Juni in Brüssel wollen die Staats- und Regierungschefs der EU über einen Kandidatenstatus der Ukraine für einen EU-Beitritt befinden. Draghi zählt zu den Befürwortern des Kandidatenstatus, Scholz und Macron bisher noch zu den Skeptikern. Sie könnten nun in Kiew ein Zeichen mit Blick auf den EU-Gipfel setzen.

Mit der Empfehlung der EU-Kommission zur Frage, ob die Ukraine den Status eines Beitrittskandidaten erhält, wird am morgigen Freitag gerechnet.

Medwedew verspottet Kiew-Besuch: "Fans von Fröschen und Leberwurst"

Russlands früherer Präsident Dmitri Medwedew hat die gemeinsame Kiew-Reise von Scholz, Macron und Draghi als nutzlos verspottet. "Die europäischen Fans von Fröschen, Leberwurst und Spaghetti lieben es, Kiew zu besuchen", schrieb Medwedew auf Twitter. Das habe "null Nutzen".

Die Politiker müssten mit dem Zug reisen wie vor 100 Jahren. Sie stellten der Ukraine eine EU-Mitgliedschaft und "alte Haubitzen" in Aussicht, meinte Medwedew, der mittlerweile stellvertretender Vorsitzender des russischen Sicherheitsrates ist: "Das ist alles gut. Aber es wird die Ukraine nicht näher in Richtung Frieden bringen. Die Uhr tickt."

Kreml: Nicht über Waffenlieferungen sprechen

Der Sprecher des russischen Präsidialamtes, Dmitri Peskow, erklärte in Moskau vor der Presse, die drei EU-Politiker sollten ihre Zeit mit Selenskyj nicht nutzen, um über Waffenlieferungen zu sprechen, sondern um einen "realistischen Blick auf die Sachlage" zu werfen. Weitere Waffenlieferungen wären "absolut nutzlos" und würden dem Land nur "weiter schaden", sagte Peskow.

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