Bei der Bundestagswahl gibt es 299 Wahlkreise, in denen Direktkandidaten antreten. Gewählt werden sie über die Erststimme. Gewinnt eine Partei drei dieser Wahlkreise, dann zieht sie in den Bundestag ein – auch wenn sie bei den Zweitstimmen nicht über die 5 Prozent kommt. Das ist die sogenannte Grundmandatsklausel: Drei gewonnene Wahlkreise reichen für den Sprung ins Parlament.
Seit Gründung der Bundesrepublik gab es vier Fälle, in denen die Grundmandatsklausel eine Rolle gespielt hat. Zuletzt bei der vergangenen Bundestagswahl: Die Linke holte bei den Zweitstimmen nur 4,9 Prozent, gewann aber dank Sören Pellmann, Gregor Gysi und Gesine Lötzsch drei Direktmandate – und zog deswegen gemäß ihrem Zweitstimmenergebnis mit 39 Abgeordneten in den Bundestag ein. Aktuell liegen die Hoffnungen der Partei vor allem auf Gregor Gysi, Dietmar Bartsch und Bodo Ramelow, die als Direktkandidaten antreten.
Ampel wollte Grundmandatsklausel abschaffen
Die Grundmandatsklausel gilt auch für die kommende Bundestagswahl – und das war lange nicht sicher, denn die Ampel-Koalition hatte sie in ihrer Wahlrechtsreform gestrichen. Besonders CSU und Linke hatten Sorge, dadurch den Einzug in den Bundestag zu verpassen, sollten sie bei den Zweitstimmen bundesweit nicht über die fünf Prozent kommen. Bei der vergangenen Bundestagswahl lag die CSU nur knapp darüber (5,2 Prozent). Deswegen legten beide Parteien gegen die neuen Regeln Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein.
Die Richter in Karlsruhe kassierten die Streichung der Grundmandatsklausel, auch wenn sie die anderen Teile der Reform (für Anzahl der Sitze ist allein das Zweitstimmenergebnis entscheidend) bestätigten. CSU und Linke atmeten auf. Das Urteil wurde je nach Partei unterschiedlich gedeutet. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sprach seinerzeit von einem "Erfolg für Bayern" und einer "Klatsche für die Ampel". Die Grünen-Fraktionsvorsitzende, Britta Haßelmann, stellte dagegen fest: "Unsere Reform, das neue Wahlrecht, hat Bestand in Karlsruhe."
Freie Wähler machen sich Hoffnung auf Bundestagseinzug
Eine Partei macht sich aufgrund der weiter existierenden Grundmandatsklausel Hoffnung, erstmals in den Bundestag einzuziehen: die Freien Wähler (FW). Sie dürften bundesweit kaum in die Nähe der fünf Prozent bei den Zweitstimmen kommen – aktuell liegt die Partei im Umfragen bei rund zwei Prozent. Deswegen konzentrieren sich Aiwanger und Co voll auf das Ziel, drei Wahlkreise zu gewinnen. Der Freie-Wähler-Chef tritt auch selbst als Direktkandidat an – im Wahlkreis Rottal-Inn.
Aiwanger gibt sich optimistisch: "Ich gehe davon aus, dass wir mindestens drei Mandate holen, das wird klappen", erklärte er Ende November. Er rechne deswegen mit "20 plus X" FW-Abgeordneten im nächsten Bundestag. Neben ihm ruhen die Hoffnungen der Freien Wähler vor allem auf die Kandidaten Peter Dreier (Landshut), Indra Baier-Müller (Oberallgäu) und Michael Wörle (Stadt Augsburg). In all diesen Wahlkreisen gewann die CSU bei der vergangenen Bundestagswahl das Direktmandat.
Hinweis der Redaktion: In einer ersten Version des Artikels wurden bei den drei Linken-Politikern, die ein Direktmandat bei der Bundestagswahl 2021 holten, teilweise falsche Namen genannt. Wir haben die Stelle korrigiert.
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