Hochwertige und bezahlbare Lebensmittel, ausreichende Einkommen für die Landwirte und eine artgerechte Tierhaltung - diese Ziele will der neue Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) "zusammenbringen". Das sei ein "riesiges gesellschaftliches Ziel", sagte Özdemir am Freitag im Bundestag. "Aber wir haben auch was davon."
Özdemir betonte Stellenwert von gesunder Ernährung
Der Minister sagte in der Parlamentsdebatte über die Politik der Bundesregierung, gesunde Ernährung sei die Grundlage "für unser aller Wohlbefinden". In der Debatte um höhere Preise für Lebensmittel halte er nichts davon, Gruppen gegeneinander auszuspielen. Ernährungspolitik sei auch soziale Politik. "Wir wollen es nicht akzeptieren, wenn Menschen mit geringem Einkommen ein deutlich gesteigertes Risiko haben, chronisch zu erkranken." Am Essen dürfe nicht gespart werden.
Die Regierung wolle umgehend eine Ernährungsstrategie erarbeiten, damit weniger Zucker, Fette und Salz in den Produkten verarbeitet werde. Auch solle die "skandalöse Lebensmittelverschwendung" reduziert werden.
Gegen Ausbeutung von Landwirten
Özdemir würdigte die Arbeit der Landwirtinnen und Landwirte, die dafür sorgten, "dass wir täglich unser Essen auf dem Tisch haben". Es sei nicht in Ordnung "und auch nicht alternativlos", dass ein Landwirt von dem Euro, den ein Kunde im Laden für Schweinefleisch ausgebe, nur 22 Cent bekomme. "Das ist einfach eine Sauerei. Das kann man ändern, das muss man ändern und diese Koalition wird das ändern", kündigte der Minister an. Er sei nicht bereit, dieses "ausbeuterische System" einfach weiter hinzunehmen.
Unterstützung für artgerechte Tierhaltung
Dazu gehöre auch eine artgerechte Tierhaltung. Die Koalition wolle die Landwirte hier beim nötigen Umbau von Ställen unterstützen, sagte Özdemir. Er versprach eine transparente und verbindliche Tierwohl-Kennzeichnung noch in diesem Jahr. "Wenn es dem Tier besser geht, müssen die Bäuerinnen und Bauern das im Portemonnaie spüren." Auch beim bereits existierenden freiwilligen Tierwohllabel fließen die Mehreinnahmen in einen Fonds zur Unterstützung der beteiligten Landwirte.
Ziel der Koalition sei ein Anteil von 30 Prozent Ökolandbau - in der Fläche, aber auch im Supermarktregal, sagte Özdemir. Der Pestizideinsatz auf den Feldern solle reduziert werden. Dazu werde die Koalition die auf Deutschland entfallenden EU-Agrarzahlungen "weiterentwickeln".
Verbindliche Tierhaltungskennzeichnung
Özdemir hat die Einführung einer transparenten und verbindlichen Tierhaltungskennzeichnung noch in diesem Jahr bekräftigt. Wer Tiere nutze, habe auch die Pflicht, sie bestmöglich zu schützen, sagte er im Bundestag.
Anstatt Ställe für die Tiere zu bauen, habe man bislang die Tiere an den Stall angepasst, um auch noch die allerletzten Effizienz-Gewinne herauszuholen. Laut Koalitionsvertrag soll eine solche Kennzeichnung auch Transport und Schlachtung umfassen. Özdemir betonte, dass Bauern und Bäuerinnen es im Geldbeutel spüren müssten, wenn es dem Tier besser gehe.
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Özdemir: Bereits "tolle Ideen" vorhanden
Der Minister sagte weiter, die Koalition müsse in der Landwirtschafts- und Ernährungspolitik nicht "das Rad neu erfinden". Die Borchert-Kommission zur Zukunft der Nutztierhaltung in Deutschland und danach die Zukunftskommission Landwirtschaft hätten "tolle Ideen entwickelt".
Die Zukunftskommission Landwirtschaft war von Özdemirs Vorgängerin Julia Klöckner (CDU) eingesetzt worden. Vertreterinnen und Vertreter von rund 30 Organisationen aus Landwirtschaft, Umwelt- und Tierschutz, Wissenschaft, Wirtschaft und Verbraucherschutz hatten im Juli einen tiefgreifenden Umbau der Landwirtschaft empfohlen. Die Finanzierung hält die Kommission für eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und plädierte für staatliche Förderung, aber auch höhere Lebensmittelpreise. Der Tierbestand muss demnach deutlich schrumpfen.
Die Kosten für den Umbau schätzte die Kommission auf sieben bis elf Milliarden Euro pro Jahr. Die Kosten eines "Weiter so" sind demnach aber viel höher: 90 Milliarden Euro jährlich, auch durch klimaschädliche Emissionen, Verschmutzung von Luft und Grundwasser und den Verlust von Artenvielfalt.
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