Kurz vor Weihnachten setzt die rasante Ausbreitung der Virusvariante Omikron in Europa auch die neue Bundesregierung unter Druck. Unklar ist, ob kurzfristig noch schärfere Corona-Maßnahmen ergriffen werden. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hält eine rasche Bund-Länder-Schalte für möglich.
"Wenn es noch im alten Jahr zu einem Hochlauf der Omikron-Welle kommt, müssen wir uns zügig beraten", sagte Kretschmann der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft warnte vor einer Verschärfung der Lage in den Kliniken. Gleichzeitig demonstrierten in deutschen Städten erneut Tausende von Menschen gegen die Corona-Maßnahmen.
Sieben-Tage-Inzidenz sinkt erneut
Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz sank zwar erneut. Das Robert Koch-Institut gab am Sonntagmorgen den Wert der Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche mit 315,4 an - am Vortag hatte er bei 321,8 gelegen. Allerdings befürchten Experten wegen der ansteckenderen Omikron-Variante eine baldige Trendumkehr.
In anderen europäischen Ländern verbreitet sich Omikron extrem schnell. In den Niederlanden gilt seit Sonntag ein neuer strenger Lockdown. Auch Dänemark fährt große Teile des öffentlichen Lebens wieder herunter. Durch die blitzschnelle Ausbreitung der Variante hat sich die Lage auch in Großbritannien in den vergangenen Tagen zugespitzt. Die Einreise aus Großbritannien nach Deutschland wird deswegen ab Montag drastisch eingeschränkt.
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Großbritannien als Virusvariantengebiet eingestuft
Großbritannien gilt dann als Virusvariantengebiet. Für Einreisende gilt eine zweiwöchige Quarantänepflicht - auch für Geimpfte und Genesene. Sie kann nicht durch negative Tests verkürzt werden. Fluggesellschaften dürfen im Wesentlichen nur noch deutsche Staatsbürger oder in Deutschland lebende Personen von Großbritannien nach Deutschland befördern. Es handelt sich aber nicht um ein Flugverbot. Die Regel gilt auch für den Bahn- oder Schiffsverkehr.
Die Gesundheitsminister der Länder hatten den Bund am Samstag nach einer Sonder-Videoschalte zu schärferen Einreiseregeln aus Virusvariantengebieten aufgefordert. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sagte der dpa: "Die Einreise sicherer zu machen, hilft, damit sich die Omikron-Variante nicht so schnell ausbreitet. Verhindern können wir die Verbreitung nicht, nur verzögern. Je länger es dauert, bis Omikron auch Deutschland im Griff hat, umso besser."
Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft: "Keine Zeit verlieren"
Der Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, forderte die Politik auf, die Erkenntnisse zu Omikron aus anderen Ländern "sehr sorgfältig" zu analysieren und, falls sich die Befürchtungen bestätigten, "sehr frühzeitig" mit Kontaktbeschränkungen gegenzusteuern. "Wir dürfen dann keine Zeit verlieren, dann muss sofort gehandelt werden, noch bevor die Zahlen auch in Deutschland nach oben gehen und eine Überlastung der Krankenhäuser nicht mehr zu verhindern ist", sage Gaß der dpa.
Kritik von Ministerpräsident Kretschmann
Baden-Württembergs Ministerpräsident Kretschmann fühlt sich schlecht von der neuen Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP informiert. Er habe noch keinerlei Informationen über die Omikron-Variante vom neu eingesetzten Expertengremium der Regierung erhalten, sagte er. "Die Zeit drängt, deshalb erwarte ich, dass wir zügig einen Stand bekommen. Wenn man so ein Gremium einsetzt, müssen die Infos auch ankommen", sagte der Grünen-Politiker. Ein Bericht des Expertengremiums wird bald erwartet.
Kretschmann sagte, er sei sehr alarmiert über das, was er mit Blick auf Omikron höre. "Aber wir sind da auf die Einschätzungen der Experten angewiesen. Was heißt das für den Impfschutz? Wann rechnet die Wissenschaft damit, dass Omikron dominant ist? Das müssen wir wissen, aber das kann ich nicht selber bewerten."
Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) stellte fest: "Wir müssen die Ausbreitung von Omikron so lange wie möglich verhindern und maximal verlangsamen, damit sich noch mehr Menschen impfen lassen können."
Ampel-Koalition setzt auf Impfungen
Ein hohes Impftempo ist zentraler Baustein in der Strategie der neuen Bundesregierung. Der Leiter des neuen Corona-Krisenstabs im Kanzleramt, Generalmajor Carsten Breuer, zeigte sich zuversichtlich, dass das Regierungsziel von 30 Millionen Impfungen bis zum Ende des Jahres erreicht werden kann. Seit Mitte November seien mehr als 24,4 Millionen Menschen geimpft worden.
Jetzt seien noch knapp zwei Wochen Zeit. "Die 30 Millionen sind zu schaffen", sagte Breuer der "Bild am Sonntag". Berechnet wird das Impfziel ausgehend von einer Bund-Länder-Runde am 18. November. Das Tempo müsse auch in der Weihnachtszeit aufrechterhalten werden.
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Günther: Kein Bedarf weiterer Bund-Länder-Beschlüsse
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther sieht trotz wachsender Sorge vor der Ausbreitung der Omikron-Variante keinen Bedarf für weitere Beschlüsse von Bund und Ländern zur Bekämpfung der Corona-Pandemie. Seiner Meinung haben die Länder mit dem Bundesinfektionsschutzgesetz genügend Möglichkeiten, sagte der CDU-Politiker der "Welt". Schleswig-Holstein habe seine Corona-Verordnung bis Mitte Januar fixiert.
Auf die Frage, ob er angesichts der steigenden Infektionszahlen in Schleswig-Holsteins Nachbarland Dänemark an Grenzschließungen denke, verwies Günther darauf, dass das in der Zuständigkeit des Bundes liege.
Umfrage: Vier von fünf Deutschen wollen über Weihnachten zu Hause bleiben
Über die Feiertage wollen 79 Prozent der Deutschen zu Hause bleiben, wie eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur ergab. 13 Prozent sagten, sie wollten verreisen, um mit Freunden oder Verwandten Weihnachten feiern zu können. 6 Prozent der Befragten planen eine Urlaubsreise.
Bei den Gottesdiensten für das zweite Weihnachtsfest in der Pandemie zeichnet sich ein bundesweiter Flickenteppich von Regelungen ab. Sowohl die katholische als auch die evangelische Kirche überlassen das Vorgehen den Gemeinden weitgehend selbst.
Unterschiedliche Regeln bei Gottesdiensten
Dadurch unterscheiden sich die Regelungen oft von Gemeinde zu Gemeinde, ja sogar von Gottesdienst zu Gottesdienst innerhalb ein und derselben Gemeinde. Im Kindergottesdienst und in der Christmette gilt dann zum Beispiel 2G oder 3G, und man muss sich zusätzlich anmelden. Aber die restlichen Gottesdienste werden häufig unter den normalen Abstands- und Hygieneregeln zelebriert, sofern die Coronaschutzverordnung des jeweiligen Landes das zulässt. Das heißt dann: Hier können Ungeimpfte sogar ungetestet teilnehmen.
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