Seit über einer Woche kursieren entsprechende Mutmaßungen, jetzt ist es offiziell: Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) erhält eine neue Chefin oder einen neuen Chef. Der bisherige Leiter Arne Schönbohm muss seinen Posten räumen, wie ein Sprecher des Bundesinnenministeriums erklärte.
Verdacht auf Verbindungen zu russischen Geheimdiensten
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ist demnach darüber verärgert, dass der bisherige BSI-Chef weiter Kontakte zum umstrittenen Verein "Cyber-Sicherheitsrat Deutschland" hat, den er vor zehn Jahren selbst mitgegründet und geleitet hat. Der Verein steht massiv in der Kritik – wegen Verbindungen zu russischen Geheimdiensten. Schönbohms Verbindung zu dem Verein wurde zuletzt auch von Satiriker Jan Böhmermann in der Sendung "ZDF Magazin Royale" thematisiert.
Ministerium: Zweifel an "Neutralität und Unparteilichkeit"
Der Ministeriumssprecher sagte zu Schönbohms Ablösung: "Hintergrund sind nicht zuletzt die in den Medien bekannten und breit diskutierten Vorwürfe, die das notwendige Vertrauen der Öffentlichkeit in die Neutralität und Unparteilichkeit der Amtsführung als Präsident der wichtigsten deutschen Cybersicherheitsbehörde nachhaltig beschädigt haben."
Das gelte "umso mehr in der aktuellen Krisenlage hinsichtlich der russischen hybriden Kriegsführung". Laut dem Sprecher beeinträchtigen die im Raum stehenden Vorwürfe "auch das unerlässliche Vertrauensverhältnis der Ministerin in die Amtsführung".
Schönbohm sind konkreten Vorwürfe "bislang nicht bekannt"
Laut einem "Spiegel"-Bericht hat Schönbohm selbst darum gebeten, ein Disziplinarverfahren gegen ihn zu eröffnen. Demnach sagte er: "Da es keine Rückmeldung gab zu den Vorwürfen, habe ich am Montag selbst gebeten, ein Disziplinarverfahren einzuleiten, um den Sachverhalt zu klären. Mir ist bislang nicht bekannt, was das Ministerium geprüft hat und wie die konkreten Vorwürfe gegen mich aussehen."
Laut der Nachrichtenagentur AFP wurde bisher aber kein Disziplinarverfahren gegen Schönbohm eingeleitet. Demnach betonte der Sprecher des Bundesinnenministeriums auch: "Bis zum Abschluss dieser Prüfung gilt hinsichtlich der Person von Herrn Schönbohm selbstverständlich die Unschuldsvermutung."
Zuletzt bereits gemeinsamer Termin abgesagt
Aus Regierungskreisen verlautete bereits vergangene Woche, ein Besuch von Schönbohm beim Jubiläum des umstrittenen Vereins habe "das Fass zum Überlaufen gebracht". Im Zuge dessen wurde auch ein lange geplanter gemeinsamer Auftritt von ihm und Bundesinnenministerin Faeser gestrichen, bei dem beide den jährlichen BSI-Bericht vorstellen wollten.
Bemerkenswert ist allerdings auch: Das Bundesinnenministerium wurde laut einem Bericht des Portals "Business Insider" vorab über die Festrede Schönbohms bei dem Verein informiert. Demnach genehmigte Faesers Staatssekretär Markus Richter den Vortrag auf Bitten Schönbohms am 24. August.
Firma Protelion mit Verbindung nach Russland
In den Blickpunkt geriet jüngst vor allem die Berliner Cybersecurity-Firma Protelion, die bis zum vorvergangenen Wochenende Mitglied im "Cyber-Sicherheitsrat Deutschland" war. Das Unternehmen firmierte bis Ende März unter dem Namen Infotecs GmbH. Dabei handelt es sich um ein Tochterunternehmen einer russischen Firma, die wohl von einem Putin-nahen ehemaligen Mitarbeiter des russischen Nachrichtendienstes KGB gegründet wurde.
Kurz nach der Aufregung rund um Böhmermanns Sendung erklärte der Verein, man habe die Firma ausgeschlossen. Das Agieren der Firma Protelion sei ein "Verstoß gegen die Vereinsziele des Cyber-Sicherheitsrat Deutschland", sagte Vereinspräsident Hans-Wilhelm Dünn. Die im Raum stehenden Vorwürfe seien nicht vereinbar mit dem Kampf gegen Cyberkriminalität und der Förderung von Cybersicherheit.
Dünn erklärte aber auch, Vorwürfe gegen den Verein, von russischen Stellen beeinflusst zu sein, seien absurd. Der 2012 gegründete Verein berät Unternehmen, Politiker und Behörden in Sachen Cybersicherheit und erklärt über sich, politisch neutral zu sein. Allerdings war Dünn laut dem "Spiegel" in der Vergangenheit auf Einladung der Staatsduma als "Wahlbeobachter" bei den russischen Präsidentschaftswahlen im Land.
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Mit Informationen von dpa und Reuters
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