Wie wichtig diese Militärmission für die Bundeswehr ist, hat sich schon am Tempo gezeigt. Noch vor der Entscheidung im Bundestag machte sich die Fregatte "Hessen" auf den Weg ins Mittelmeer. So hatten es die rund 240 Soldatinnen und Soldaten nicht mehr weit bis zum Zielgebiet im Roten Meer, als das Parlament Ende Februar seine Zustimmung erteilte.
Boris Pistorius nutzte die Bundestagsdebatte, um die Dimension des Einsatzes zu umreißen: "Es handelt sich um den gefährlichsten Einsatz der deutschen Marine seit vielen Jahrzehnten", so der Verteidigungsminister von der SPD. Man müsse mit Kampfhandlungen rechnen. "Und im schlimmsten Fall auch mit Toten oder Verletzten." Außer der Stammbesatzung war deshalb unter anderem ein Ärzteteam an Bord.
Fregatte "Hessen": Zweimal erste Hilfe
Zum Äußersten kam es aber nicht. Nur zweimal war laut Bundeswehr erste Hilfe gefragt: Ein Soldat einer Partnernation musste mit dem Hubschrauber zur medizinischen Behandlung an Land gebracht werden. Und ein Besatzungsmitglied eines anderen Schiffes wurde an Bord der "Hessen" ärztlich versorgt. Insgesamt hat das deutsche Kriegsschiff in den zurückliegenden Wochen 27 Handelsschiffe begleitet. "Vier Angriffe konnten effektiv abgewehrt werden", schreibt das Ministerium in einer Mitteilung.
Auftrag der "Hessen" und ihrer Besatzung war es, Handelsrouten im Roten Meer und in benachbarten Seegebieten zu sichern – zusammen mit Schiffen anderer EU-Länder wie Griechenland. Zuvor hatten immer mehr Frachter einen großen Bogen um die Region gemacht – aus Angst vor Attacken der jemenitischen Huthi-Miliz. Ein Problem für die Weltwirtschaft, denn die Route über Rotes Meer und den Suezkanal ist für den Warenverkehr zwischen Asien und Europa von großer Bedeutung.
Bundeswehreinsatz im Roten Meer: Eine besondere Mission
Aus Sicht von Volker Kübsch, dem Kommandanten der "Hessen", haben seine Soldatinnen und Soldaten "ein Stück Marinegeschichte" geschrieben. "Dass es nun wirklich zum scharfen Waffeneinsatz, zum allerersten Mal für die deutsche Marine, gekommen ist, stellt die Besonderheit dieses Einsatzes dar", so der Fregattenkapitän. Die Bundeswehr habe dazu beitragen, "das Krisengebiet sicherer zu machen".
Um seinen Auftrag zu erfüllen, ist das Kriegsschiff zum Beispiel mit einem modernen Radar ausgestattet. Das System ist laut Bundeswehr in der Lage, im Luftraum mehr als 1.000 Ziele gleichzeitig zu erfassen. Und das in einem Gebiet von der Größe der Nordsee. Im Ernstfall können Flugabwehrraketen eingesetzt werden, die eine Reichweite von bis zu 160 Kilometern haben.
Besatzung der "Hessen" wehrt Drohnenangriffe ab
Gleich nach dem Beginn der Mission wurde die Besatzung der "Hessen" auf die Probe gestellt. Kurz nacheinander wehrte sie zwei Angriffe auf das Schiff ab. Pistorius sprach daraufhin von einem "erfolgreichen Abschuss zweier feindlicher Drohnen". Der Vorgang war allerdings nicht der erste, bei dem die Besatzung Waffen einsetzte.
Vorher hatte sie bereits auf eine Drohne geschossen und das Ziel verfehlt. Zum Glück, wie sich später herausstellte. Denn bei diesem Fluggerät soll es sich um eine US-amerikanische Drohne gehandelt haben, die offenbar ohne Freund-Feind-Kennung im Einsatzgebiet unterwegs war.
Union: Lob für Soldaten, Kritik am Ministerium
Trotz dieser Panne bewerten auch CDU und CSU im Bundestag die Militärmission insgesamt positiv. "Der Einsatz der 'Hessen' war erfolgreich und erforderlich, wie der mehrmalige Waffeneinsatz zur Abwehr von Bedrohungen gezeigt hat", teilt Florian Hahn auf BR24-Anfrage mit, der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion. Auf politischer Ebene sieht der CSU-Abgeordnete aus Oberbayern aber Probleme, die es aufzuarbeiten gelte. Als Beispiel nennt Hahn einen Mangel an Munition und eine unzureichende Kommunikation des SPD-geführten Ministeriums in dieser Sache.
Die Bundeswehr versicherte allerdings in den vergangenen Wochen mehrmals, dass für den Marine-Einsatz im Roten Meer ausreichend Munition vorhanden sei – und dass auch der Nachschub gesichert sei. Ob dieses Versprechen erfüllt wird, dürfte sich demnächst zeigen. Anfang August übernimmt die Besatzung der Fregatte "Hamburg" den Auftrag im Roten Meer. An diesem Sonntag aber soll erst einmal die "Hessen" wieder in Wilhelmshaven einlaufen – nach rund 46.000 Kilometern auf See.
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