Bereits vor dem Ukraine-Krieg und der damit einhergehenden Energiekrise haben Studierende unter der Situation auf dem Wohnungsmarkt gelitten - verschärft wird die Situation nun durch die steigenden Energiepreise. In Bayern müssen Studierende mit teils drastischen Nebenkosten-Erhöhungen rechnen. Das ergab eine Umfrage der Nachrichtenagentur dpa unter den großen Studentenwerken in Bayern.
Nebenkosten-Erhöhungen in München bis zu 50 Prozent
"Aufgrund der drastisch gestiegenen Energiekosten" geht das Studentenwerk München für das Abrechnungsjahr 2021/2022 von einer Steigerung der Nebenkosten um circa 30 bis 40 Prozent aus. Für das darauffolgende Jahr könnten sich die Kosten sogar um 40 bis 50 Prozent erhöhen. Damit es zu nicht allzu hohen Nachforderungen kommt, sollen die Abschläge entsprechend erhöht werden. Das Studentenwerk Würzburg rechnet mit einer Erhöhung der Nebenkosten von 20 bis 35 Prozent.
Die anderen Studentenwerke konnten keine Prozentangaben machen. Beim Studentenwerk Oberfranken versuche man, die Steigerungen "zeitnah und so moderat wie möglich" zu gestalten. Wie hoch die Nebenkosten für Wohnheimplätze steigen werden, kann man beim Studentenwerk Niederbayern/Oberpfalz ebenfalls noch nicht sagen. "Unsere Berechnungen laufen noch. Aber es ist damit zu rechnen, dass es eine Erhöhung geben wird", sagt Studentenwerkssprecher Nicolas Müller.
Abschlagszahlung von Augsburger Studentenwerk bereits erhöht
In Augsburg wurde die Nebenkosten-Abschlagszahlung je nach Wohnanlage und Energieträger in den vergangenen Monaten bereits ein bis zwei Mal erhöht, sodass zum Ende der Abrechnungsperiode keine Nachzahlungen notwendig werden. Weitere Erhöhungen der Abschlagszahlung seien jedoch wahrscheinlich.
"Großzügige Stundungen" in Erlangen-Nürnberg
Das Studentenwerk Erlangen-Nürnberg bietet nach eigenen Angaben "großzügige Stundungen" an, also Zahlungsaufschübe, wenn jemand wegen der erhöhten Nebenkosten finanzielle Schwierigkeiten befürchtet. In München gebe es die Möglichkeit, "individuelle Lösungen wie beispielsweise eine realistische Ratenzahlung" zu erarbeiten.
Vom Staat soll es auch finanzielle Entlastungen geben. Studierende, die zwischen Oktober 2021 und März 2022 mindestens einmal Bafög erhalten haben und dabei nicht bei den Eltern wohnten, bekommen den Angaben zufolge 230 Euro Heizkostenzuschuss ausgezahlt.
Energiepauschale nur für Studierende mit Job
Die 300-Euro-Energiepauschale können dagegen nur diejenigen erhalten, die neben dem Studium einen Teil- oder Vollzeitjob ausüben und dementsprechend steuerpflichtig sind.
Die seit August geltende Bafög-Reform soll ebenfalls Entlastung bringen: Die Bedarfssätze wurden um knapp sechs Prozent (von 427,00 auf 452,00 Euro) angehoben und auch die Eltern- sowie die Vermögensfreibeträge wurden erhöht.
Studentenwerke fordern "Inflationsaufschlag beim Bafög"
Angesichts der Inflation reiche das allerdings nicht aus, kritisierte das Studentenwerk München. Auch das Studentenwerk Augsburg teilte mit: "Die Preissteigerungen gerade bei Energie und Lebensmitteln belasten die Studierenden finanziell enorm." Es brauche daher einen "Inflationsaufschlag beim Bafög".
Auch vonseiten der Politik mehren sich die Stimmen, die weitere Entlastungen fordern. In der Debatte über das geplante neue Entlastungspaket pochen Union und Grüne auf zusätzliche Entlastungen nicht nur für Studierende, sondern auch für Rentnerinnen und Rentner.
Union will "dringend ein weiteres konkretes Entlastungspaket"
Explodierende Energiekosten und stark steigende Lebensmittelpreise dürften nicht zur Armutsfalle werden. "Es braucht jetzt dringend ein weiteres konkretes Entlastungspaket. Davon müssen natürlich auch Rentnerinnen und Rentner sowie Studierende profitieren", sagte der sozialpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Stephan Stracke, der "Rheinischen Post".
- Zum Artikel Neues Entlastungspaket: Wie soll es aussehen?
Auch in der Ampel-Koalition gibt es abweichende Vorstellungen über den Inhalt des geplanten dritten Entlastungspakets. Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge sagte der "Rheinischen Post": "Wir müssen dabei sehr zielgenau diejenigen entlasten, die von den steigenden Preisen besonders getroffen werden und dem Winter mit großer Sorge entgegen blicken." Dazu gehöre auch, dass Studierende und Rentner mit kleinen Renten im Mittelpunkt stehen. Über die genauen Instrumente und die Finanzierung sei man derzeit mit den Koalitionspartnern im Gespräch.
Dröge erneuerte zudem die Forderung nach einer Übergewinnsteuer. "Damit würden Konzerne, die übermäßig von der Krise profitieren, ihren Beitrag für den sozialen Zusammenhalt in Deutschland leisten", sagte die Grünen-Politikerin.
Studentenwerke starten Energiespar-Kampagne
Zusätzlich starten die Studentenwerke ab dieser Woche deutschlandweit eine Kampagne, in der sie zum Energiesparen aufrufen. "Beim Einsparen ist noch Luft nach oben", sagte ein Sprecher des Studentenwerks Augsburg. Für einen spürbaren Unterschied müssten allerdings alle mitmachen, weil die Abrechnung der Energiekosten in den Wohnheimen meist pauschal erfolge.
Da die Mietpreise der Wohnheime im Vergleich zum sonstigen Wohnungsmarkt trotzdem verhältnismäßig günstig sind, erreicht die Nachfrage zu Beginn des Wintersemesters ihren (all)jährlichen Höhepunkt. In München beispielsweise zahlen Studierende durchschnittlich insgesamt 313 Euro für ein Wohnheimzimmer.
Warten muss man auf einen Platz in manchen Städten allerdings bis zu drei Semester. Die "starke Fluktuation" erhöhe jedoch die Chance auf ein Nachrücken, heißt es vom Studentenwerk München.
Mit Material der dpa
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