Kai Wegner (CDU), Berlins neuer Regierender Bürgermeister, sitzt im Berliner Abgeordnetenhaus auf dem Platz des Bürgermeisters.
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Kai Wegner (CDU), Berlins neuer Regierender Bürgermeister, sitzt im Berliner Abgeordnetenhaus auf dem Platz des Bürgermeisters.

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Erst im 3. Wahlgang: Wegner Regierender Bürgermeister in Berlin

Wahl-Krimi in Berlin: Im dritten Wahlgang ist der CDU-Politiker Wegner zum neuen Regierenden Bürgermeister gewählt worden. Der 50-Jährige bekam im Berliner Abgeordnetenhaus erst nach zwei gescheiterten Versuchen die erforderliche Zustimmung.

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Der CDU-Politiker Kai Wegner ist im dritten Anlauf zum neuen Regierenden Bürgermeister von Berlin gewählt worden. Im Abgeordnetenhaus in einer geheimen Abstimmung erhielt er 86 Ja- und 70 Nein-Stimmen. Wegner nahm die Wahl an.

Der 50-Jährige löste SPD-Chefin Franziska Giffey nach nur anderthalb Jahren in dem Amt ab und führt künftig eine schwarz-rote Koalition. Erstmals seit mehr als 20 Jahren hat das Berliner Abgeordnetenhaus wieder einen CDU-Politiker zum Regierenden Bürgermeister gewählt. Die Wiederholungswahl fand im Februar statt.

Gescheiterte Wahlgänge: CDU und SPD weisen sich gegenseitig Schuld zu

Voraus ging am Donnerstag ein mehrstündiger Wahl-Krimi: Nach den zuvor zwei gescheiterten Durchgängen bei der Wahl in Berlin wiesen sich Politiker von CDU und SPD gegenseitig die Schuld zu. "In der SPD gibt es offensichtlich viele, die die Wahl des Regierenden Bürgermeisters nutzen, um mit Franziska Giffey und Raed Saleh abzurechnen", sagte der Berliner CDU-Bundestagsabgeordnete Jan-Marco Luczak dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland". "Das ist staatspolitisch unverantwortlich." Die SPD verliere so weiter an Glaubwürdigkeit, sagte er und betonte: "Die CDU-Fraktion steht geschlossen hinter Kai Wegner."

Der Berliner SPD-Abgeordnete Orkan Özdemir sagte der Nachrichtenagentur dpa: "Ich bin sehr sicher, dass es aus den Reihen der CDU ist. Die müssen ihre Reihen jetzt schließen. (...) Ich hoffe jetzt, dass Herr Wegner seine Leute auf Reihe kriegt." Bei der SPD seien zwei "Gegenakteure" bekannt, die gegen Wegner stimmen wollten, das sei bekannt, gab Özdemir zu. Aber mehr seien es nicht.

Von den 159 Mandaten des Parlaments haben CDU und SPD zusammen 86. Im ersten Wahlgang erreichte Wegner gerade einmal 71 Ja-Stimmen - 15 weniger als das Regierungsbündnis rechnerisch hätte. Im zweiten Wahlgang war es knapper: 79 Ja-Stimmen gegen 79 Nein-Stimmen. Im dritten Wahlgang brauchte Wegner nur noch mehr Ja- als Nein-Stimmen.

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Kai Wegner (CDU, l.) und Franziska Giffey (SPD) sprechen im Plenarsaal vom Berliner Abgeordnetenhaus nach dem zweiten Wahlgang.

Berliner AfD: Haben für Wegner gestimmt

Die AfD-Fraktion erklärte im Anschluss, im dritten Wahlgang für Wegner gestimmt zu haben. "Dieser Schritt ist uns nicht leichtgefallen, denn wir halten den zwischen CDU und SPD geschlossenen Koalitionsvertrag für die weitgehende Fortsetzung rotgrünroter Politik mit teilweise anderem Personal", teilte die Fraktionsvorsitzende Kristin Brinker mit. "Dennoch überwiegt für uns die gesamtstädtische Verantwortung, der wir uns stellen."

Die genaue Zahl der Stimmen durch die AfD bleibt aber unklar. "Gehen Sie mal von der Hälfte aus", sagte Brinker später der dpa. In der fraktionsinternen Beratung vor dem dritten Wahlgang hätten einige AfD-Abgeordnete klargemacht, dass sie Wegner nicht wählen wollten.

Wegner: Lasse mich nicht beirren

Wegner will sich von möglichen AfD-Stimmen nicht beirren lassen. "Ich glaube, dass die AfD hier chaotisieren will", sagte der CDU-Politiker am Abend in einem RBB-Spezial. "Sie will das nutzen. Weil ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann, dass die AfD einen Regierenden Bürgermeister wählt, der die größte AfD-Jägerin aus ganz Deutschland nach Berlin holt. Von daher ist das 'ne Taktik, 'ne Strategie. Davon lasse ich mich aber nicht beirren." Mit "AfD-Jägerin" dürfte Wegner sich auf die neue Justizsenatorin Felor Badenberg beziehen, die zuvor im Bundesamt für Verfassungsschutz arbeitete und sich auch um die Einstufung der AfD als rechtsextremistischer Verdachtsfall kümmerte.

Auf die Frage nach einem bitteren Beigeschmack des Wahlablaufs sagte Wegner: "Das hätte ich mir natürlich anders gewünscht. Das hätten wir uns von der Koalition von CDU und SPD anders gewünscht." Aber der dritte Wahlgang sei verfassungsgemäß geregelt: "Der ist regulär." Daher freue er sich. Ganz offenkundig habe es Abweichler bei CDU und SPD gegeben. Jetzt gehe es darum, durch gute Arbeit die Koalitionsabgeordneten und die Berlinerinnen und Berliner zu überzeugen.

Grüne sehen "desaströsen Start einer Regierung"

Die beiden Grünen-Fraktionsvorsitzenden Bettina Jarasch und Werner Graf nannten die Wahl im Anschluss "einen desaströsen Start einer Regierung". Es lege der Verdacht nahe, dass Wegner mit Stimmen der AfD gewählt worden sei. Das hätte Schwarz-Rot nie riskieren dürfen, erklärten sie weiter. "All das bleibt an diesem Tag haften und richtet massiven Schaden für die Stadt, die Demokratie und die politische Kultur an." "Ein Regierender Bürgermeister von Gnaden der AfD - was ein Desaster", erklärte die Linken-Landesvorsitzende Katina Schubert.

Die SPD gratulierte Wegner hingegen "ganz herzlich". "Auf gute Zusammenarbeit", erklärte die Partei. CDU-Bundeschef Friedrich Merz gratulierte ebenfalls: "Mit der Berliner CDU ist unsere Hauptstadt auf einem guten Weg, und kann ab jetzt besser regiert werden", erklärte er. Der Generalsekretär der Berliner Christdemokraten und designierte Finanzsenator, Christian Evers, bezeichnete die 86 Ja-Stimmen für Wegner als "genau die Stimmenzahl der Koalition von CDU und SPD".

Debatte im Vorfeld über Koalition: SPD skeptischer als CDU

Anders als bei der SPD hatte es bei den Berliner Christdemokraten keine öffentlichen Diskussionen über das schwarze-rote Bündnis gegeben. Bei einem CDU-Parteitag war der Koalitionsvertrag ohne Gegenstimme durchgegangen, bei der SPD fiel die Zustimmung in einem Mitgliedervotum mit 54,3 Prozent deutlich geringer aus. Wegners Vorgängerin Giffey übernimmt im neuen Senat den Posten der Wirtschaftssenatorin.

Die CDU war als stärkte Partei aus der Wiederholungswahl im Februar hervorgegangen und hatte SPD und Grüne auf die Plätze verwiesen. Giffey war daraufhin bereit, für die Koalition von Schwarz-Rot ihr Amt aufzugeben, das sie bei einer Fortsetzung von Rot-Grün-Rot vermutlich behalten hätte. Die Abstimmung im Februar war nötig geworden, weil es bei der regulären Abgeordnetenhauswahl im Herbst 2021 zahlreiche organisatorische Pannen gegeben hatte.

Mit Informationen von dpa und Reuters

Es war eine Zitterpartie. Erst nach dem dritten Wahlgang stand fest: Der CDU-Politiker Kai Wegner ist neuer Regierender Bürgermeister.
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Es war eine Zitterpartie. Erst nach dem dritten Wahlgang stand fest: Der CDU-Politiker Kai Wegner ist neuer Regierender Bürgermeister.

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