Bei der Pressekonferenz am Dienstag im Berliner Hauptbahnhof ging es um das 49-Euro-Ticket, das am 1. Mai startet. Im Fokus stand das gesamte Projekt. Doch mit einer Äußerung heizte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) nachfolgend Diskussionen in den sozialen Medien an: Die Idee, dass Autohersteller beim Verkauf von Fahrzeugen den Kunden zumindest für eine gewisse Zeit ein 49-Euro-Ticket bezahlen könnten. In Posts und Kommentaren wurden viele Fragen aufgeworfen – von dem, was die Aktion bezwecken will, bis hin dazu, was Autohersteller eigentlich davon halten.
- Zum Artikel: "Bayerns Verkehrsverbünde: Nicht alle bieten 49-Euro-Ticket"
Was soll Wissings Vorschlag zum Gratisticket beim Autokauf bezwecken?
Wissing hat vorgeschlagen, dass Autohersteller beim Verkauf von Fahrzeugen den Kunden zumindest für eine gewisse Zeit ein 49-Euro-Ticket bezahlen könnten. "Ich würde mir wünschen, dass wir, auch wenn ein Auto in Deutschland verkauft wird, quasi ganz selbstverständlich auch das Deutschlandticket zumindest mit dabei haben", sagte der FDP-Politiker. Er ergänzte, dass Autohersteller das Ticket gleich mit dem Kaufvertrag "für eine gewisse Zeit dazu geben" könnten.
Dann könne der Kunde selbst entscheiden, er sei aber eingeladen "intermodal" unterwegs zu sein - also innerhalb einer Wegstrecke verschiedene Verkehrsmittel zu nutzen. "Ich glaube, das ist die Zukunft", sagte Wissing. Das heißt: Mit dem Ticket soll kein Autofahrer dazu gebracht werden, komplett aufs Auto zu verzichten, sondern eben auch öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen.
Wie reagieren bayerische Autohersteller?
BMW kommentiert den Vorschlag von Wissing nicht. Unternehmenssprecher Eckhard Wannieck erklärte auf BR24-Anfrage, dass sich BMW generell nicht zu aktuellen politischen Debatten äußere. Eine Antwort von Audi lag zunächst nicht vor.
"Vorschlag für Autobauer ein Randaspekt"
"Ich denke, es ist nichts, was man verbindlich von Autobauern einfordern kann", sagte Matthias Fischbach, parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Landtagsfraktion, im Gespräch mit BR24. Seiner Ansicht nach ist das als Idee, als Vorschlag gedacht gewesen. "Ich glaube das wäre nicht sinnvoll, sowas einzufordern", sagte Fischbach. Außerdem sei das 49-Euro-Ticket, das eine "Revolution des öffentlichen Nahverkehrs" bedeute, die Hauptsache und der Vorschlag für die Autobauer ein Randaspekt.
Der Landtagsabgeordnete Josef Schmid (CSU) denkt, dass ein solche Ticket-Zugabe "in der Praxis nicht viel Auswirkungen haben wird". Es klinge zwar plausibel, damit einen weiteren Anreiz zum Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel schaffen zu wollen. Aber: "Jemand, der sich ein neues Kfz kauft, beispielsweise ein E-Fahrzeug, und der im ländlichen Raum unterwegs ist, der wird darauf angewiesen sein", schildert Schmid im BR24-Interview. Zudem würden seiner Erfahrung nach Autoverkäufer, einfach weil sie unternehmerisch handelten, "natürlich auch die 49 Euro vorher auf den Kaufpreis aufschlagen". Damit wäre das Ticket dann für Käufer im Endeffekt nicht mehr gratis.
Tatsächlich ein Anreiz zum Umstieg auf den ÖPNV?
Inwieweit günstige Tickets zum Umstieg vom Auto auf öffentliche Verkehrsmittel bewegen, wurde beispielsweise anhand des 9-Euro-Tickets von Sommer 2022 untersucht - mit negativem Ergebnis. Das Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) kam in seiner Studie zu dem Schluss, dass Autofahrten kaum ersetzt wurden, sondern vielmehr statt dem Fahrrad oder einem zu Fuß der ÖPNV gewählt wurde. Zudem sei das subventionierte Billig-Ticket mehr für zusätzliche Ausflugsfahrten genutzt worden als für den Weg zur Arbeit.
"Der Preis ist nur eine Komponente für einen attraktiven öffentlichen Nahverkehr, entscheidender für den Umstieg vom Auto in Busse und Bahnen ist ein zuverlässiges und gut ausgebautes Angebot", sagte Verkehrsökonom Dennis Gaus, der mit den DIW-Ökonomen Heike Link und Neil Murray die Studie erstellt hat. Gerade auf dem Land müsste der öffentliche Nahverkehr so ausgebaut werden, dass die Menschen ihn als Alternative wahrnehmen. Wenn der ÖPNV keine Alternative darstelle, dann sei auch der Fahrpreis nicht relevant. Vor dem Hintergrund der Studienergebnisse bezweifelte Gaus, ob das Deutschland-Ticket "wirklich zu einem nennenswerten Umstieg hin zum ÖPNV führen wird".
Welche Auswirkung das 49-Euro-Ticket auf das Fahrverhalten der Menschen in Bayern haben wird, untersucht die Technische Universität München (TUM) und hat bereits eine Forschungsgruppe dafür aufgesetzt.
Deutschlandticket ab 1. Mai - Große Nachfrage nach Chipkarten
Das Deutschlandticket ist ab dem 1. Mai gültig. Es erlaubt deutschlandweit beliebig viele Fahrten im Regional- und Nahverkehr. Zu kaufen gibt es das Ticket bei der Deutschen Bahn - auf der Website, in der Navigator-App oder in den Verkaufszentren - sowie bei zahlreichen Verkehrsverbünden und weiteren Dienstleistern, etwa der App "Dein Deutschlandticket". In jedem Fall muss ein Abo abgeschlossen werden, das monatlich kündbar ist. In der Bahncard100 ist das Deutschlandticket dann inbegriffen.
Mit Informationen von dpa, AFP und Reuters
Video: Deutschlandticket - Engpässe bei den Chipkarten
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