Die illegale Migration eindämmen - das ist das Ziel der geplanten Asylreform der EU. Nach jahrelangen Diskussionen hat es nun einen Durchbruch bei den Verhandlungen gegeben. Die Einigung wurde von Unterhändlern des Parlaments, des Rats der 27 Mitgliedstaaten und der EU-Kommission erzielt, wie die spanische Ratspräsidentschaft und die EU-Kommission am Mittwochmorgen mitteilten. Rat und Parlament müssen dem Kompromiss noch formal zustimmen.
Einheitliches Verfahren an EU-Außengrenzen soll kommen
Geplant ist, dass es künftig ein einheitliches Grenzverfahren an den EU-Außengrenzen geben wird. Insbesondere ein deutlich strikterer Umgang mit Menschen aus Ländern, die als relativ sicher gelten, soll kommen. Bis zur Entscheidung über den Asylantrag sollen die Menschen unter haftähnlichen Bedingungen in Auffanglagern untergebracht werden können.
Die Verteilung der Schutzsuchenden unter den EU-Staaten wird den Plänen zufolge mit einem "Solidaritätsmechanismus" neu geregelt: Wenn die Länder keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, müssen sie Unterstützung leisten, etwa in Form von Geldzahlungen. Abgelehnte Asylbewerber sollen künftig leichter in sichere Drittstaaten abgeschoben werden.
Reform bereits seit Flüchtlingskrise 2015 in Arbeit
An der Reform wird bereits seit der Flüchtlingskrise 2015 intensiv gearbeitet. Damals waren Länder wie Griechenland mit der immensen Zahl an Menschen aus Ländern wie Syrien überfordert und Hunderttausende konnten unregistriert in andere EU-Staaten weiterreisen - was nach der sogenannten Dublin-Verordnung eigentlich nicht vorgesehen ist. Nach der Verordnung sollen Asylbewerber dort registriert werden, wo sie die Europäische Union zuerst betreten haben.
"Massivste Verschärfung seit Gründung der EU"
Daraufhin schlug die EU-Kommission erstmals bereits 2016 neue Regeln vor. Die Verhandlungen gestalteten sich allerdings bis zuletzt als sehr zäh. Während Ländern wie Ungarn die Vorschläge nicht scharf genug waren, äußerten Hilfsorganisationen und Teile von Linken und Grünen Bedenken, dass die Menschenrechte bei den Asylverfahren nicht genügend geachtet würden. Die Einigung sei "die massivste Verschärfung des Europäischen Asyl- und Migrationsrecht seit Gründung der EU", urteilte die EU-Abgeordnete Cornelia Ernst von der Linken.
Scholz: Einigung "entlastet auch Deutschland"
Bundeskanzler Olaf Scholz begrüßte die Reform der EU-Asylpolitik hingegen und erwartet von ihr eine Erleichterung für Deutschland. "Damit begrenzen wir die irreguläre Migration und entlasten die Staaten, die besonders stark betroffen sind - auch Deutschland", schrieb der SPD-Politiker auf der Online-Plattform X nach dem Durchbruch in den Verhandlungen zur Asylreform. Die Einigung sei ein "ganz wichtiger Beschluss".
Baerbock: Einigung "längst überfällig"
Außenministerin Annalena Baerbock bewerte die Einigung ebenfalls positiv. Sie sei "dringend notwendig und längst überfällig", erklärte die Grünen-Politikerin. Deutschland werde in der Umsetzung des neuen Asylsystems darauf achten, "dass es fair, geordnet und solidarisch zugeht".
Europa brauche "für alle verlässliche Regeln für Migration und Asyl", so Baerbock weiter. Mit dem neuen Solidaritätsmechanismus "steigen wir endlich in eine europäische Verteilung ein", lobte die Außenministerin. "Denn die unmenschlichen Zustände an der EU-Außengrenze dürfen nicht das Gesicht bleiben, das Europa der Welt zeigt."
Faeser: Verantwortung ist "künftig auf mehr Schultern verteilt"
Ähnlich äußerte sich Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), die das neue Asylsystem als "Schlüssel" zur Steuerung der Migration bezeichnete - die politische Einigung sei von "größter Bedeutung". Faeser fügte mit Blick auf Menschen hinzu, die auf der Suche nach Schutz oder Arbeit nach Europa kommen, dass die Verantwortung "künftig auf mehr Schultern verteilt sein" werde.
Es sei immer klar gewesen, was auf dem Spiel stehe, betonte die Ministerin: "Wenn wir das Europa der offenen Grenzen im Inneren bewahren wollen, müssen wir die Außengrenzen schützen und funktionierende Verfahren erreichen. Wir wollen, dass das Sterben auf dem Mittelmeer und das Chaos und die Rechtlosigkeit an den Außengrenzen ein Ende haben." Deshalb müsse künftig an den EU-Außengrenzen "strikt kontrolliert und registriert werden".
Nouripour: "Ergebnisse enthalten schmerzhafte Punkte"
Der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour zieht hingegen ein gemischtes Fazit zu der geplanten Reform. "Die Ergebnisse enthalten an vielen Stellen schmerzhafte Punkte" räumte Nouripour ein. "Beispielsweise die Verpflichtung der Außengrenzstaaten zu Verfahren an den Grenzen sehen wir weiterhin kritisch." Die Grünen hätten sich gewünscht, dass der Rat als Vertretung der EU-Staaten mehr auf die Position des Europaparlaments eingeht. Dies sei unter anderem durch die unterschiedlichen, größtenteils sehr restriktiven Positionen der anderen EU-Staaten erschwert
Mit Informationen von dpa, AFP und KNA
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