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Fachkräftestrategie: Gamechanger oder Brainstorming?

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Fachkräftestrategie: Gamechanger oder Brainstorming?

Fachkräftestrategie: Gamechanger oder Brainstorming?

Noch nie waren so viele Arbeitnehmer beschäftigt. Es fehlen jedoch Fachkräfte an allen Ecken und Enden, 500.000 Stellen sind laut Wirtschaftsministerium unbesetzt. Die Bundesregierung will dem Fachkräftemangel mit einer Strategie begegnen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) dröhnt den Abgeordneten seinen wichtigsten Satz schon am Anfang entgegen: "Fachkräftesicherung ist Wohlstandssicherung". Das Problem: In Deutschland fehlen Fachkräfte, was den Wohlstand gefährdet. "Wenn wir jetzt nicht alle Register ziehen, droht ein Mangel." Bis 2035, rechnet der Minister vor, fehlten sieben Millionen.

Inländische Potentiale nutzen

Um dem Mangel zu begegnen, hat die Ampel-Koalition eine Fachkräftestrategie aufgesetzt. Wirtschafts-, Bildungs-, Innen- und Arbeitsministerium arbeiten zusammen, da die Strategie auch all diese Felder betrifft: den Arbeitsmarkt, die Schulausbildung, die Zuwanderung und die Wirtschaft, die diese Fachkräfte dringend benötigt. Wettbewerbsfähige Volkswirtschaften der Zukunft, so zitiert der Bundesarbeitsminister den Ökonomen Richard Florida, bräuchten drei Dinge: Technologien, Talente und Toleranz.

Erwerbstätigkeit von Frauen hat größtes Potential

Die Ampel will zunächst Potentiale in Deutschland heben. Dies betrifft vor allem die Erwerbstätigkeit von Frauen. Heil nennt sie das größte inländische Potential. Das sei in den vergangenen Jahren erfreulicherweise massiv gestiegen, aber leider nicht so sehr beim Volumen. Hier sei es oft so, dass Männer Vollzeit und Frauen – gewollt oder ungewollt – Teilzeit arbeiten.

Heil betont in dem Zusammenhang den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in Grundschulen: Das sei ein zentraler Punkt zur Fachkräftesicherung in Deutschland. Genauso wie bei Menschen mit Behinderung; die seien im Schnitt, wenn sie arbeitslos seien, höher qualifiziert als andere Arbeitslose, hätten aber trotzdem schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt.

Altes Eisen und junge Schulabbrecher in die Pflicht nehmen

Mithelfen, die Misere zu beheben, sollen auch ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, auch wenn sich auch hier viel entwickelt habe. Bei den 61- bis 64-Jährigen hätten vor zwanzig Jahren nur 21 Prozent gearbeitet, heute seien es 61 Prozent, sagt Heil. "Wir brauchen keine Debatte um eine Rente mit siebzig, aber wir müssen dafür sorgen, dass auch ältere Arbeitnehmer nicht zum alten Eisen gepackt werden, die haben Erfahrung, die haben Kompetenzen, die werden gebraucht."

Ein Instrument dafür seien verstärkte Weiterbildungsmöglichkeiten. Auch die jungen Leute hat Heil im Blick und zwar vor allem diejenigen, die ohne Schul- und ohne Ausbildungsabschluss sind. Derzeit seien rund 1,4 Millionen Menschen zwischen zwanzig und dreißig Jahren ohne Ausbildungsabschluss – was der Einwohnerzahl Münchens entspricht.

Der Vorschlag der Ampel: eine Ausbildungsgarantie für alle diejenigen, die einen Ausbildungsplatz suchen. Heils Appell: "Wir müssen da ran". Genau wie an den Digitalisierungs-Stau, und den Stau bei der Erteilung von Arbeitsvisa.

Fachkräftemangel zwingt zu Zuwanderung

Denn selbst wenn alle inländischen Register gegen den Fachkräftemangel gezogen würden, brauche es immer noch eine qualifizierte Zuwanderung, um die Volkswirtschaft am Laufen zu halten. Heil wendet sich an die Union im Bundestag: "Einen Satz wie von Jürgen Rüttgers (CDU) vor zwanzig Jahren 'Kinder statt Inder' kann sich Deutschland ökonomisch nicht leisten." Heil verweist auf das Einwanderungsgesetz, das im März kommen soll und nicht nur akademisch, sondern auch beruflich gebildete Menschen nach Deutschland ziehen soll.

"Dieses Land braucht nicht nur Master, wir brauchen auch Meister." Hubertus Heil, SPD

Ein Problem beim Anwerben ausländischer Fachkräfte: Die Willkommens-Kultur ist in Deutschland nicht überall gleich ausgeprägt. Die AfD im Bundestag kann sich mit dem Zuwanderungs-Aspekt der Fachkräftestrategie am wenigsten anfreunden: René Springer spricht davon, "globales Humankapital zu importieren, gefährde den sozialen Frieden in Deutschland". Bislang hätte die Zuwanderung ohnehin nicht zu mehr Fachkräften geführt.

  • Zum Artikel: Personalmangel: Woran der Zuzug von Fachkräften häufig scheitert

Union erkennt eine Fach- und Arbeitskräfte-Krise

Die Union hält von der gesamten Strategie nicht besonders viel. Von einem "netten Brainstorming" spricht Markus Reichel (CDU), das dem Ernst der Lage nicht gerecht werde. Deutschland habe eine Fach- und Arbeitskräftekrise, die Wirtschaft und Gesellschaft lähme. "Wolkige Worte" aus dem Mund der Ampel vernimmt Ottilie Klein (CDU) vor allem, wenn es um Kinderbetreuung geht, und der Arbeitsmarktexperte Mark Biadacz (CDU) vermisst eine klare Linie.

Das "Ampel-Gehampel“ würde das Land lähmen, die Strategie sei ein Durcheinander an nicht abgestimmten Vorhaben. Biadacz‘ Vorschlag: Mehr inländische Potentiale nutzen, Digitalisierung vorantreiben, Fachkräfte akquirieren. Das Motto der Union: "Nur die fleißigsten Hände und die klügsten Köpfe kommen zu uns."

Die Linksfraktion hingegen ist weniger kritisch mit der Ampel: Wenn die Regierung mit ihrer Fachkräfte-Strategie Menschen eine echte Chance am Arbeitsmarkt und guter Arbeit den Vorrang gebe, dann habe sie die Linke an ihrer Seite, führt Susanne Ferschl (Linke) gleich zu Beginn ihrer Rede aus. Dazu müsse man aber wegkommen von der Devise, dass Arbeit so billig wie möglich sein müsse. Hier würde zumindest Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) nicht widersprechen.

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