"Die Führung in Teheran, also die Islamische Republik, verfolgt ganz klar das Ziel, Israel auszulöschen." Mit diesen Worten hat FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai am Sonntags-Stammtisch im BR Fernsehen gewarnt: "Wir glauben häufig in Europa, aber auch in Deutschland, das ist nur Rhetorik, das meinen die nicht so – doch, doch, die meinen das so."
Seiner Einschätzung nach werde der Konflikt zwischen Iran und Israel weitergehen, wenn auch nicht mit direkten Angriffen wie zuletzt. Der Iran versuche das "in der Regel über die sogenannten Stellvertreter, also pro-iranische Milizen und Kräfte in der Region". Ob über die Hisbollah im Libanon, andere Gruppen im Irak oder die Hamas: "Das ist die iranische Methode und nicht die direkte Konfrontation." Das Mullah-Regime versuche, die ganze Region zu destabilisieren.
Atomabkommen war "naive Politik"
Der ehemalige außenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion kritisierte damit erneut die frühere "naive Politik" der Bundesregierung und der EU gegenüber dem Iran: "Die Europäische Union hat aus meiner Sicht viel zu lange an dem sogenannten Atomabkommen festgehalten." Derweil hätte sich das Regime ausruhen und sein Raketen- und Drohnenprogramm ausbauen können. Diese Waffen kamen nicht nur beim Angriff auf Israel zum Einsatz, sondern auch im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.
Dabei sei er bis 2015, vielleicht sogar noch bis 2017 der Meinung gewesen, dass das Atomabkommen sogar richtig sei, sagte Djir-Sarai im BR Fernsehen: "Damals existierte ja die Hoffnung, dass man mit dem Atomabkommen den Iran zurückholt auf die internationale Bühne." Passiert sei allerdings das Gegenteil: "Mit dem Geld baut der Iran keine einzige Schule oder Krankenhaus, sondern das Geld wird eingesetzt, um Kriege zu führen in der Region."
"Man muss diese Region verstehen"
Die Angst vor dem Iran führe allerdings auch dazu, dass einige arabische Länder immer näher zu Israel gerückt seien, so Djir-Sarai. Bevor die Hamas Israel angegriffen habe, seien Saudi-Arabien und Israel kurz vor einem wegweisenden Abkommen gestanden, ergänzte ARD-Wirtschaftsjournalistin Anja Kohl am Sonntags-Stammtisch: "Man muss diese Region verstehen."
Im Video: Wirtschaftsjournalistin Anja Kohl warnt vor Preisexplosionen
Neue Achse: China - Russland - Iran
Wirtschaftlich gebe es das Potenzial für einen Flächenbrand, sagte die Wirtschaftsexpertin weiter: Der Iran liege an der Straße von Hormus, einer Meerenge, durch die so gut wie alles Öl und Erdgas transportiert werde – und davon seien wir abhängig. Gleichzeitig würden die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen am Golf von Aden am Roten Meer Schiffe attackieren. Frachtschiffe müssten statt durch den Suezkanal direkt ins Mittelmeer weite Umwege fahren: "Wenn die Preise explodieren, hat die Weltwirtschaft ein riesiges Problem."
Überhaupt müsse sich die westliche Welt auf eine neue Ordnung einstellen, warnten Kohl und Djir-Sarai weiter: "Die Achse ist China - Russland - Iran", so Kohl. Nicht nur Sanktionen könne Iran mithilfe von Russland oder auch China umgehen, so Djir-Sarai, auch Waffenlieferungen von Iran an Russland zeigten, wie eng die Regime zusammenarbeiten: "Das ist, glaube ich, in der außenpolitischen Debatte in Deutschland noch nicht so richtig angekommen." Journalistin Kohl wählte deutlichere Worte: "Wir begreifen es nicht: Das ist die neue Welt."
Kann sich das Mullah-Regime an der Macht halten?
Hoffnung sieht Bijan Djir-Sarai schließlich im Iran selbst. Angesichts enormer wirtschaftlicher Schwierigkeiten im Land versage das Mullah-Regime innenpolitisch: "Und die Außenpolitik ist immer besonders gut geeignet, um von den innenpolitischen Schwierigkeiten abzulenken." Eine starke Zivilgesellschaft und Frauenbewegung sehe derweil in den Mullahs keine Perspektive mehr für die Zukunft des Landes.
Der 1976 in Teheran geborene Politiker Djir-Sarai kam mit elf Jahren nach Deutschland und wurde deutscher Staatsbürger. Seine iranische Staatsangehörigkeit könne er aber nicht abgeben – das Regime würde ihn bei Einreise als Iraner behandeln, weshalb er schon lange nicht mehr in seinem Heimatland war, auch wenn seine Eltern noch dort leben. Er gibt sich aber überzeugt: "Die überwiegende Mehrheit der Menschen im Iran will heute nicht die Reform der Islamischen Republik, sondern die Abschaffung der Islamischen Republik."
Im Video: Der komplette BR Sonntags-Stammtisch vom 21. April
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