Ingo Lierheimer
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Kommentar: Merz und die CDU - eine Vernunftehe

Kommentar: Merz und die CDU - eine Vernunftehe

Mit knapp 95 Prozent der Delegiertenstimmen ist Friedrich Merz zum CDU-Chef gewählt worden. Im dritten Anlauf. 2018 und 2021 war er jeweils gescheitert. Die Wahl jetzt ist keine Traumhochzeit, sondern eine Vernunftehe, kommentiert Ingo Lierheimer

Über dieses Thema berichtet: Politik und Hintergrund am .

Friedrich Merz hat Lothar Matthäus etwas voraus. Er hat sein Ziel erreicht. Ist CDU-Chef. Matthäus dagegen von seinem Wunsch "Bayern-Trainer" so weit entfernt wie die Union von der Regierungsbank. Während Matthäus‘ Engagement in München über viele Jahre von Uli Hoeneß mit markigen Sprüchen verhindert wurde, vereitelte Angela Merkel im Hintergrund ruhig, aber energisch alle Versuche, Merz zum Minister zu machen.

Jetzt ist Merkel weg, Laschet musste gehen und Merz vielleicht auch zu seiner Überraschung doch noch die Hoffnung der CDU. Mit 66 Jahren. Ein zweimal in drei Jahren gescheiterter Kandidat führt eine bei der Bundestagswahl massiv abgestürzte Partei.

Merz kann wenig verlieren

Merz und die CDU: Das ist keine Traumhochzeit. Vielmehr ein Zweckbündnis. Eine Allianz, die wenig verlieren kann. Und das liegt am Zustand der Partei: Seit Jahren ist sie in einer Orientierungs- und Führungskrise. Merz ist der vierte Vorsitzende in nur 38 Monaten. Die Flügel in der Partei schlagen heftig in verschiedene Richtungen: konservativer wollen die einen werden, ökologisch-moderner die anderen, wirtschaftsliberaler die dritten, sozialer die vierten. Wenn es Merz aber gelingt, diese unterschiedlichen Strömungen zu kanalisieren, könnte die CDU Aufwind bekommen.

Radikaler Umbau der Parteispitze

Einen ersten, kleinen Erfolg auf diesem Weg kann er bereits verbuchen. Seine geschickt und geräuschlos vorbereitete radikale personelle Erneuerung der Parteispitze haben die Delegierten abgesegnet. Die Führungsriege um ihn herum ist jetzt nicht nur deutlich verjüngt, sondern repräsentiert die wichtigsten Richtungen der Partei. Merz weiß genau, dass er allein mit seinem konservativen, wirtschaftsliberalen Profil zu wenig Anziehungskraft bietet, um Wählerinnen zu gewinnen. Schon im März steht die Landtagswahl im Saarland an, es folgen Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein im Mai.

Kleiderordnung gegenüber CSU wiederherstellen

Aber Merz kann sich als Moderator, Motivator und Meinungsmacher einbringen. Als derjenige, der den Kurs vorgibt. Gegenüber der CSU scheint er dazu sehr entschlossen zu sein. Deutlich ist sein Verweis, die "Kleiderordnung" hier wiederherstellen zu wollen. Sprich: Sich nicht noch einmal wie im letzten Jahr von der kleinen Schwester auf der Nase herumtanzen zu lassen. Söders Querschüsse im Wahlkampf haben viele in der CDU nicht vergessen.

Anspruch auf Fraktionsvorsitz

Als nächsten Schritt geht es für Merz darum, von Ralph Brinkhaus den Fraktionsvorsitz zu übernehmen. Also das Amt, aus dem Merkel ihn selbst vor 20 Jahren gedrängt hat. Die Funktion ist die wichtigste in der Opposition. Hier wird die CDU am stärksten wahrgenommen. Die Fraktion wäre daher gut beraten, ihrem neuen Parteichef diese prominente Position zu überlassen. Sicher ist das aber keineswegs. Ralph Brinkhaus ist ein selbstbewusster und anerkannter Fraktionschef. Und Merz selbst hat mit seiner unverblümten Kritik unter anderem an der "grottenschlechten" Arbeit der Merkel-Regierung für Verletzungen gesorgt, die ihm jetzt schaden könnten.

Trotz des klaren Delegiertenvotums auf dem Parteitag ist also noch nicht entschieden, wie viel Herzblut die CDU für die Vernunftehe mit Friedrich Merz entwickeln wird.

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