14.10.2024, Berlin: Martina Rosenberg (l-r), Präsidentin des Militärischen Abschirmdienstes (MAD), Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV), und Bruno Kahl, Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), sitzen zu Beginn der öffentlichen Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Deutschen Bundestages im Europasaal im Paul-Löbe-Haus. Das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) ist für die Kontrolle der Nachrichtendienste des Bundes zuständig.
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Martina Rosenberg (l-r), Präsidentin des Militärischen Abschirmdienstes, Thomas Haldenwang, Verfassungsschutzpräsident, BND-Präsident Bruno Kahl

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Geheimdienste warnen vor zunehmender russischer Aktivität

Geheimdienste warnen vor zunehmender russischer Aktivität

Die deutschen Geheimdienste beobachten ein "aggressives Agieren russischer Nachrichtendienste". Insbesondere Spionage und Sabotage nähmen zu. Die Spitzen der deutschen Geheimdienste stellten nun klare Forderungen an die Politik.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 1 am Vormittag am .

Die deutschen Geheimdienste warnen vor zunehmenden russischen Aktivitäten in Deutschland. "Wir beobachten ein aggressives Agieren der russischen Nachrichtendienste", sagte der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV), Thomas Haldenwang, am Montag in einer öffentlichen Anhörung des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestages. "Insbesondere nehmen russische Spionage und Sabotage in Deutschland zu, sowohl qualitativ als auch quantitativ", fügte er hinzu.

BND warnt vor direkter militärischer Bedrohung

Auch der Präsident des Bundesnachrichtendienstes, Bruno Kahl, hat vor einer direkten militärischen Bedrohung Russlands gewarnt. "Spätestens Ende dieses Jahrzehnts dürften russische Streitkräfte in der Lage sein, einen Angriff auf die Nato durchzuführen", sagte Kahl am Montag in einer Anhörung des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestages.

"Der Kreml sieht die Bundesrepublik Deutschland als Gegner", fügte der BND-Chef mit Hinweis darauf hinzu, dass Deutschland der zweitgrößte Unterstützer der von Russland 2022 überfallenen Ukraine sei.

Kahl: "Weitere Lageverschärfung alles andere als unwahrscheinlich"

"Wir stehen in einer direkten Auseinandersetzung mit Russland", sagte Kahl. Russlands Präsident Wladimir Putin gehe es nicht nur um die Ukraine, sondern "in Wirklichkeit um die Schaffung einer neuen Weltordnung". Die russischen Geheimdienste agierten dabei verstärkt mit allen ihren Möglichkeiten "und ohne jeglichen Skrupel".

"Eine weitere Lageverschärfung ist alles andere als unwahrscheinlich", warnte der BND-Präsident. Deshalb müssten die deutschen Sicherheitsdienste von der Politik die Mittel und Kompetenzen erhalten, um diese Gefahren abzuwehren.

Ausspähversuche "besorgniserregend hoch"

Die Präsidentin des Bundesamtes für den Militärischen Abschirmdienst (BAMAD), Martina Rosenberg, wies darauf hin, dass die Zahl der Ausspähversuche der sogenannten kritischen Infrastruktur "besorgniserregend" hoch sei und zu erhöhter Wachsamkeit zwinge. "Die Bundeswehr steht dabei im Fokus. Sei es, um deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine, Ausbildungsvorhaben oder Rüstungsprojekte aufzuklären, oder um durch Sabotagehandlungen das Gefühl der Unsicherheit zu vermitteln", sagte sie.

Spitzenpersonal der Geheimdienste warnt vor Naivität

Beim womöglich von Russland initiierten Brand eines Luftfrachtpakets ist Deutschland im Juli nach Einschätzung des Verfassungsschutzes nur knapp einem Flugzeugabsturz entgangen. Es sei nur einem glücklichen Zufall zu verdanken, dass das Paket noch am Boden im DHL-Logistikzentrum Leipzig und nicht während des Fluges in Brand geraten sei, sagte Verfassungsschutz-Präsident Thomas Haldenwang bei einer öffentlichen Befragung der deutschen Geheimdienste im Bundestag. Sonst wäre es zu einem Absturz gekommen. Dieser hätte womöglich auch Menschen getroffen, die "mit (Russlands Präsident Wladimir) Putin und seinen Zielen sympathisieren".

Das Spitzenpersonal der Geheimdienste warnte bei der Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) des Bundestags die Bevölkerung vor Naivität. Russlands Präsident Wladimir Putin habe Deutschland längst zum Feind erklärt, betonten die Präsidenten der drei Nachrichtendienste.

Faeser: Putins Regime agiere "immer aggressiver"

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat ebenfalls vor zunehmenden Gefahren durch russische Geheimdienst-Aktivitäten in Deutschland gewarnt. "Wir sehen, dass Putins Regime immer aggressiver agiert", sagte Faeser dem Düsseldorfer "Handelsblatt" vom Montag. Der CDU-Politiker Roderich Kiesewetter warnte in diesem Zusammenhang auch vor Gewalttaten: "Sabotage und gezielte Mordanschläge sind deshalb wahrscheinlich", sagte er ebenfalls dem "Handelsblatt".

"Unsere Sicherheitsbehörden setzen enorme Ressourcen ein, um unser Land gegen die Bedrohungen durch russische Spionage, Sabotageakte und Cyberangriffe zu schützen", versicherte Faeser. Diese hätten ihre Wachsamkeit auch bereits unter Beweis gestellt und "konsequent zugeschlagen und mögliche Sprengstoffanschläge im Auftrag des russischen Regimes in Deutschland verhindert, die auf unsere militärische Unterstützung für die Ukraine zielten", verwies die Ministerin auf frühere Vorfälle.

Geheimdienst-Chefs forderten Ausstattung zur Abwehr

Alle drei Geheimdienst-Chefs mahnten, dass die Sicherheitsdienste mit den nötigen Kompetenzen ausgestattet werden müssten, um die Gefahren abwehren zu können. Rosenberg sagte, sie hoffe auf "eine Realitätsanpassung der Gesetzeslage, um unseren Auftrag bestmöglich erfüllen zu können". BND-Präsident Bruno Kahl äußerte sich kritisch zu den Plänen der Ampel-Koalition, die politische und rechtliche Kontrolle über die Geheimdienste weiter auszubauen.

Mehr Kontrolle gehe zu Lasten der Effizienz - und damit "zu Lasten eine Lebens in Sicherheit und Freiheit, warnte Kahl. "Wir dürfen uns unseren Output nicht völlig abwürgen lassen." Kahl warf außerdem der Bundesregierung vor, sich in der Frage der nachrichtendienstlichen Gefahrenabwehr noch nicht ausreichend auf die geänderte Lage seit dem russischen Überfall auf die Ukraine eingestellt zu haben. "Auch hier harrt die vor zwei Jahren ausgerufene Zeitenwende noch ihrer Vollendung", sagte er. Haldenwang sprach von einem nötigen Schulterschluss aller Nachrichtendienste und Sicherheitsbehörden.

Mit Informationen von Reuters, AFP

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