Polizei, DFB oder gegnerische Fans - das sind die Feindbilder der Ultras unter den Fans in den deutschen Fußballstadien. Immer wieder kommt es zu heftigen Ausschreitungen. Trauriger Höhepunkt: Die Auseinandersetzungen zwischen Fans und Sicherheitskräften am Rande des Bundesligaspiels Eintracht Frankfurt gegen VfB Stuttgart Ende November, bei denen 200 Menschen verletzt wurden. Das BR24 Thema des Tages möchte herausfinden, was man gegen die Gewalt in den Stadien tun kann.
"Große Bauchschmerzen" bei der Fanhilfe
Oliver Wiebe vom Dachverband der Fanhilfen in Deutschland beschrieb im Gespräch mit BR24 eine aus seiner Sicht "höchst bedenkliche Entwicklung" in den Fußballstadien. Es habe alleine in dieser Saison 16 Einsätze der Polizei gegeben, die aus Sicht der Fanhilfe "bewusst eskaliert" wurden. Ursache seien oft Kleinigkeiten, wie "Kommunikationsdefizite zwischen Fans und Polizei" gewesen, aufgrund derer dann massiv gegen Fans vorgegangen worden sei. Wiebe räumte aber ein: "Es gibt überall ein paar Leute, die bewusst streiten wollen, vielleicht auch gewalttätig sind". Das Problem gebe es aber auch auf anderen Massenveranstaltungen.
Wiebe: "Wir brauchen einen Weg der Deeskalation"
Die Fanhilfe forderte als Deeskalation in Stadien, den Einsatz von Pfefferspray zu verbieten, wie das bereits bei Spielen auf internationaler Ebene der Fall ist, außerdem eine bundesweite Kennzeichnungspflicht von Polizisten und eine unabhängige Beschwerdestelle bei der Polizei auf Bundesebene. Letztere müssten "auch wirklich Personal und unabhängige Ermittlungsbefugnisse" bekommen, "um eben Beschwerden von Fans (...) gegen die Polizei wirklich ernst zu nehmen und aufarbeiten zu können." Bisher sei die Stimme der Fans "noch überhaupt nicht wahrgenommen" worden. "Wir brauchen hier wirklich einen Weg der Deeskalation", fügte Wiebe hinzu.
Innenminister Herrmann verteidigt den Einsatz von Reizgas
Pfeffersprayeinsätze seien "die absolute Ausnahme", sagte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann. Wenn Gewalttäter nicht anders "zur Vernunft zu bringen" seien, sei das aber ein legitimes Mittel und auf jeden Fall besser, als wenn in besonders brutalen Situationen die Schusswaffe eingesetzt werde. Zudem forderte der Minister die Fußballvereine auf, selbst mit harten Strafen gegen gewalttätige Fans aus den eigenen Reihen vorzugehen. Er begrüßte eine Entscheidung des FC Nürnberg, einen führenden, wegen Gewalt verurteilten Ultra, für drei Jahre aus dem Max-Morlock-Stadion zu verbannen. Das sei ein gutes Beispiel dafür, wie "konsequent gehandelt werden muss".
Vereine sollen sich selbst um Sicherheit in Stadien kümmern
Außerdem will der Innen- und Sportminister die Vereine mehr für die Sicherheit in Stadien in die Verantwortung nehmen. Herrmann sagte, es gehe ihm darum, weniger Polizeikräfte als bislang in die Stadien zu schicken. "Mein Ziel ist, dass die Vereine sich mehr selber um die Sicherheit kümmern." Dafür gebe es entsprechende Auflagen der Kommunen. In einer ausverkauften Allianz-Arena müsse der FC Bayern dann mindestens 500 bis 600 Ordner im Stadion organisieren und bezahlen. Bei den Vereinen liege "die Hauptverantwortung", so Herrmann. Sein Ziel sei es, "so wenig wie möglich Polizei dann noch zusätzlich dazuhaben". Im öffentlichen Raum sei die Sicherheit bei großen Spielen aber natürlich Aufgabe der Polizei.
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