Ein Mann, der zu einer Gruppe von Menschen gehört, die nach Ausschreitungen bei einer Eritrea-Veranstaltung von Polizeikräften eingekesselt wurden, wird von Polizisten abgeführt.
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228 Menschen wurden in Zusammenhang mit den Ausschreitungen in Stuttgart festgenommen.

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228 Festnahmen nach Eritrea-Veranstaltung in Stuttgart

Gewaltsame Szenen in Stuttgart: In Zusammenhang mit einer Eritrea-Veranstaltung war es am Samstag zu Ausschreitungen gekommen. Es flogen Steine und Flaschen. Offenbar gab es 228 Festnahmen. Der Vorfall erinnert an ähnliche Szenen in Gießen im Juli.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Die Täter griffen Teilnehmer und Polizisten an - mit Steinen, Flaschen und Holzlatten: In Stuttgart kam es am Samstag im Zusammenhang mit einer Eritrea-Veranstaltung zu heftigen Ausschreitungen, wie ein Polizeisprecher mitteilte. Auf Videos in sozialen Medien ist zu sehen, wie Männer mit Holzlatten und Flaschen auf Polizisten losgehen. Laut Polizei sind insgesamt 27 Polizisten verletzt worden, sieben von ihnen seien vorläufig nicht mehr dienstfähig.

228 Menschen wurden zwischenzeitlich festgenommen, teilte zudem die Polizei in Stuttgart mit. 227 der mutmaßlichen Krawallmacher seien wieder frei. Sie leben den Angaben zufolge zum großen Teil im Stuttgarter Umland, 63 seien aus der Schweiz eingereist. Fast alle haben eine eritreische Staatsangehörigkeit. Den Tatverdächtigen werde unter anderem schwerer Landfriedensbruch vorgeworfen. Dazu kämen Körperverletzungsdelikte und Diebstahlsdelikte. Ein mutmaßlicher Täter werde am Sonntag dem Haftrichter vorgeführt, weil er schon häufiger polizeilich in Erscheinung getreten sei. Stuttgarts Polizeivizepräsident Carsten Höfler sagte, die Polizei sei zum "Prellbock" zwischen der Veranstaltung und deren Gegner geworden. Höfler sprach von massiver Gewalt bei den Attacken: "Es wurde nach allem gegriffen, um uns massiven Verletzungen auszusetzen.

Schlagstöcke, Pfefferspray und eine unübersichtliche Lage

Rund 200 Menschen hätten sich am Samstag zu einer Veranstaltung des Verbands eritreischer Vereine in Stuttgart und Umgebung versammelt, berichtete ein Polizeisprecher am Samstag. Die Vereine würden mit der Regierung in Eritrea sympathisieren. Zur Mittagszeit hätten sich dann mehrere Kleingruppen am Bahnhof Bad Cannstatt und am Stuttgarter Hauptbahnhof versammelt. Sie seien am Stuttgarter Römerkastell auf die Teilnehmer der Veranstaltung losgegangen, hätten sie mit Flaschen und Steinen beworfen. Auch mit Holzlatten hätten sie Teilnehmer und Polizisten attackiert.

Die Polizei sei mit Schlagstöcken und Pfefferspray gegen die Angreifer vorgegangen, so der Sprecher. Die Ausschreitungen liefen noch bis zum Nachmittag. Man habe Kräfte aus umliegenden Polizeipräsidien beordert und vom Polizeipräsidium Einsatz und der Bundespolizei. Auch würden Kräfte mit dem Hubschrauber eingeflogen. Die Lage sei unübersichtlich.

Die Demonstration der Oppositionellen sei überraschend gewesen. Es sei eine Gegenveranstaltung angemeldet gewesen, diese Anmeldung sei aber wieder zurückgenommen worden. Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) und der Polizeivizepräsident verwiesen darauf, dass es zuletzt in Stuttgart störungsfreie ähnliche eritreische Veranstaltungen gegeben habe.

Stadt Stuttgart: Gab keine Gründe für Verbot des Eritrea-Treffens

Für das von Ausschreitungen begleitete Eritrea-Treffen hat es nach Ansicht der Stadt keine Gründe für ein Verbot gegeben. "Versammlungen im geschlossenen Raum sind nicht anmeldepflichtig", teilte die Landeshauptstadt am späten Samstagabend mit. "Es lagen keine Gründe für ein Verbot der heutigen Eritrea-Veranstaltung vor." Die Stadt Stuttgart werde Konsequenzen aus den Ermittlungsergebnissen der Staatsanwaltschaft ziehen.

Oberbürgermeister Nopper sagte, dass man die Gewalttätigkeiten und Ausschreitungen am Samstag am Rande der Eritrea-Veranstaltung aufs Schärfste verurteilte. "Wir müssen mit aller Entschiedenheit gegen die Austragung von Konflikten aus anderen Staaten auf deutschem Boden vorgehen." Er wünschte den verletzten Polizistinnen und Polizisten baldige Genesung.

Eritrea mit seinen gut drei Millionen Einwohnern liegt im Nordosten Afrikas am Roten Meer und ist international weitgehend abgeschottet. Seit einer in einem jahrzehntelangen Krieg erkämpften Unabhängigkeit von Äthiopien vor 30 Jahren regiert Präsident Isaias Afewerki in einer Ein-Parteien-Diktatur das Land. Andere Parteien sind verboten, die Meinungs- und Pressefreiheit ist stark eingeschränkt. Es gibt weder ein Parlament noch unabhängige Gerichte oder zivilgesellschaftliche Organisationen. Zudem herrscht ein strenges Wehrdienst- und Zwangsarbeitssystem, vor dem viele Menschen ins Ausland fliehen.

Eritrea-Festival: Auch in Gießen gab es kürzlich Ausschreitungen

Im Juli war es im hessischen Gießen zu Ausschreitungen bei einem Eritrea-Festival mit mindestens 26 verletzten Polizisten gekommen, als Gegner der Veranstaltung Sicherheitskräfte mit Stein- und Flaschenwürfen attackierten und Rauchbomben zündeten. Die Beamten hatten unter anderem Schlagstöcke gegen sie eingesetzt. Die Organisatoren des Events in Gießen standen der umstrittenen Führung des ostafrikanischen Landes nahe. In Stockholm kam es im August bei einem Eritrea-Festival ebenfalls zu gewalttätigen Ausschreitungen mit mehr als 50 Verletzten.

Mit Informationen von dpa

Im Video: 228 Festnahmen nach Eritrea-Veranstaltung

Im Video: 228 Festnahmen nach Eritrea-Veranstaltung
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Im Video: 228 Festnahmen nach Eritrea-Veranstaltung

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