Fernando Villavicencio wollte vor allem die Korruption im Land bekämpfen.
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Fernando Villavicencio wollte vor allem die Korruption im Land bekämpfen.

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Im Wahlkampf: Präsidentschaftskandidat in Ecuador ermordet

Zehn Tage vor den Präsidentschaftswahlen in Ecuador ist einer der aussichtsreichsten Kandidaten ermordet worden. Unbekannte schossen nach einer Wahlkampfveranstaltung auf Fernando Villavicencio, als er in ein Auto steigen wollte.

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Gut eine Woche vor den Präsidentschaftswahlen in Ecuador ist einer der aussichtsreichsten Kandidaten ermordet worden. Wie lokale Medien berichten, schossen Unbekannte am Mittwoch in der Hauptstadt Quito auf Fernando Villavicencio (59), als dieser nach einer Wahlkampfveranstaltung in ein Auto steigen wollte. Sechs Tatverdächtige wurden festgenommen. Ecuadors Präsident verhängte den Ausnahmezustand und mobilisierte die Streitkräfte. Die Präsidentenwahl am 20. August solle wie geplant stattfinden.

Kandidat hinterlässt Frau und fünf Kinder

Umfragen zufolge lag Villavicencio auf Rang zwei und hatte gute Chancen, eine mögliche Stichwahl zu erreichen. Er galt als Kritiker des linken Lagers um Ex-Präsident Rafael Correa. "Wir waren nur wenige Meter von ihm entfernt, als wir gingen, fielen 40 Schüsse. Wir haben soeben die Bestätigung erhalten, dass er gestorben ist. Es ist ein unbeschreiblicher Schmerz für die Familie", wird Galo Valencia, ein Onkel des Kandidaten, in lokalen Medien zitiert. Villavicencio war verheiratet und hinterlässt fünf Kinder.

Auch Tatverdächtiger stirbt

Nach Behördenangaben wurden mindestens neun weitere Menschen durch die Schüsse verletzt, darunter Polizeibeamte und ein anderer Kandidat. Auch ein Tatverdächtiger sei nach seiner Festnahme seinen Verletzungen erlegen. Details zum Tod des mutmaßlichen Schützen wurden zunächst aber nicht genannt.

Todesdrohungen gegen Villavicencio

Villavicencio war einer von acht Bewerbern für die Wahl ums höchste Staatsamt, er reichte zahlreiche Klagen gegen hochrangige Mitglieder der Regierung von Correa ein, auch gegen den damaligen Staatschef selbst. Villavicencio habe vor dem Attentat mindestens drei Todesdrohungen erhalten, hieß es von den Behörden. Der Kandidat habe dies den Behörden gemeldet, was eine Festnahme zur Folge gehabt habe.

Am 20. August finden in Ecuador Präsidentschaftswahlen statt, nachdem der konservative Amtsinhaber Guillermo Lasso vor wenigen Wochen seinen Rücktritt und die Auflösung des Parlaments verkündet hatte.

Gewalt in Ecuador wächst

Die Gewalt in Ecuador hat im vergangenen Jahr stark zugenommen, was Beobachter zum Teil auf vermehrten Drogenschmuggel zurückführen. Die Zahl der Morde ist gestiegen, Gangs werben verstärkt Kinder an.

Vor seiner Ermordung soll Villavicencio von Anführern des mexikanischen Sinaloa-Kartells bedroht worden sein – eine der internationalen Gruppen des organisierten Verbrechens, die in Ecuador aktiv sind. Edison Romo, ein früherer Oberst des Militärgeheimdiensts, erklärte, dass Villavicencio mit seinem Einsatz gegen Korruption zur Bedrohung für die Banden geworden sei.

Präsident sieht organisierte Verbrechen hinter dem Attentat

Präsident Lasso erklärte, dass das "organisierte Verbrechen zu weit gegangen" sei. Sie würden "die volle Härte des Gesetzes zu spüren" bekommen, bekräftigte er mit Blick auf die mutmaßlichen Drahtzieher hinter der Bluttat. Das Verbrechen werde nicht ungesühnt bleiben, versicherte er. Die Behörden sprachen von einem Terrorakt und versprachen ebenfalls, die Bluttat aufzuklären.

Lasso hatte im April die Waffengesetze gelockert und den Bürgern das Tragen von Waffen erlaubt. Ecuador kämpft mit Kriminalität und alltäglicher Gewalt. Allein in den Gefängnissen wurden bei Auseinandersetzungen Hunderte Häftlinge getötet. Die Regierung macht dafür vor allem die Drogenkartelle verantwortlich.

Mitbewerber beklagt "See aus Tränen"

Andere Präsidentschaftskandidaten zeigten sich erschüttert über die Tötung Villavicencios und riefen die Regierung zum Handeln auf. "Wenn sie uns anrühren, dann rühren sie uns alle an", erklärte die in den Umfragen führende Linkspolitikerin Luisa González von der Partei Revolución Ciudadana (Bürgerrevolution). Der Kandidat und frühere Vizepräsident Otto Sonnenholzner erklärte: "Wir sterben, ertrinken in einem See aus Tränen und wir haben es nicht verdient, so zu leben. Wir verlangen, dass ihr etwas unternehmt."

Mit Informationen von dpa, KNA und Reuters.

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