Flüchtling in einer Werkstatt (Symbolbild)
Bildrechte: BR/Philipp Kimmelzwinger
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54 Prozent der 2015 geflüchteten Menschen in Deutschland haben Arbeit gefunden, bei Männern sind es 70 Prozent. Viele arbeiten als Fachkräfte.

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Integration Geflüchteter: Was gut läuft oder besser werden kann

Integration Geflüchteter: Was gut läuft oder besser werden kann

54 Prozent der 2015 geflüchteten Menschen in Deutschland haben mittlerweile Arbeit gefunden, bei den Männern sind es sogar 70 Prozent. Viele holen fehlende Qualifikationen nach und arbeiten als Fachkräfte. Aber es könnte trotzdem noch besser laufen.

Über dieses Thema berichtet: Politik und Hintergrund am .

Mohamad A. kann aus eigener Erfahrung sagen, was bei der Integration von Geflüchteten gut läuft und wo Deutschland besser werden kann. Wir treffen ihn an seinem freien Tag; er wohnt und arbeitet in Freising. Der muskulöse Mann mit kurzen schwarzen Haaren und gepflegtem Bart hat sich bereit erklärt, uns davon zu erzählen, wie aus ihm – dem Kunsthandwerker aus Damaskus, der mit Perlmutt und Muscheln arbeitete – ein gelernter CNC-Fräser und Dreher wurde. Aktuell macht er zusätzlich eine Fortbildung zum Maschinenbautechniker.

Mohamad A. ist Syrer. Im Jahr 2015 ist er 23, wird zum Militärdienst eingezogen. "Am Ende bin ich desertiert, weil ich niemanden umbringen oder selbst getötet werden wollte", erzählt er. Er flieht, will eigentlich nach Schweden zu Verwandten, wird aber in Passau von der Grenzpolizei gestoppt.

Über die Hälfte der 2015 Geflüchteten ist arbeitstätig

So landet Mohamad 2015 in Deutschland und will das Beste daraus machen. So wie ihm geht es vielen Geflüchteten in seiner Situation. Er will arbeiten und sich hier ein neues Leben aufbauen. Dabei ist er nicht der Einzige: Eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) kommt zu dem Ergebnis, dass über die Hälfte der Geflüchteten aus dem Jahr 2015 in Deutschland mittlerweile einer festen Tätigkeit nachgehen.

Der Studienleiter Prof. Herbert Brücker sieht vor allem, dass die Integration in den Arbeitsmarkt ziemlich zügig voranschreite. Die Studienergebnisse beziehen sich auf das Jahr 2021 und die Erwerbstätigenquote von 54 Prozent sei ein Anstieg um zehn Prozentpunkte gegenüber dem Jahr 2020. Das sei ein ganz erheblicher Anstieg, obwohl wir im Jahr 2021 noch in der Mitte der Pandemie standen.

Erwartet haben Herbert Brücker und sein Team einen niedrigeren Wert, besonders, weil beispielsweise Syrer es deutlich schwerer hatten als etwa die Kriegsflüchtlinge aus Ex-Jugoslawien in den 1990er Jahren.

Studienleiter Brücker sieht das deshalb auch als "ein hervorragendes Ergebnis“, zumal die Bedingungen für die Menschen, die 2015 gekommen seien, schlechter waren. Sie hätten fast alle kein Deutsch gesprochen. Hinzu kommt, dass die arabische Sprache linguistisch weiter von der deutschen Sprache entfernt sei als die jugoslawische. "Vor allem aber hatten sie keine Netzwerke in Deutschland“, sagt Brücker.

Eine Ausbildung hilft vielen in qualifizierte Jobs zu kommen

Auch Mohamad A. hatte kein Netzwerk. So arbeitet er zunächst in einem Buchladen sowie als Aushilfe und montiert Küchen.

“Dann habe ich festgestellt, dass ich eine Lehre anfangen muss, sonst bleibe ich ganz unten." Seine Ex-Frau habe ihn dann dazu bewogen, ein Praktikum bei der ‚Wolf GmbH‘ in Mainburg zu machen. "So habe ich entdeckt, dass das zu mir passt. Und so habe ich die Ausbildung angefangen."

Mohamad A. musste also ganz von neu anfangen. Arbeitsmarktforscher Brücker beobachtet, dass viele Geflüchtete unter dem Tätigkeitsniveau in ihrem Heimatland bleiben. Das bedeutet, wer in der Heimat qualifizierte Berufe im Handel, im Dienstleistungssektor oder als Selbstständiger ausgeübt hat, ist hier, überspitzt gesagt, nur Putzkraft – oder eben Aushilfe, wie Mohamad in den ersten Jahren.

Das hänge laut Prof. Brücker vor allem damit zusammen, dass diese sogenannten informellen Abschlüsse oder Qualifikationen in Deutschland nicht im selben Maße anerkannt werden: "Die Menschen, die aus Syrien oder Afghanistan gekommen sind, haben kein sehr hohes formales Ausbildungsniveau. Sie haben in der Regel direkt angefangen zu arbeiten und ihre beruflichen Qualifikationen durch ‘training on the job’ erworben." Offenbar holen aber viele in Deutschland auf.

"Die gute Nachricht ist, dass dennoch 70 Prozent entweder als Fachkräfte oder als akademische Arbeitskräfte arbeiten. Das sind relativ hohe Werte. Es trifft nicht zu, dass die überwiegende Zahl der Geflüchteten in ungelernten oder angelernten Helferberufen tätig ist." Prof. Herbert Brücker

Deutlich mehr Männer als Frauen arbeiten

Mohamad ist damals alleine gekommen. Wenn Familien kommen, gibt es zwischen den Eltern große Unterschiede, was die Beschäftigung betrifft. So seien nur 25 Prozent der geflüchteten Frauen arbeitstätig, wohingegen knapp 70 Prozent der Männer arbeiteten. Brücker erklärt das so: "Gut 60 Prozent der geflüchteten Frauen haben Kinder im Kleinkindalter, in der Regel drei Kinder. Das ist der Bereich, in dem auch die Erwerbstätigenquoten von deutschen Frauen deutlich sinken."

Außerdem bringen Frauen laut der IAB Studie im Vergleich zu den Männern weniger Arbeitserfahrung mit. Geringere Bildung oder Ausbildungen haben hingegen weniger Einfluss auf das Gefälle.

"Wir finden wenig Evidenz dafür, dass kulturelle Unterschiede eine starke Bedeutung haben. Wir beobachten, dass sowohl Männer wie Frauen sagen, dass es ganz wichtig ist, dass Frauen erwerbstätig sind, vor allem für die Unabhängigkeit von Frauen." Prof. Herbert Brücker

Zurück zu Mohamad A.. Als er vor vier Jahren seine Ausbildung beginnt, trifft er dabei vor allem auf viel Unterstützung:

"Meine Kollegen waren wirklich super. In meiner Ausbildung war mein Chef eigentlich mein zweiter Papa. Man kann schwer verallgemeinern, aber oft wurde ich wirklich anerkannt von vielen Leuten, die meine Leistung wertgeschätzt haben."

Das Bundesarbeitsministerium fördert unterschiedliche Projekte

Der heute 31-jährige Mohamad hat es geschafft. Doch es gibt trotzdem noch viele Herausforderungen, vor denen Deutschland bei der Arbeitsmarktintegration steht. Das Bundesarbeitsministerium sieht besonders allgemeine und fachspezifische Deutschkenntnisse sowie die Anerkennung der im Ausland erworbenen beruflichen Kenntnisse als Kernelemente der erfolgreichen Integration in den deutschen Arbeitsmarkt. Deshalb werden vom Bundesarbeitsministerium unterschiedliche Projekte gefördert, darunter “IQ – Integration durch Qualifizierung, das Gesamtprogramm Sprache (GSP), sowie "My Turn", was speziell neu zugewanderte Frauen unterstützt.

Herbert Brücker plädiert dafür, früher mit der Sprachförderung einzusetzen und noch stärker als bisher in Bildung und Ausbildung zu investieren. "Etwa 30 Prozent der Geflüchteten haben in Deutschland noch Schulabschlüsse oder berufliche Abschlüsse erworben. Das ist ein guter Wert, aber es wäre natürlich besser, wenn dieser Anteil noch höher läge."

Und was wünscht sich Mohamad? Er überlegt kurz: gleiche Regeln und eine einheitlichere Behandlung.

"Es gab überall verschiedene Regeln. Also in diesem Jobcenter gelten vielleicht andere Regeln als in dem anderen, beziehungsweise bei diesem Ansprechpartner gelten auch andere Regeln. Und manchmal ist es unfair, denn wenn er dich nicht mag, dann kann er dir dein Leben schon schwer machen, habe ich gemerkt." Mohamad A.

Da er in Syrien als Deserteur verfolgt wird, kann er nicht mehr zurück, auch nicht zu Besuch. Aber Mohamad ist glücklich in Deutschland: "Deutschland hat mir so viel gegeben und ich will jetzt ein bisschen was zurückgeben."

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