Italiens nächste Regierung steht in den Startlöchern: Staatspräsident Sergio Mattarella hat der Vorsitzenden der rechtsradikalen Partei Fratelli d'Italia offiziell den Auftrag zur Regierungsbildung erteilt. Giorgia Meloni und ihr Kabinett sollen am Samstag vereidigt werden, teilte das Präsidialbüro am Freitag mit. Die 45-Jährige wird damit die erste Frau an der Spitze einer italienischen Regierung. Unter ihrer Leitung wird Italien zum ersten Mal seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs von einem Bündnis unter Führung einer ultrarechten Partei regiert.
Melonis Liste der Minister
Wirtschaftsminister in der neuen Regierung soll Giancarlo Giorgetti von der rechtsnationalen Lega-Partei werden. Er gehörte bereits dem Kabinett von Melonis Vorgänger Mario Draghi an. Der 55-jährige Giorgetti gilt als ein moderater und pro-europäischer Vertreter der rechtspopulistischen Lega. Auf Melonis Kabinettsliste steht auch der ehemalige Präsident des Europaparlaments, Antonio Tajani, als Außenminister. Lega-Chef Matteo Salvini - einst als Innenminister bekannt für seine harte Linie gegen Einwanderer - soll Minister für Verkehr und Infrastruktur sowie erneut Vize-Regierungschef werden. Innenminister wird wohl der Technokrat Matteo Piantedosi. Der Abgeordnete Carlo Nordio wird Justizminister, Melonis Vertrauter Guido Crosetto Verteidigungsminister.
Nun muss Meloni nur noch die Vertrauensabstimmung nächste Woche im Parlament überstehen - was angesichts des von ihr geschlossenen rechten Dreierbündnisses kein Problem sein dürfte.
Mit im Boot: Silvio Berlusconi
Die Fratelli d'Italia hatten die Parlamentswahl im September klar gewonnen. Ihre Regierungspartner sind die rechtspopulistische Lega des früheren Innenministers Matteo Salvini und die konservative Forza Italia von Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi.
Am Freitagvormittag hatten Meloni und ihre Verbündeten Mattarella um den Auftrag zur Regierungsbildung gebeten. Die Vertreter der Rechtsparteien trafen etwa zehn Minuten im Quirinalspalast mit Mattarella zusammen.
Flankiert von Berlusconi und Salvini verkündete Meloni, ihr Bündnis habe deutlich gemacht, dass sie mit der Bildung der neuen Regierung beauftragt werden sollte. "Wir sind bereit und wir wollen in der kürzestmöglichen Zeit voranschreiten", sagte sie und berief sich auf drängende Probleme "sowohl auf nationaler als auch internationaler Ebene"- ein offensichtlicher Bezug auf steigende Energiepreise und den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.
Putin-Freunde und -Gegner in einer Koalition
Berlusconi und Salvini, gewissermaßen Langzeit-Verehrer des russischen Präsidenten Wladimir Putin, schwiegen während Melonis Stellungnahme. Meloni unterstützt entschieden die Ukraine in deren Verteidigung gegen die russische Invasion. Die unterschiedlichen Positionen könnten zur Belastungsprobe einer rechten Koalition werden.
Der dreimalige Regierungschef Berlusconi hatte sich im September vom Wahlsieg von Melonis Fratelli d'Italia, die neofaschistische Wurzeln haben, brüskiert gezeigt. In schriftlichen Kommentaren bezeichnete er Meloni jüngst als "arrogant". Bei einem Treffen mit Abgeordneten seiner Partei in dieser Woche äußerte er Sympathie für die vorgeblichen Motive Putins zum Angriff auf die Ukraine - und brüstete sich Tonaufnahmen zufolge mit Geschenken vom russischen Machthaber.
Sanktionen gegen Russland als Sollbruchstelle
In Reaktion auf die Kommentare Berlusconis, die auch den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj herabwürdigten, pochte Meloni darauf, dass jeder, der ihrer Regierung beitrete, solidarisch mit der Ablehnung des russischen Angriffskrieges durch den Westen sein müsse. Sollte dies bedeuten, dass ihre Regierung nicht gebildet werden könne, würde sie dieses Risiko eingehen, erklärte sie.
Salvini hat in der Vergangenheit die Sinnhaftigkeit harter westlicher Sanktionen gegen Russland in Frage gestellt. Ein Parteikollege Salvinis, der jüngst zum Präsidenten der größeren Abgeordnetenkammer gewählt wurde, Lorenzo Fontana, hat öffentlich Zweifel über eine Fortsetzung der Maßnahmen geäußert.
Die Regierung der nationalen Einheit unter dem scheidenden Ministerpräsidenten Mario Draghi war im Juli kollabiert, weil ihr Salvini, Berlusconi und der Chef der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung, Giuseppe Conte, bei einer Vertrauensabstimmung die Unterstützung versagten. Dies veranlasste Mattarella, das Parlament aufzulösen und den Weg für vorgezogene Neuwahlen zu ebnen.
Mit Material von AFP und dpa
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